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Ab jetzt ist Ruhe

Ab jetzt ist Ruhe

Titel: Ab jetzt ist Ruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Brasch
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gekauft zu haben. Ich setzte mich in ein Café und schrieb die Namen der Bands, die ich gut fand, auf einen Zettel. Es wurde eine lange Liste, und erst, als ich darüber nachdachte, wie ich die Platten überhaupt transportieren sollte, fiel mir ein, dass ich mir darüber gar keine Gedanken machen musste. Es war verboten, Schallplatten aus dem Westen mitzubringen. Ich war enttäuscht, aber irgendwie auch erleichtert. Ich bezahlte meinen Kaffee, ging in den nächsten Klamottenladen und verließ ihn mit einer großen Tüte wieder. Dann fuhr ich zu Willy zurück.
    Er begleitete mich zum Flughafen. »Sei nachsichtig mit deinem Vater«, sagte er im Taxi. »Er hat vielleicht oft nicht recht, doch er meint es gut.« Ich nickte. Ich hatte keine Ahnung, was er von meiner komischen Familie tatsächlich wusste, doch das spielte keine Rolle. Er wusste Bescheid. Und ich ahnte, dass es das letzte Mal sein würde, dass ich Willy sah.
    Es war schon dunkel, als ich in Berlin landete. Ich stieg in mein kleines Auto, das ich vor dem Flughafengebäude geparkt hatte, und sog den vertrauten Geruch ein. Ich kurbelte die Scheibe runter und zündete mir eine englische Zigarette an. Ich schaltete das Radio ein, es spielte den gleichen Song von Matt Bianco, den ich gerade noch in jenem Klamottenladen gehört hatte. Ich ließ den Motor an und fuhr durch die leeren Straßen, ich fühlte mich wohl. Ich war eine Woche weg gewesen, aber es fühlte sich an wie ein Monat. Ich war wieder da, und es war in Ordnung.
     
    Als ich zu Hause war, rief ich meinen Vater an.
    »Schön, dass du dich auch mal meldest.« Seine Stimme klang gereizt.
    »Ich bin gerade erst angekommen.«
    »Deine Maschine ist schon halb acht gelandet, jetzt ist es neun.«
    »Entschuldige. Ich dachte, es wäre ok, wenn ich …«
    »Ich habe mir Sorgen gemacht«, unterbrach mich mein Vater. »Es hätte ja was passiert sein können.«
    »Ich bin vierundzwanzig, Papa.«
    »Es hätte etwas passiert sein können«, wiederholte er unwirsch.
    »Hast du gedacht, ich komme vielleicht nicht zurück?«
    »Du wärst ja schließlich nicht die Erste.« Erst jetzt begriff ich, wie schwer es meinem Vater gefallen sein musste, mich allein in London zurückzulassen, und wie groß seine Angst war, nach seinen Söhnen auch mich noch zu verlieren.
    »Ich bin wieder da«, sagte ich. »Und es tut mir leid, dass du dir Sorgen gemacht hast. Das war eine tolle Woche, danke.«
    »Schon gut«, sagte er etwas milder. »Gut, dass du wieder da bist.«
    Nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte, zog ich mich um, wickelte die Bluse, die ich für Katja in London gekauft hatte, in Geschenkpapier, setzte mich wieder ins Auto und fuhr zu ihr. Sie feierte ihren Geburtstag, und ich hatte versprochen, noch vorbeizukommen. Sie musste mir dafür ihr Wort geben, niemandem zu erzählen, wo ich gerade herkam. Ich hatte keine Lust, mich zu erklären und zu rechtfertigen – es war mir unangenehm.
    »Da bist du ja endlich«, rief sie strahlend, als sie mir die Tür öffnete. Sie war schön, und ihre Wangen glühten. »Wir haben schon auf dich gewartet!«
    Ich gratulierte ihr und gab ihr das Geschenk. »Du hast es ihnen doch nicht etwa erzählt, oder?«
    »Was denn?«
    »Wo ich war.«
    »Doch, ich hab’s erwähnt. Na und? Ist doch nichts dabei.«
    »Mensch, Katja!«
    »Ach komm, hab dich nicht so«, sagte sie, während sie die Bluse auswickelte. »Sie werden es überleben, und du auch. Und die hier ist toll. Danke!« Sie umarmte mich und verschwand im Bad.
    Ich war sauer, doch sie hatte ja recht. Es war nichts dabei. Und warum sollte ich mir den Kopf darüber zerbrechen, wenn es anderen Leuten nicht gefiel, dass ich etwas erlebt hatte, das sie vielleicht nie erleben würden. Ich war nicht stolz darauf, doch schämen musste ich mich dafür auch nicht. Unentschlossen blieb ich eine Weile im Flur stehen, doch dann trieb der Hunger mich in die Küche, wo ein paar Leute herumstanden und über Filme redeten. Ich sagte hallo und schmierte mir ein Brötchen.
    »Du warst wirklich in London?« Es war Peer, einer von Katjas besten Freunden. Sie hatte mir vor kurzem erzählt, dass sein Ausreiseantrag gerade abgelehnt worden war. Mir wurde mulmig.
    »Ja«, sagte ich.
    »Schön für dich.« Er musterte mich kühl und nahm einen Schluck aus seiner Bierflasche. Es schien nicht seine erste zu sein. »Und welchem Umstand hast du diese glückliche Reise zu verdanken?« Er sagte es etwas lauter, so dass die anderen ihr Gespräch unterbrachen und sich

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