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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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besser werden sie dadurch nicht. Vielleicht will da jemand ein Statement abgeben, si no?«
    »Haben Sie die Sicherheitskräfte alarmiert?«, fragte sie.
    »Zuerst wollte ich mit Ihnen reden. Aber bei so einer Sache muss man den Cops was stecken. Geht nicht anders.«
    Ich muss ihn töten, dachte sie. Der Gedanke war so laut, als hätte ihn ihr jemand ins Ohr geflüstert. Er muss sich wieder auf den Bildschirm konzentrieren und sich ein wenig vorbeugen. Gerade weit genug, um den Nacken zu entblößen. Dann konnte sie die Zunge gegen den Gaumen pressen, mit den rauen Geschmacksknospen ein wenig den Gaumen kitzeln, und die Kraft erwachte in ihr. Sie würde ihn auf der Stelle vernichten und … und ihn in ihr Quartier schleppen. Sie konnte den Spind ausräumen und ihn hineinquetschen. Mit Dichtungsmittel konnte sie verhindern, dass der Geruch herausdrang. Sie würde ihn als vermisst melden und sich so ahnungslos geben, wie es die anderen waren. Wenn sie ihre Kabine aufgab und die anderen ihn fanden, wäre Melba längst über alle Berge. Selbst wenn man herausfand, dass sie auch die Bombe gelegt hatte, würde man einfach nur annehmen, sie sei eine von Holdens Agentinnen.
    Ren sah sie mit freundlichen braunen Augen an, das karottenrote Haar hatte er sich zu einem borstigen Pferdeschwanz zurückgebunden, der den Nacken frei ließ. Sie erinnerte sich, wie er ihr das Problem mit den Buffern dargelegt hatte, wie sanft er dabei gewesen war. Wie freundlich.
    Es tut mir leid, dachte sie. Es ist nicht meine Schuld. Mir bleibt nichts anderes übrig.
    »Lassen Sie uns noch einmal die Daten durchgehen.« Sie blickte zum Monitor. »Zeigen Sie mir die Anomalien.«
    Er nickte und drehte sich mit ihr zusammen um. Wie alles auf der Cerisier war auch diese Steuerung für Besatzungsmitglieder konstruiert, die kleiner waren als Ren. Er musste sich etwas vorbeugen, um das Display zu erreichen. Sie hatte einen Kloß im Hals. Eine Furcht, die sie fast überwältigte. Rens Pferdeschwanz rutschte zur Seite. Da war ein Muttermal, ein ovales braunes Muttermal, das sich genau dort, wo die Wirbelsäule in den Kopf mündete, wie eine Zielmarke abzeichnete.
    »Diesen Bericht hier habe ich mir angesehen.« Er tippte auf den Bildschirm.
    Melba presste die Zunge unter den Gaumen. Was ist mit Soledad? Sie war dabei gewesen, als Ren sie gerufen hatte, und wusste, dass Melba sich mit ihm treffen wollte. Vielleicht musste auch Soledad sterben. Wie konnte sie die zweite Leiche beseitigen? Es musste wie ein Unfall aussehen. Etwas Überzeugendes. Sie durfte sich nicht aufhalten lassen. Sie war so dicht vor dem Ziel.
    »Aber sie wird nicht hochgehen«, sagte er. »Der Pegel ist konstant.«
    Sie ließ die Zunge einmal gegen den Uhrzeigersinn kreisen und hielt inne. Ihr wurde schwindlig, der Atem ging schneller. Eine der künstlichen Drüsen war bereits aktiv und bereitete den Ausstoß vor. Sie konnte nicht mehr hören, was Ren sagte. Ihr eigener Atem und das Blut, das in den Ohren rauschte, waren zu laut.
    Ich muss ihn töten. Ihre Finger zitterten, das Herz raste. Er wandte sich an sie und schnaubte leise. Er war keine Person, nur eine Hülle aus Fleisch mit ein wenig elektrischem Strom. Sie konnte es tun. Für ihren Vater, für die Familie. Sie musste es tun.
    Als Ren weitersprach, schien seine Stimme aus weiter Ferne zu kommen.
    »Was meinen Sie? Tun Sie es, oder soll ich das machen?«
    Ihre Gedanken rasten und waren doch zu langsam. Er fragte, ob man die Seung Un über die Bombe informieren sollte. Genau das meinte er.
    »Ren?«, sagte sie. Es klang kleinlaut, fast flehend. Die Stimme eines viel jüngeren Menschen. Jemand, der große Angst hatte oder sehr traurig war. Er kniff besorgt die Augenbrauen zusammen.
    »He, Boss, stimmt was nicht?«
    Sie berührte den Bildschirm mit der Fingerspitze.
    »Sehen Sie noch einmal hin«, forderte sie ihn leise auf. »Sehen Sie sich das genau an.«
    Er drehte sich um und beugte sich vor, als gäbe es in den Daten tatsächlich etwas zu entdecken. Sie betrachtete seinen gebeugten Nacken wie eine Statue im Museum: als bloßes Objekt. Nichts weiter. Zweimal ließ sie die Zunge unter dem Gaumen kreisen, dann wurde sie ganz ruhig.
    Sein Hals brach mit einem Knacken, die Knorpel platzten heraus, die Nerven und Gefäße, die sein Leben gesteuert und erhalten hatten, zerrissen. Sie schlug auf seine Schädelbasis ein, bis der Knochen unter ihrer Handfläche nachgab. Dann war es Zeit, den Toten eilig zu verstecken, bevor jemand

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