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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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ist, knapp einssechzig, schätze ich, und nach den gewaltigen Dimensionen seines Geists wirken die winzigen seines Körpers regelrecht wie ein Schock.
    »Mr. Munford, würde es Ihnen wohl etwas ausmachen, in den Warteraum zurückzugehen und dort ein Weilchen zu warten. Ich möchte mich nur noch kurz mit Ihren Freunden unterhalten.«
    »Was? Er soll allein gehen?!« ruft Fran aufgebracht. Ich selbst bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist.
    »Hhmm... jetzt wo Sie es ansprechen, Miss...?«
    »Freemantle. Fran.«
    »Vielleicht wäre es wirklich besser, jemand ginge mit ihm.«
    Ihn wieder böse anblitzend, wiegt Fran dreimal langsam den Kopf, steht dann auf und führt Nick Munfords zerschundene Hülle, die immer noch an ihr klebt, durch den Vorhang hinaus; ihr dämmert natürlich nicht, daß Dr. Prandarjarbash sie dahin getrickst hat, ihren Abgang zu machen. Auf seine weichen braunen Mokassins hinabstarrend wartet er ab, bis der blaue Vorhangstoff zu schwingen aufhört.
    »Die Symptome Ihres Freundes deuten auf einen ersten Schub von Schizophrenie hin«, sagt er, als er wieder hochguckt.
    Dina sieht mich an, ihre Augenbrauen mucken sich nicht, vielleicht sind ihre überanstrengten Augenmuskeln zu sehr aufs Augenverschließen vor dem Ganzen hier fixiert, als daß sie noch hochschießen könnten. Ich möchte meine Wange an ihre schmiegen, mein Gesicht an ihrer weichen Polsterschicht reiben wie eine Katze am Bein ihres Ernährers. Erster Schub, klingt das nicht, als käme ein zweiter, dritter... ein unerschöpflicher Nachschub?
    »Was die Behandlung betrifft, so gibt es mehrere Möglichkeiten«, fährt Dr. Prandarjarbash fort. Ich atme erleichtert auf, so wie immer, wenn ich zum Arzt gehe und er tatsächlich irgendeine Krankheit feststellt, damit ich wenigstens nicht als der totale Zeitverschwender wieder wegtrotte. »Wir können ihm Chlorpromazin verschreiben, ein antipsychotisches Medikament. Wenn das nicht hilft, würde ich vorschlagen, daß er sich freiwillig in unsere psychiatrische Abteilung einliefert.«
    »Was ist, wenn er das nicht will?«
    Dr. Prandarjarbash schnalzt nachdenklich mit der Zunge. »Das Problem ist, daß er Euphoriker ist. Schizophrenie kann sich so äußern, als eine Art manischer Energie, ein übersteigertes Stimmungshoch, eine eigenartige, rasende...«
    »Freude?« schlage ich vor.
    »Genau. Und in solchen Fällen sieht der Patient selten ein, daß er behandlungsbedürftig ist. In Anbetracht unserer Gesundheitsgesetze ist es nur so: Wollte man Mr. Munford gegen seinen Willen einliefern, müßten ein Psychiater, ein Polizist und sein Hausarzt hinzugezogen werden und alle drei sich einig sein, daß er eine Gefahr für sich selbst und die Öffentlichkeit darstellt. Und er könnte erst wieder entlassen werden, wenn dieselben drei Leute der Meinung sind, daß er keine Gefahr mehr ist.«
    Er macht eine Pause, scheint zu erwarten, daß ich mich äußere, aber mein Kopf ist vollgestopft mit Zwangsjacken, schwarzen, an zuckenden Schläfen befestigten Gummischeiben, schlotternden Hosen, die spindeligen Beine heruntergezogen werden, um freie Bahn für die Spritzennadel zu machen, dem nackten Stotterer aus Einer flog übers Kuckucksnest, der am Schluß Selbstmord begeht.
    »Die Zwangseinlieferung gilt jedoch in der Regel als letzter Ausweg. In diesem Stadium würde ich dergleichen für Mr. Munford nicht empfehlen.«
    »Aber Gabriel muß mit ihm zusammenleben!« sagt Dina. »Wie können Sie von ihm erwarten, daß er nachts mit einem Verrückten nebenan schläft?«
    »Wahrscheinlich nicht schlechter als sonst«, sage ich.
    »Wie meinen Sie das?« fragt er.
    »Ich habe Schlafstörungen.«
    Er runzelt die Stirn. »Haben Sie’s schon mal mit Baldrian probiert?«
    »Darum geht’s doch nicht!« sagt Dina.
    »Ich glaube nicht, daß Mr. Jacoby irgendeine Gefahr droht.«
    »Haben Sie denn nicht selbst gerade erlebt, was sein Wohngenosse da draußen angestellt hat?«
    »Soweit ich sehe, legte er es nicht wirklich darauf an, dem anderen Patienten zu etwas anzutun. Ganz im Gegenteil.«
    »Na wunderbar«, schnaubt Dina, und ihr Stuhl scharrt quietschend über das Krankenhausparkett, als sie aufspringt, »und wahrscheinlich wird er es auch nicht drauf anlegen, Gabriel etwas anzutun, wenn er ihn zu seinem eigenen Besten im Schlaf mit dem Kissen erstickt.«
    Obwohl ich wirklich der Ansicht bin, daß das Szenarium, das sie hier entwirft, mein Nie-Schlafen außer acht läßt, finde ich es doch schön, daß sie sich

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