Abaddons Tor: Roman (German Edition)
und ihm den Kopf getätschelt hätte.
»Amos wird dafür sorgen, dass Sie nicht unterbrochen werden«, versprach er schließlich.
»Genau«, bekräftigte Bull. »Sagen Sie ihnen was Beruhigendes.«
»Oh. Nun ja, wenn Amos wütend ist, dann ist er der gefährlichste, beängstigendste Mensch, der mir je begegnet ist. Er würde buchstäblich über Leichen gehen, um einem Freund zu helfen. Und die Leute, die versuchen werden, dieses Büro zu stürmen, haben gerade eine gute Freundin von ihm ermordet.«
»Davon habe ich gehört«, sagte Anna. »Es tut mir leid.«
»Ja«, entgegnete Holden. »Um nichts in der Galaxis möchte ich jetzt mit denen tauschen, die hier durchbrechen und Sie stören wollen. Amos kann nicht gut mit Kummer umgehen. Normalerweise reagiert er mit Wut oder Gewalt. Ich habe das Gefühl, er wird sich an einigen von Ashfords Leuten ordentlich abarbeiten.«
»Er wird sich nicht besser fühlen, wenn er Menschen tötet.« Anna bereute es, sobald sie es ausgesprochen hatte. Diese Menschen waren bereit, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um sie zu beschützen. Eine Moralpredigt von ihr konnten sie nicht gebrauchen.
»Eigentlich nehme ich an, dass es ihm durchaus helfen wird«, entgegnete Holden mit einem kleinen Lächeln. »In dieser Hinsicht ist Amos ein Sonderfall. Bei fast allen anderen Menschen hätten Sie vermutlich recht.«
Anna blickte quer durch den Raum zu Amos. Er saß ruhig an der Eingangstür des Sendestudios und hatte sich ein sehr großes Gewehr über die Knie gelegt. Er war ein starker Mann, stabil und kräftig in Schultern und Oberkörper. Mit dem rasierten runden Kopf und dem breiten Gesicht kam er ihr allerdings überhaupt nicht vor wie ein Killer, sondern eher wie ein freundlicher Wartungstechniker. Die Sorte, die vorbeischaute, um kaputte Wasserrohre zu flicken oder Luftfilter zu ersetzen. Nach Holdens Ansicht würde er jedoch ohne Zögern jeden Angreifer töten, um sie zu beschützen.
Sie stellte sich vor, wie sie Nono ihre gegenwärtige Situation erklären würde. Ich habe mich mit Killern eingelassen, aber das ist schon in Ordnung, weil sie die richtigen Killer sind. Killer, die auf der Seite des Guten stehen. Sie erschießen keine unschuldigen Ingenieure, sondern nur die Leute, die Ingenieure töten.
Monica hatte Holden eine Frage gestellt. Als er antworten wollte, stand Anna auf und entfernte sich mit einer nichtssagenden Entschuldigung, die an alle und niemanden gerichtet war. Mit eingezogenem Kopf lief sie durch das überfüllte Büro, lächelte und tätschelte den Leuten sanft und beruhigend die Arme, als sie sich vorbeischob. Mehr als dies konnte sie ihnen nicht geben.
Dann zog sie einen freien Stuhl zu Amos hinüber und setzte sich. »Rotkäppchen.« Er nickte leicht.
»Es tut mir leid.« Sie legte ihm die Hand auf den Arm. Er starrte die Hand an, als könnte er sich nicht vorstellen, was das für ein Ding war.
»Na gut«, sagte er und verzichtete darauf, die naheliegende Frage zu stellen. Lieber tat er so, als verstünde er es nicht. Anna schloss ihn auf der Stelle ins Herz.
»Danke, dass Sie dies tun.«
Amos rutschte herum und sah sie an. »Sie müssen nicht …«
»In ein paar Stunden sind wir vielleicht alle tot«, fuhr sie fort. »Sie sollen wissen, dass mir klar ist, was Sie für uns alle tun. Ich kenne Ihre Gründe, und sie sind mir egal. Danke, dass Sie uns helfen.«
»Verdammt auch, Rotkäppchen.« Amos legte seine Hand auf die ihre. »Als Predigerin müssen Sie der Wahnsinn sein. Jetzt fühle ich mich gleichzeitig so gut und so mies wie schon lange nicht mehr.«
»Mehr wollte ich gar nicht sagen.« Sie tätschelte seine Hand und stand auf.
Ehe sie gehen konnte, nahm Amos ihre Hand und drückte so fest, dass es fast wehtat. »Heute wird Ihnen ganz bestimmt nichts zustoßen.«
Es war keine Angeberei. Er stellte nur eine einfache Tatsache fest. Sie schenkte ihm ein Lächeln und entzog ihm die Hand. Gutmütige Killer, die keine Reue kannten, hatten bisher nicht in ihr Weltbild gepasst, und sie war nicht sicher, wie sie in Zukunft passen würden. Im Moment konnte sie es nur hinnehmen, wie es war.
»Also, Leute, hört mal her«, überbrüllte Bull den allgemeinen Lärm. Alles verstummte. »Wir schlagen jetzt los. Teilt euch auf die Einsatztrupps auf und macht euch bereit.«
Ein Schatten fiel auf Anna. Amos stand mit seinem großen Gewehr hinter ihr. »Verteidigung«, rief er. »Zu mir.«
Etwa zwei Dutzend Leute lösten sich aus dem Gedränge und kamen zu
Weitere Kostenlose Bücher