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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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als hätte ich gerade einen Witz über ihre an Krebs sterbende Mutter gemacht. Sie traktiert mich so lange mit dem Blick, bis ihr klar wird, daß kein »entschuldige, was um Himmels willen habe ich mir bloß dabei gedacht?« von mir kommt, und dann, mit einer Miene, die deutlicher als Worte ihre Enttäuschung kommuniziert, macht sie Anstalten aufzustehen. Sie kann aber nicht, wegen Nicks Kopf auf ihrem Schoß; dann, nach ein paar Schulterverrenkungen und kurzem Gewackel mit ihrem nicht vorhandenen Arsch, liegt sie plötzlich rücklings auf dem Sofa.
    »Können wir ihn nicht wecken?« sage ich.
    Sie hebt den Blick, verwundert über meine Beharrlichkeit.
    »Nun, möglicherweise...«, sagt sie wie ein Profimediziner, der sich dazu herabläßt, den Vorschlag eines Laien in Erwägung zu ziehen, nachdem alle anderen Mittel versagt haben.
    »NICK!!«, schreie ich. »NICK!!« Dann: »WACH AUF, WACH AUF!!« Wach auf, wach auf? Ich rede schon wie ein Zeuge Jehova. Ich bin von den Socken: Fran spielt tatsächlich mit und gibt Nick mehrere leichte Klapse auf die Backe.
    »Hmftg?« macht Nick und öffnet ein Auge.
    »Nicholas?< sagt Fran. »Wie fühlst du dich?«
    Er verdreht sein Auge erst nach oben, dann im Kreis, um zu sehen, wer spricht, und dann, vielleicht weil das Medikament tatsächlich nicht nur beruhigt, sondern auch kuriert, schließt er es schnell wieder.
    »Ach du lieber Gott«, sage ich. »Wir werden ihn tragen müssen.« Ich lege meine Hand unter seinen von Schlaf, Verrücktheit oder von beidem schweren Kopf und drücke dabei meine Handknöchel unglücklicherweise ziemlich tief in Frans obere Schoßgegend. Ihre Augen flammen wütend auf. »Dann hilf mir doch«, sage ich, bemüht, die Situation zu entschärfen.
    Sie schießt mir einen giftigen Blick zu, setzt sich aber doch in Bewegung, schiebt Nicks Kopf ein Stück weiter runter, so daß sie ihn an den Schultern fassen kann. Zusammen manövrieren wir ihn in L-Form, wie Frankenstein oder Igor, als sie dem Monster auf die Beine halfen. Nick schläft weiter tief und fest.
    »Gut, halt ihn fest«, sage ich und gehe zum anderen Sofaende, um ihn an den Beinen zu fassen. Zwischen seinen Füßen und dem Ende des Sofas ist immer noch zwei Polstersegmente Platz; ich knie mich auf das freie Stück und umschlinge Nicks Fesseln. Fran, die ihm den Rücken mit der Hand stützt, windet sich ebenfalls in Knieposition hoch und macht dabei die ganze Zeit ein Gesicht, als würde ihr übel mitgespielt.
    »Gut so«, sage ich, als wir einander gegenüberhocken. »Eins... zwei... drei!!« Ich schwinge Nicks Füße hoch. Fran macht nichts, so daß Nicks Körper in die Beine-in-Steigbügel-Gynäkologenstuhl-Stellung geht.
    »Eins, zwei, drei - was?« sagt Fran, das Gesicht jetzt nicht mehr bloß von ihren Riesenohrringen eingerahmt, sondern auch von Nicks Schnürstiefelsohlen.
    »Eins, zwei, drei — ihn hochheben!« sage ich wütend.
    »Wäre es nicht einfacher, wir zwei würden uns zuerst hinstellen?« sagt sie.
    »Und wie sollen wir dann die Hebelkraft nutzen!« schnauze ich sie an, mir völlig im klaren darüber, daß sie natürlich recht hat, hoffe aber, dies durch meine Zuflucht zu dem Wort »Hebelkraft« ausreichend zu vertuschen. »Also gut dann«, sage ich mit einer
    Spur »du bist eben nicht in der Lage, die Komplexität des Manövers, das ich im Sinn hatte, angemessen zu würdigen«.
    Meinen um den Verstand gebrachten Wohngenossen jetzt in einer Art V-Form haltend — mir kommt gerade in den Sinn, daß wir diese ganze Episode an die Sesamstraße verkaufen könnten —, stehen wir zusammen auf und schwingen ihn, aus dem Stand, vom Sofa. Wie eine Hängematte schaukelt er ein paar Sekunden zwischen uns her.
    »Das wär geschafft«, keuche ich. »Sag mir, wenn er dir zu schwer wird.«
    »Keine Sorge«, sagt sie. »Ich... ich lasse Nicholas nicht fallen.«
    Ich mache eine paar Schritte zurück, so daß Nicks Beine ausgestreckt sind. Fran kapiert die Botschaft, macht einen Schritt nach vorn und faßt Nick an den Händen. Falls, wie ihre überdeutliche Metapher von eben nahelegt, sich Nick darauf verlassen kann, daß sie ihm einen mindestens so großen körperlichen wie geistigen Halt gibt, bin ich beeindruckt: Nick ist ein echter Dickwanst, der nicht im Traum daran gedacht hat, seine fortschreitende Vergeistigung seiner ausufernden Körperlichkeit in die Quere kommen zu lassen.
    »Sollen wir ihn einen Moment absetzen?« frage ich, als wir die Wohnzimmertür erreicht haben.
    »Mir«,

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