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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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guckt bloß durch die Scheibe, so wie er es bei allen Läden entlang der Kilburn High Road tut.
    »Edward mit den Scherenhänden«, sage ich schließlich. »Scheinehe mit Hindernissen. Mach’s noch einmal, Sam. «
    Alles Liebesgeschichten, mit den verschiedensten Sorten von Liebespaaren; alle Geschichten sind bittersüß und enden damit, daß das Paar getrennte Wege geht, aber was sie auch scheiden mag, Planeten, Kontinente oder der Tod — immer hat man das Gefühl, daß sie sich irgendwie, irgendwo wiederfinden werden. Ist es das, was mich zum Weinen bringt? Verhinderte Liebe, aber ein Leben mit der Hoffnung, daß sie sich doch noch erfüllt?
    »Mach’s noch einmal, Sam?« fragt Dina stirnrunzelnd. »Aber das ist doch ein total komischer Film.«
    »Ja, sein komischster«, sage ich und merke, wie sie mit Mißfallen mein entschiedenes Urteil registriert, in dem das relativierende »ich finde« fehlt. »Ich hab ihn mir übrigens neulich hier ausgeliehen. Die haben haufenweise Woody Allen da.«
    »Aber warum hat er dich zum Weinen gebracht?«
    »Na... wegen dieser einen Szene, ganz am Schluß, wo Woody Allen plötzlich etwas sagt, was einem irgendwie bekannt vorkommt, aber man kann es nicht sofort einordnen, und Diane Keaton, die sowieso gerade weint, schluchzt: >Das ist wunderschön<, und er sagt: >Es ist aus Casablanca. Ich warte schon mein ganzes Leben darauf, es zu sagen.<«
    Wieder guckt mich Dina mit diesem Blick an: dem, der nicht daran glaubt, daß es zusammengeht, Weichheit zuzugeben und Hoden zu haben. Sie denkt, ich spiele ihr Theater vor.
    »Aber Ghost«, sage ich und blicke auf die Kassette in meiner rechten Hand und klopfe mit der linken dagegen, »war einer der besten. Am Schluß von Ghost weinte ich dermaßen, daß ich zu lachen anfing.«
    »Na, ich finde ihn einfach Scheiße.« Dina nimmt mir das Video aus der Hand und stellt es zurück ins Regal. »Aber weißt du -such dir einfach aus, was du willst«, sagt sie dann mit einem Hauch Überdruß.
    »Nun, ich will Ghost«, sage ich, innerlich jedoch leicht alarmiert bei dem Gedanken, 2,50 Pfund für was auszugeben, das ich schon kenne, »aber entscheide du.«
    »Nein, ehrlich, entscheide du.«
    Ein Schwall tosenden Lärms dringt von der High Street herein, als die beiden blonden Frauen mit einer Wilde Orchidee-Kassette zur Tür rausgehen. Na, wenn der heutige Abend der Prüfstein ist, ob wir uns, wie Dina im Krankenhaus sagte, eingelassen haben oder nicht, können wir die Sache im Grunde jetzt abhaken. Unser »entscheide du / nein, entscheide du «-Geplänkel hier in der Videothek - gibt es noch einen schlagkräftigeren Beweis, daß wir ein Paar sind?
    »Wie wär’s hiermit?« sagt sie und greift zu einer Hülle mit Sandra Bullock und irgendeinem Typen, den ich schon in vielen Filmen gesehen habe, dessen Namen ich aber nicht kenne, vorn drauf. »Das müßte dir doch gefallen.«
    »Während du schliefst? Allein wegen des Titels, meinst du?«
    »Nein, ich glaube, er ist ein Heuler.«
    Ich hasse das Wort »Heuler«. Filme, die einen zum Weinen bringen, sollten nicht auf diese Weise abklassifiziert werden.
    »Oder dieser hier?« sagt sie und nimmt sich eine andere Hülle, auf der sich Barbara Hershey und Bette Middler flächendeckend umarmen. »Beaches. Wie ich gehört habe, soll der wahnsinnig tränentreibend sein.«
    »Was passiert in dem Film?«
    Eine ausgeschnittene Filmkritik klebt auf der Hülle. Dina liest sie und spitzt leicht den Mund dabei.
    »Barbara Hershey stirbt«, sagt sie dann.
    »Das ist für mich normalerweise kein Grund zum Weinen, wenn jemand stirbt.«
    »Ach wirklich? Aber in Ghost stirbt Patrick Swayze doch auch, oder nicht?«
    »Ja, schon, aber das ist nicht die Stelle, wo man weint. Und er stirbt ja nicht wirklich.« Ich merke, ich kann mich nicht verständlich machen. »Laß mal sehen«, sage ich.
    Ich überfliege die Kritik. Es ist im Grunde keine besonders gute, weshalb es einen wundert, warum sie auf der Hülle klebt. Schilderung der Handlung... Überblick über die Figuren... und die unter Filmkritikern verbreitete Unart, sich mit den Namen der Schauspieler auf die Figuren zu beziehen, womit sie wahrscheinlich demonstrieren wollen, daß sie, die Professionellen, sich nie ganz von einem Kunstmachwerk einfangen lassen... und dann endet die Kritik: »Strukturell, technisch, stilistisch ist der Film äußerst brüchig, aber am Schluß weint man gottverdammte echte Tränen.«
    Ich stiere weiter auf den kleinen rechteckigen

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