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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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können. Ich habe Sie kurz vor der Explosion auf der Seung Un gesehen«, erklärte sie. »Kurz bevor Sie die Bombe gezündet haben.«
    »Da war es schon zu spät«, erwiderte Clarissa. Ren war da schon tot gewesen. »Sie hätten es nicht verhindern können.«
    »Da haben Sie recht«, stimmte Anna zu. »Das ist nicht der einzige Grund, warum ich hier bin. Ich habe auch … ich habe jemanden verloren. Als die Schiffe abgebremst wurden, habe ich jemanden verloren.«
    »Jemanden, der Ihnen wichtig war«, sagte Clarissa. »Jemanden, den Sie geliebt haben.«
    »Es war jemand, den ich kaum kannte, aber es war trotzdem ein schmerzlicher Verlust. Außerdem hatte ich Angst vor Ihnen. Ich habe immer noch Angst vor Ihnen. Aber Tilly hat mir viel über Sie erzählt, und das hat mir geholfen, meine Ängste teilweise zu überwinden.«
    »Aber nicht vollständig?«
    »Nein, nicht vollständig.«
    Irgendwo tief im Inneren des Schiffs gab es einen Knall, und ein paar Sekunden lang summte die ganze Konstruktion wie eine riesige, weit entfernte Glocke.
    »Ich könnte Sie töten, bevor jemand die Tür öffnet«, sagte Clarissa.
    »Ich weiß, ich habe es gesehen.«
    Clarissa streckte die Hand aus und legte sie flach auf einen gekerbten Metallstreifen. Er war poliert und glatt, kühl.
    »Wollen Sie ein Geständnis hören?«, fragte sie.
    »Nur wenn Sie gestehen wollen.«
    »Ich habe es getan«, sagte Clarissa. »Ich habe die Rosinante und die Seung Un sabotiert. Und ich habe Ren getötet. Vorher habe ich auf der Erde mehrere Menschen umgebracht. Ich habe meine wahre Identität verschleiert und gelogen. Alles trifft zu. Ich bin schuldig.«
    »Na gut.«
    »Sind wir dann fertig?«
    Anna kratzte sich an der Nase und seufzte. »Ich bin zum Ring mitgeflogen, obwohl sich meine Frau darüber aufgeregt hat. Obwohl ich in Kauf nehmen musste, monatelang von meinem Kind getrennt zu sein. Ich musste einfach herkommen und ihn mit eigenen Augen sehen. Ich wollte den Menschen helfen, ihn zu verstehen und dazu beitragen, dass sie keine Angst mehr vor ihm haben müssen, was auch immer dieses Ding ist. Sie sind hergekommen, um Ihren … um Ihren Vater zu retten. Um ihn zu erlösen.«
    »Hat Tilly Ihnen das gesagt?«
    »Sie hat sich nicht ganz so höflich ausgedrückt.«
    Clarissa lachte hustend. Alles, was sie sagen konnte, kam ihr abgedroschen vor. Schlimmer noch, es fühlte sich naiv und dumm an. Jim Holden hat meine Familie zerstört, und ich wollte, dass mein Vater stolz auf mich ist, aber das war ein Fehler.
    »Ich habe all das getan«, fuhr Clarissa fort. »Sie dürfen es gern allen sagen, den Wachleuten und den anderen. Sie können ihnen sagen, dass ich alles gebeichtet habe.«
    »Wenn Sie möchten, sage ich es allen.«
    »Das möchte ich. Ja, ich will es.«
    »Warum haben Sie versucht, Naomi zu töten?«
    »Ich wollte sie alle töten«, erklärte Clarissa. Es fiel ihr schwer, es auszusprechen, als wären die Worte zu groß, um durch ihre Kehle zu passen. »Sie waren ein Teil von ihm, und ich wollte ihn auslöschen. Er sollte nicht mehr existieren. Alle sollten wissen, dass er ein böser Mann ist.«
    »Wollen Sie das immer noch?«
    »Es ist mir egal«, erklärte Clarissa. »Das können Sie allen sagen.«
    »Was ist mit Naomi? Ich werde sie besuchen. Gibt es etwas, das ich ganz besonders ihr sagen soll?«
    Clarissa erinnerte sich an das geschundene, blutige Gesicht der Frau. Sie bog die Finger und spürte wieder den Handschuh des Mechs. Es wäre ganz leicht gewesen, der Frau das Genick zu brechen. Ein federleichter Druck hätte genügt. Sie fragte sich, warum sie es nicht getan hatte. Sie überlegte, ob sie den Augenblick ausgekostet oder gezaudert hatte. Wahrscheinlich traf beides gleichzeitig zu, vielleicht auch keines von beidem.
    »Sagen Sie ihr, ich hoffe, dass sie bald wieder wohlauf ist.«
    »Hoffen Sie das wirklich?«
    »Meinen Sie, ob ich einfach nur höflich bin?«, entgegnete Clarissa. »Sie können ihr sagen, was immer Sie wollen. Es ist mir egal.«
    »Gut«, antwortete Anna. »Darf ich Sie etwas fragen?«
    »Kann ich es denn verhindern?«
    »Ja.«
    Das Schweigen dauerte nicht länger als drei Atemzüge.
    »Sie dürfen mich etwas fragen.«
    »Wollen Sie erlöst werden?«
    »Ich glaube nicht an Gott.«
    »Wollen Sie von etwas anderem als von Gott erlöst werden? Falls es eine Vergebung für Sie gibt, würden Sie sie akzeptieren?«
    Die Wut entstand im Bauch und breitete sich im Brustkorb aus. Clarissa schürzte die Lippen und legte die Stirn

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