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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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davon abhalten«, antwortete Clarissa.
    »Nun, ich glaube, Sie und ich haben viel gemeinsam. An Ihren Händen klebt Blut. Das Blut von Unschuldigen.«
    Sie wollte höhnisch und abweisend reagieren, fühlte sich damit aber doch nur lächerlich und unreif. Cortez fuhr fort, als hätte er nichts bemerkt. Vielleicht war es ihm tatsächlich entgangen.
    »Ich war … ich habe eine wesentliche Rolle dabei gespielt, uns durch das Tor zu bringen. Die vereinigten Kräfte, alle drei Fraktionen der Menschheit, waren ruhmreich vereint.« Bitterkeit färbte seine Worte, doch dann lächelte er, und sie dachte, er habe vielleicht ähnlich tiefe Verletzungen erlitten wie sie. »Hochmut ist bei Männern meines Berufs eine verbreitete Krankheit. Ich fürchte, ich habe sie mit lediglich begrenztem Erfolg bekämpft.«
    »Ich war diejenige, die Holden durch den Ring getrieben hat«, wandte Clarissa ein. Sie war nicht sicher, ob sie ein Verbrechen gestand oder Cortez einen Ausweg bot.
    »Ja, und ich habe hinter ihm die anderen durchgeführt. Sie sind gestorben, weil ich sie für die Gefahr, in die sie sich begaben, blind gemacht habe. Ich habe meine Herde ins Schlachthaus geführt. Ich glaubte, mein Schicksal in die Hände der Vorsehung zu legen, aber …«
    Tränen traten ihm in die Augen, seine Miene wurde leer.
    »Vater?«, fragte sie.
    »Als ich ein Kind war, fand meine Cousine einen toten Mann«, erzählte Cortez. »Die Leiche lag in einem ausgetrockneten Flussbett hinter unserem Land. Sie meinte, ich sei zu feige, dorthin zu gehen und es mir anzusehen. Ich hatte schreckliche Angst, trotzdem ging ich erhobenen Hauptes hin und tat so, als sei ich furchtlos. Als die Ärzte kamen, stellte sich heraus, dass der Mann an einer alten Infektionskrankheit gestorben war. Deshalb gaben sie mir den Rest des Sommers über vorsichtshalber die entsprechenden Antivirenmittel. Vielleicht habe ich mich schon immer so verhalten. Ich habe an die Vorsehung geglaubt, aber vielleicht habe ich nur meine eigenen Ängste überspielt. Und meine Ängste haben viele Menschen in den Tod getrieben.«
    »Es ist nicht Ihre Schuld.«
    »Aber es ist mein Problem. Vielleicht dient mein Versagen einem größeren Wohl. Sie hatten recht, meine Liebe. Weder für Sie noch für mich wird es eine Amnestie geben. Aber nicht aus den Gründen, die Sie sich vielleicht vorstellen.«
    Clarissa stand auf. Cortez’ Blick ruhte wie ein körperlich spürbarer Druck auf ihr. Nachdem er ihr sein Geständnis anvertraut hatte und die Angst und den Kummer mit solcher Würde trug, empfand sie Achtung für den alten Mann, obwohl sie ihn nie sonderlich gemocht hatte.
    »Die Gefahr, die von diesen Außerirdischen ausgeht, ist viel zu groß. Es war überheblich zu glauben, wir könnten sie bändigen oder ihnen als Gleichgestellte begegnen. Die Todesfälle, die es bereits gab, werden am Ende nicht mehr sein als ein Regentropfen im Ozean. Wir haben uns in die Hand des Teufels begeben. Das versteht nicht jeder, aber ich glaube, Sie können es erfassen.«
    Zu ihrer Überraschung spürte sie die Furcht wie einen Kloß im Hals. Am hinteren Ende des Ganges klirrte Metall. Ashfords Zellentür ging auf. Einer der Wächter sagte etwas, doch Cortez richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf sie. Es fühlte sich an wie kühles Wasser auf einer Brandwunde.
    »Ich glaube schon«, sagte sie leise.
    »Ich habe für Kapitän Ashfords Freilassung gesorgt, denn er und ich sind zu einer Übereinstimmung gelangt, die ich mit der gegenwärtigen Befehlshaberin nicht erzielen konnte. Die Zusammenführung der Crews von den verschiedenen Schiffen geschah teilweise unter Androhung von Waffengewalt.«
    »Waffen funktionieren hier nicht.«
    »Das Licht funktioniert, und sie haben daraus eine Waffe gebaut. Der Kommunikationslaser ist stark genug, um Schiffshüllen zu durchdringen. Er kann sogar noch weiter verstärkt werden. Weit genug, wie wir glauben, um den Ring zu zerstören und das Tor zu schließen.«
    »Wir werden dann auf der falschen Seite sein«, wandte Clarissa ein.
    »Ja. Aber wenn wir zaudern, werden uns andere folgen. Sie werden in Versuchung kommen und sagen: ›Welcher Ruhm mag auf uns warten, wenn es uns gelingt, die Tore zu manipulieren?‹ Ich kann es jetzt schon hören.«
    »Das haben Sie selbst gesagt. Sie waren einer von ihnen.«
    »Richtig, und ich habe eine schreckliche Lektion gelernt. Sie dagegen wurden von Hass getrieben, nicht wahr?«
    Ashford lachte. Einer der Wächter sagte: »Willkommen zurück,

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