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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Mann hat mal gesagt, ihre äußeren Formen seien verschwunden. Der Körper und das Gehirn. Deshalb stelle ich mir vor, dass sie vielleicht gar nicht richtig gestorben sind. Sie wurden lediglich verändert, verstehen Sie? Wenn nun ihre Gehirne die Arbeit niemals eingestellt haben, und sie sind …«
    Soledad zuckte mit den Achseln und suchte nach dem richtigen Wort. Melba verstand auch so, was sie meinte. Eine Veränderung, selbst eine tief greifende Veränderung, war nicht das Gleiche wie der Tod. Sie selbst war der beste Beweis dafür.
    »Spielt das überhaupt eine Rolle?«
    »Und wenn ihre Seelen noch da sind?« Soledads Stimme klang jetzt sehr bekümmert. »Wenn es sie alle nur gefangen hat? Ihre Schwester und meinen Dad … wenn sie gar nicht tot sind, und der Ring besitzt immer noch ihre Seelen?«
    Es gibt keine Seelen, dachte Melba mit leisem Bedauern. Wir sind Hüllen aus Fleisch, durch die Schwachstrom läuft. Es gibt keine Geister, keine Gespenster, keine Seelen. Das Einzige, was überlebt, sind die Geschichten, die andere Menschen über einen verbreiten. Das Einzige, was zählt, ist der Name. Das waren Clarissas Gedanken, und so etwas hätte auch ihr Vater gesagt. Sie sprach es nicht laut aus.
    Soledad häufte Essen auf ihren Löffel. »Vielleicht schickt die Erde deshalb so viele Priester – um die Seelen zur Ruhe zu betten.«
    »Das sollte sicherlich jemand tun«, stimmte Melba zu und begann ebenfalls zu essen.
    Das Zirpen des Handterminals unterbrach sie. Ren bat sie um ein Gespräch unter vier Augen. Melba runzelte die Stirn und öffnete die Verbindung.
    »Was gibt es?«, fragte sie.
    Seine Stimme klang mühsam beherrscht.
    »Ich habe hier etwas, das Sie sich vielleicht mal ansehen sollten. Eine Anomalie.«
    »Bin schon unterwegs.« Melba trennte die Verbindung, schluckte die restliche Fleischpaste mit zwei großen Happen herunter und warf auf dem Weg nach draußen den Teller in den Recycler. Ren saß in einem Lagerraum an einem Rechner. Es war ein neu eingerichteter Bereich, dessen Decke so hoch war, dass er nicht ständig den Kopf einziehen musste. Ringsherum standen blaue Plastikkisten, die mit starken Elektromagneten an den Boden geheftet waren. Außer ihren Schritten war kein Geräusch zu hören.
    »Was gibt es?«, fragte sie.
    Er trat zurück und nickte in die Richtung des Monitors.
    »Luftfilterdaten von der Seung UN «, sagte er.
    Ihr stockte das Blut in den Adern.
    »Warum?«, fragte sie zu scharf und zu schnell.
    »Eine Reihe von Ausreißern in den Daten hat ein Warnsignal ausgelöst. Ich betrachte gerade das Profil. Lauter energiereiches Zeug, Nitroethylene y sa.«
    Daran hatte sie nicht gedacht. Sie wusste, dass die Schiffe die Gase passiv überwachten, hätte aber nie vermutet, dass einzelne abgeirrte Moleküle ihres Sprengstoffs in den Filtern hängen blieben und dass irgendjemand es überprüfen würde. Ren fasste ihr Schweigen als Verwirrung auf.
    »Ich habe ein Profil erstellt«, fuhr er fort. »Neunzig Prozent davon passen zu einem plastischen Sprengstoff.«
    »Demnach haben sie Sprengstoff an Bord«, sagte Melba. »Es ist ein Kriegsschiff. Da ist so etwas doch normal, oder?« Verzweiflung und Verlegenheit rangen miteinander. Sie hatte es vermasselt. Sie wollte einfach nur, dass Ren den Mund hielt und nicht das sagte, was er von sich gab. Was er von sich geben wollte.
    »Der Sprengstoff entspricht eher dem, was man im Bergbau und bei Erdarbeiten einsetzt«, widersprach er. »Haben Sie nicht selbst das Deck inspiziert? Können Sie sich daran erinnern, etwas Seltsames bemerkt zu haben? Vielleicht war es schwer zu erkennen. Das Zeug ist wie Knetmasse, bis es mit Luft in Berührung kommt.«
    »Glauben Sie, es ist eine Bombe?«, fragte sie.
    Ren zuckte mit den Achseln. »Die Leute von den inneren Planeten sind meschugge. Einer hat mal versucht, sich selbst anzuzünden, eine Frau ist in den Hungerstreik getreten. Ein coyo hat mal was Komisches mit der Kamera gemacht.«
    »Das war nichts Politisches«, erklärte sie. »Er war ein Performancekünstler.«
    »Ich will nur sagen, dass wir eine Menge verschiedenartige Leute zusammenwürfeln, die ganz unterschiedlich denken. Dabei kann nichts Gutes herauskommen. Als ich noch klein war, haben meine Eltern sich scheiden lassen, weil sie sich nicht einigen konnten, ob der Erlöser auch ein Gürtler sein könne. Und unten in der Schwerkraftsenke schauen uns jetzt alle zu. Es verändert die Menschen, wenn sie so viel Aufmerksamkeit bekommen, aber

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