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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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entdeckt. Da sie nicht anklopfen oder läuten konnte, kratzte sie an der Leinwand und sagte: »Chris? Sind Sie da?«
    »Sind Sie es, Pastorin? Kommen Sie herein.«
    Die Verbindungsoffizierin hatte Chris’ Verletzungen nicht genau beschrieben, deshalb machte Anna sich auf das Schlimmste gefasst. Der junge Leutnant lag auf einer Militärpritsche und hatte sich mit einigen Kissen eine Rückenlehne gebaut. Im Schoß hatte er ein kleines Terminal, das er zur Seite legte, als sie eintrat. Der linke Arm und das linke Bein endeten an den mittleren Gelenken.
    »Oh, Chris, es …«
    »Falls Sie sagen wollen, dass es Ihnen leidtut, springe ich auf und trete Ihnen in den Hintern«, fiel er ihr ins Wort.
    Anna lachte, obwohl ihr die Tränen in die Augen quollen. »Es tut mir leid, aber jetzt meine ich die Tatsache, dass es mir leidtut.« Sie setzte sich auf die Bettkante und nahm seine rechte Hand. »Wie geht es Ihnen, Chris?«
    »Abgesehen von ein paar offensichtlichen Beeinträchtigungen«, er winkte mit dem Armstumpf, »habe ich die Katastrophe besser überstanden als viele andere. Ich habe nicht einmal einen blauen Fleck.«
    »Ich weiß nicht, wie die Gesundheitsfürsorge der Marine funktioniert«, setzte Anna an, doch Chris winkte ab.
    »Die Therapie schließt das vollständige Neuwachstum ein. Wenn wir jemals hier herauskommen und in die Zivilisation zurückkehren, habe ich nach ein paar schmerzvollen und juckenden Monaten hellrosa schimmernde Ersatzteile.«
    »Das freut mich zu hören.« Anna hätte ihm angeboten, die Behandlung zu bezahlen, obwohl sie nicht einmal sicher war, wie sie die Summe hätte aufbringen sollen. Sie war erleichtert und schämte sich zugleich. »Wissen Sie etwas über die anderen Mitglieder unserer Gruppe? Ich hatte noch nicht genug Zeit, um sie zu finden.«
    »Ja.« Chris kicherte. »Ich habe davon gehört. Sie haben ein Kommandounternehmen durchgeführt, während ich lahmgelegt war. Hätte ich gewusst, dass ihr ausgebildet werdet, um gedopte Terroristen zu erledigen, dann hätte ich als Kind in der Kirche viel besser aufgepasst.«
    »Ich bin weggelaufen, bis sie einen Anfall hatte, und dann habe ich sie auf einen Stuhl geklebt. Das war nicht sehr heldenhaft.«
    »Ich bekomme eine Medaille, weil ich in ein Druckschott gefallen bin und einen Arm und ein Bein geopfert habe, um sieben Crewmitglieder davor zu retten, in einem leck geschlagenen Teil des Schiffs gefangen zu werden. Ich war dabei bewusstlos, aber das scheint keine Rolle zu spielen. Heldentum ist ein Etikett, das die meisten Leute für Dinge bekommen, die sie nie tun würden, wenn sie gründlich nachgedacht hätten.«
    Darüber musste Anna lachen. »In der letzten Zeit haben sich meine Gedanken in eine ganz ähnliche Richtung bewegt.« Chris lehnte sich auf seinem Kissenstapel entspannt zurück und forderte sie nickend zum Fortfahren auf.
    »Etiketten – ja. Die Leute nennen die Außerirdischen böse, weil sie uns wehtun. Ohne Kontext müssen wir es wohl auch so beurteilen.«
    »Ja«, stimmte Chris zu. »Wenn ich ein paar Gliedmaßen verliere, weil ich mich betrinke und in einen Mähdrescher falle, bin ich ein Idiot. Wenn ich dieselben Gliedmaßen verliere, weil ich zufällig neben der richtigen Tür stehe, während das Schiff beschädigt wird, bin ich ein Held.«
    »Vielleicht ist es wirklich so einfach. Ich weiß es nicht. Ich habe das Gefühl, es wird etwas sehr Wichtiges geschehen, und wir zerbrechen uns schon vorher den Kopf darüber, was es sein wird.«
    Chris kratzte sich abwesend am Beinstumpf und schnitt eine Grimasse. »Was könnte es denn sein?«
    »Wir sind durch den Ring geflogen, um James Holden davon abzuhalten, als Erster mit den Aliens zu sprechen. Aber genau dieser Mann hat geholfen, damit Eros zur Venus flog, statt die Erde zu zerstören. Warum nehmen wir an, er wäre ein schlechter Kandidat für den ersten Kontakt mit Außerirdischen? Jetzt hat uns etwas lahmgelegt und uns die Waffen weggenommen, uns jedoch nicht getötet. Das hat doch etwas zu bedeuten. Eine so mächtige Kraft könnte uns mühelos töten, wenn sie uns so leicht zu entwaffnen vermag. Das hat sie nicht getan. Statt herauszufinden, was dies bedeutet, blicken wir auf unsere Verletzungen und halten diese Macht für böse. Ich glaube, wir fühlen uns wie Kinder, die bestraft wurden und denken, es sei alles nur die Schuld der gemeinen Eltern.«
    »Sie haben unsere Schiffe aufgehalten, um uns … was denn eigentlich? Um uns zu befrieden?«, fragte

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