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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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als du, ich trage wollene Oberwäsche.<« Mit ihrer überlauten Vorlesestimme legt Mutti jetzt wieder los. »>Ich bin mutiger als alle! Wenn ein deutsches Flugzeug kommt, gehe ich nicht in Deckung, weißt du, warum? Randolph: Ja. Weil du ein Schwanzlutscher bist.<«
    Das Wort zerfetzt die Luft wie ein Fernlenkgeschoß. Nicht nur alle im Raum — ganz Edgware scheint Mutti anzustarren. Es ist wie in einem H. M. Bateman-Cartoon: »Die alte Dame, die das Wort >Schwanzlutscher< aussprach.« Das letzte Stück Torte in der Hand meiner Mutter erstarrt auf dem Weg zu ihrem Mund. Tante Edies orangenes Gesicht verfärbt sich weiß, wie ein zu schnell gelutschtes Eis am Stiel; Onkel Ray guckt verdutzt, so als halte er es für möglich, daß die Stimme seiner Frau plötzlich ein Echo hat. Mein Vater, der sich immer noch in seinem Sessel vergräbt, guckt wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben Mutti richtig an, mit einem sonderbaren Ausdruck im Gesicht, einer Mischung aus Wut über all die Jahre, die er seine Zunge zügeln mußte, und schierem, unverfälschtem Respekt. Die einzige Person, die nicht auf, um sich oder schief guckt, ist Mutti, die den Blick weiter auf das Satzende geheftet hat.
    »Schwanzlutscher«, sagt sie wieder und läßt sich - tut mir leid, es beschreibt nun mal genau die Art, wie sie es sagt, aber ehrlich, ehrlich: kein Wortwitz beabsichtigt! — das Wort auf der Zunge zergehen. Sie guckt unschuldig auf. »Was heißt denn das?«
    Verschiedene Mitglieder unserer Gesellschaft gucken sich voll Panik an, andere husten. Mein Vater sieht einen Moment so aus, als wollte er es ihr gern erklären.
    »Na, jetzt reicht’s!« kommt eine Stimme vom anderen Ende des Raums. Es ist Mr. Fingelstone, dessen Jewish Chronicle aufgeschlagen auf seinem Schoß liegt. »So eine Redeweise hab ich seit den Schützengräben nicht mehr gehört!« Er faltet seine Zeitung zusammen und stapft aus dem Raum, dabei nimmt er eine Haltung ein, die er wohl für Vor-Wut-Kochen hält, die aber eindeutig als Triumph zu erkennen ist.
    Mutti spürt offenbar, daß sie etwas Unangebrachtes gesagt hat, und schließt, wie Pandora einst ihre Büchse, das Buch zu spät. Der Aufeinanderknall der Seiten hallt durch den Liv Dashem-Heim-Fernsehraum. Dann fällt Muttis Blick auf einen Satz auf der Rückseite, ein Zitat über das Buch.
    »>Ich quittiere den Dienst. General Montgomery<«, sagt sie. Ein kollektiver Erleichterungsseufzer erfüllt den Raum; bloß ein Comedy-Zitat.
    »Hm«, sagt Mutti und guckt finster hoch, »kein Wunder, wenn man so was gelesen hat.«

15

    »Ghost — Nachricht von Sam?«
    »Ja.«
    »Wo dieser Typ mit der Dauerwelle mitspielt? Der aussieht, wie’n schwuler Maurer.«
    »Genau. Patrick Swayze.«
    Dinas von der Neonbeleuchtung in der Kilburn High Road-Filiale von Blockbuster Video hart angestrahltes Gesicht spiegelt sich genau zwischen Demi Moore und Whoopi Goldberg auf der Glanzfolienhülle von Ghost — Nachricht von Sam wider. »Das ist dein Lieblings film?«
    »Ja«, sage ich trotzig. »Na ja, einer meiner Lieblingsfilme.«
    Wortlos stellt sie die leere Videohülle zurück ins Regal. Ein Schwall aufgedrehten Gelächters hallt von vier Jugendlichen herüber, die sich in der »Erwachsenen«-Abteilung hinter uns herumdrücken. Auf den ringsherum angebrachten TV-Monitoren läuft Kevin — allein zu Haus.
    »Ist wohl die gleiche Sorte Schtick wie bei den Carpenters? sagt sie und dreht sich zu mir um. »Diese postmoderne, ironische Liebe für alles, was kitschig und schmalzig ist?«
    Schtick? Kitsch. Zwei Monate bei Ben zu Hause, und schon redet sie in verdammten jiddischen Anagrammen daher.
    »Nein, ich mag die Carpenters wirklich, genau wie Ghost. «
    Dina guckt zweifelnd. »Wie wär’s mit...«, ihre Augen wandern über ein anderes Regal »Manon des Sources...?«
    »Ach, ich hab keine Lust, mir diesen untertitelten Quatsch anzugucken.«
    »Aha! Wußte ich’s doch!« Sie dreht sich um, die Arme vor der Brust verschränkt.
    »Was?«
    Sie stiert runter auf den autositzfarbenen Teppich und grinst süßsauer.
    »Was wußtest du?« frage ich noch mal und merke, wie sich erste Anklänge von Beziehungskisten-Gereiztheit in meine Stimme schleichen.
    Sie hebt den Blick. »Du hast keine schlichte, ehrliche Vorliebe für Ghost oder Filme in der Art, stimmt’s? Du willst was demonstrieren damit. Deine Anti-Kunstfilm-Haltung.«
    »Nein«, sage ich und kämpfe vergeblich wie eine Fliege gegen ein Insektenvertilgungsspray gegen die

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