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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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würden sie nun sorgen. Soledad, Bob und Stanni, ihr Vater, ihre Mutter und die Geschwister, sie alle würden erfahren, dass sie gestorben war. Jeder, der Ren gekannt und geliebt hatte, konnte ein bisschen besser schlafen, weil seine Mörderin ihre Strafe bekommen hatte. Sogar sie selbst würde besser schlafen, sofern sie überhaupt noch Schlaf fand.
    »Sie hat Kampfimplantate.« Ashford deutete auf sie. Einer der Wächter sah sich um. Es war der mit der unbestimmbaren Augenfarbe und der Narbe auf dem Kinn. Jojo.
    »Sind Sie sicher, dass sie auf unserer Seite steht, Kapitän?«
    »Der Feind meines Feindes, Jojo«, erwiderte Ashford.
    »Ich verbürge mich für sie«, warf Cortez ein.
    Das solltest du nicht tun, dachte Clarissa, sagte aber nichts.
    »Claro«, erwiderte Jojo und machte eine Geste, die bei den Gürtlern einem Achselzucken entsprach. »Sie kommt mit aufs Kommandodeck, und dann müssen Sie sehen, wie Sie zurechtkommen.«
    »Das ist in Ordnung«, stimmte Ashford zu.
    Der Gang mündete in einen breiten Korridor. Im Licht der weißen LEDs wirkten die Wände bleich und steril. Ein Dutzend Leute, Männer und Frauen, hatten Pistolen mit Gummigeschossen. Sie saßen in Elektrokarren oder standen daneben. Clarissa mochte den Geruch der Luft nicht – überall Plastik und Wärme. Kapitän Ashford und drei Bewaffnete hockten sich in den Karren vor ihr.
    »Es wird eine Weile dauern, bis das Schiff völlig gesichert ist«, sagte Cortez. »Wir müssen alle Verbündeten um uns scharen, deren wir habhaft werden, und den Widerstand brechen. Sobald wir alles haben, was wir brauchen, und die Walze verlassen, können sie uns nicht mehr aufhalten.« Es klang, als wollte er sich selbst überzeugen. »Keine Angst. Dies alles ist aus einem guten Grund geschehen. Wenn wir den Glauben nicht verlieren, haben wir nichts zu befürchten.«
    »Ich fürchte mich nicht.« Cortez blickte zu ihr und strahlte sie wieder an. Als sie den Blick auf ihn richtete, verging ihm das Lächeln. Er wandte sich ab.

38    Bull
    Bull versuchte, nicht zu husten. Die Ärztin hörte seine Lungen ab, verschob das Stethoskop ein paar Zentimeter und lauschte weiter. Er konnte nicht spüren, ob die kleine silberne Scheibe kalt war. Er fühlte gar nichts. Schließlich hustete er einen harten Schleimbatzen aus und nahm von der Ärztin ein Papiertaschentuch entgegen, um hineinzuspucken. Sie machte sich Notizen auf ihrem Handterminal. Im Licht des Bildschirms sah sie sehr müde aus.
    »Es wird langsam besser«, sagte die Ärztin. »Aber die Leukozyten sind immer noch viel zu hoch.«
    »Und die Wirbelsäule?«
    »Ihre Wirbelsäule ist im Eimer, und es wird schlimmer. Damit meine ich, dass es immer schwieriger wird, die Schäden zu beheben.«
    »Das ist ein Opfer.«
    »Wann wird es denn genug sein?«, fragte sie.
    »Das kommt darauf an, was Sie mit ›es‹ meinen«, erwiderte Bull.
    »Sie wollten alle Leute zusammenholen. Jetzt sind sie zusammen.«
    »Auf der Hälfte der Schiffe sind immer noch Mannschaften.«
    »Rumpfmannschaften«, widersprach die Ärztin. »Ich weiß, wie viele Leute Sie auf dieses Schiff geholt haben. Schließlich behandle ich sie. Sie wollten alle herholen. Jetzt sind alle da. Reicht das nicht?«
    »Es wäre schön, wenn ich auch noch dafür sorgen könnte, dass sie nicht gleich aufeinander schießen«, meinte Bull.
    Gereizt hob die Ärztin beide Hände. »Also lassen Sie mich meine Arbeit machen, sobald die Menschen keine Menschen mehr sind.«
    Bull lachte, was ein Fehler war. Der Husten kam von weiter unten, dröhnte in den Höhlen seines Brustkorbs, aber es war kein heftiger Anfall. Wenn er ernsthaft würgen wollte, musste er erst einmal neue Bauchmuskeln entwickeln. Die Ärztin reichte ihm ein weiteres Taschentuch, das er benutzte.
    »Wenn wir alles unter Kontrolle haben, können Sie mich schlafen legen«, sagte er. »Einverstanden?«
    »Wird das überhaupt jemals der Fall sein?«, erwiderte sie. Das war die Frage, die sich jeder stellte, ob er sie nun offen aussprach oder nicht. Die Wahrheit war, dass er den Plan nicht mochte. Teilweise, weil er von Jim Holden stammte, und teilweise, weil er vom Protomolekül kam, und schließlich auch, weil er unbedingt wollte, dass es funktionierte. Die Notlösung bestand darin, so viele Leute wie möglich mit den Shuttles zu evakuieren, die jedoch nicht für Langstrecken gebaut waren. Es war eine ausweglose Situation.
    Sie mussten beginnen, Lebensmittel herzustellen. Erdboden erzeugen, um das Innere

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