Abaddons Tor: Roman (German Edition)
der Walze zu füllen. Unter der Linie der falschen Sonne, die längs durch die Behemoth verlief, Lebensmittel anbauen. Und sie mussten die verdammte Abwärme unter Kontrolle bringen. Er musste dafür sorgen, dass sie es schafften, was auch immer dies bedeutete. Ein künstliches Koma konnte ziemlich lange dauern, wenn Schiffe langsamer als ein anständiger Baseball flogen und Entfernungen überwinden mussten, die größer waren als irdische Ozeane.
Alle Gründe, aus denen sie hergekommen waren – die Erde, Mars und die AAP –, schienen in unendlicher Ferne zu liegen. Hier war die Sorge um den Platz der AAP im politischen Machtgefüge des Systems ähnlich abwegig wie die Frage, ob er einem Freund, der ihm mit zwanzig ein Bier ausgegeben hatte, noch etwas schuldig war. Von einem bestimmten Punkt an wurde die Vergangenheit irrelevant. Nichts, was außerhalb der langsamen Zone geschah, spielte eine Rolle. Jetzt kam es nur noch darauf an, dass alle sich zivilisiert benahmen, bis sie herausfanden, ob Holdens Plan mehr als nur eine verrückte Idee war.
Um das zu tun, musste er weiter aus eigener Kraft atmen.
»Kapitän Pa hat einen Plan, und wenn er funktioniert, werden wir vielleicht schon bald wieder mit Schub fliegen. Vielleicht. Könnten Sie mich unterdessen anschließen, solange wir darauf warten?«
Sie sah ihn finster an, nahm aber einen Inhalator aus dem Vorrat neben seinem Bett und warf ihn herüber. Seine Arme waren intakt. Er schüttelte das Ding zweimal, hielt sich das vorgeformte Keramikstück an die Lippen und atmete durch. Die Steroide rochen wie das Meer und brannten ein wenig. Er versuchte, nicht zu husten.
»Das wird Ihren Zustand nicht verbessern«, warnte sie. »Wir übertünchen nur die Symptome.«
»Es soll mich ja nur über die Runden bringen.« Bull versuchte zu lächeln. In Wahrheit fühlte er sich hundeelend. Er hatte keine Schmerzen, war aber unendlich müde. Und ihm war übel. Und er war verzweifelt.
Als er mit dem Inhalator ausgerüstet war, steuerte er seine Gehmaschine wieder auf den Korridor. Die Krankenbetten waren immer noch voll belegt. Die zunehmende Hitze gab allen das Gefühl, einen drückend heißen und schwülen tropischen Sommer zu erleben. Der Geruch nach Körpern und Krankheit, Blut, Verwesung und Antiseptika mit falschem Blumenduft erzeugte ein Gefühl bedrückender Enge. Dank des Trainings konnte er sich inzwischen mit seinem Mechanismus etwas eleganter bewegen. Er benutzte die beiden Joysticks, um Pflegern und Therapeuten auszuweichen, und behinderte die anderen so wenig, wie es sein Fahrzeug nur erlaubte, während er in die Wache zurückkehrte.
Sein Handterminal zirpte. Er fuhr bis zu einer Gangbiegung, verzog sich in eine Ecke, um nicht zu stören, ließ die Joysticks los und hob das Terminal. Corin bat um eine Verbindung. Er akzeptierte mit einem Daumendruck.
»Corin«, sagte er. »Was haben Sie?«
»Boss?«, meldete sie sich. Als er ihre angespannte Stimme bemerkte, hob er unwillkürlich den Kopf. »Haben Sie eine Übung angesetzt?«
»Was ist denn los?«
»Jojo und Gutmansdottir sind gerade vorbeigekommen und wollten die Wache übernehmen. Als ich ihnen sagte, dass sie das Büro bekommen könnten, sobald ich Feierabend mache, haben sie die Waffen gezogen.«
Eine rabenschwarze Furcht ergriff Besitz von ihm. Er packte das Terminal und antwortete leise.
»Das darf doch nicht wahr sein.«
Dann öffnete er den Systemzugang, doch ein rotes Warnfeld verweigerte ihm den Zugriff. Sie waren sehr schnell vorgegangen und hatten ihn aus dem Sicherheitssystem geworfen.
»Zuerst nahm ich an, es sei eine Art Test. Aus ihrem Wortwechsel konnte ich entnehmen, dass sie gehofft hatten, Sie dort zu treffen. Ich gehe zu Serge. Er versucht herauszufinden, was los ist«, fuhr sie fort. »Falls ich mich geirrt habe …«
»Haben Sie nicht. Es war richtig, erst einmal wegzugehen. Wo sollten die beiden sein?«
»Sir?«
»Sie hatten Dienst. Wo sollten sie sein?«
Corin sah ihn verwirrt an. Er beobachtete, wie das Verstehen dämmerte und ein Ausdruck ruhiger und tödlicher Konzentration in ihre Augen kam. Sie musste es nicht mehr aussprechen. Jojo und Gutmansdottir hatten die Gefangenen bewacht. Ashford, um es genau zu sagen.
Pa hätte ihm erlauben sollen, den Dreckskerl zu töten.
»Gut. Suchen Sie Serge und alle, denen Sie vertrauen. Wir müssen diesen Mist eindämmen.«
»Bien.«
Die Gegner würden die Waffenkammer aufsuchen. Wenn sie das Sicherheitssystem übernommen hatten,
Weitere Kostenlose Bücher