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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Sie Ihren Schwanz in einen Schraubstock, Bull.«
    Bulls Handterminal zirpte.
    »Mister Baca?«, sagte Gathoni. »Sie sollten besser schnell in die Wache zurückkehren.«
    Sam legte den Trinkbeutel weg. Bulls Magen verkrampfte sich.
    »Was ist los?«, fragte er. Als Gathoni antwortete, klang ihre Stimme so beherrscht und ruhig wie die eines Sanitäters, der einen Verband verlangte.
    »Gerade ist der irdische Zerstörer Seung-Un in die Luft geflogen.«

14    Melba
    Als sie darüber nachgedacht und die letzten abschließenden Schritte ihres Rachefeldzugs geplant hatte, war sie sich vorgekommen wie die Dirigentin einer privaten Sinfonie, die vor dem präzise organisierten Chaos den Taktstock schwang. Allerdings lief es nicht wie geplant. An dem Morgen, als sie zur Thomas Prince übersetzte, wusste sie nicht einmal, dass der große Tag endlich gekommen war.
    »Alle Mann auf Gefechtsstation«, rief eine Männerstimme über den Rundrufkanal.
    »Ich wünschte, sie würden endlich damit aufhören«, sagte Melba. »Dabei bekomme ich immer das Gefühl, ich müsste dringend etwas tun.«
    »Schon klar, Boss. Sobald die mir ein Marinegehalt zahlen, springe ich auch, wenn sie nach mir schreien.« Soledads Stimme drang blechern aus dem kleinen Lautsprecher des Handterminals. »Hier oben ist nichts. Falls Stanni nicht doch noch etwas gefunden hat, können wir es eine Ebene tiefer noch einmal versuchen.«
    »Verstanden«, antwortete Melba. »Stanni, was haben Sie?«
    Auf dem Kanal herrschte Funkstille. Melba sah sich in dem Wartungsgang um, der einen halben Kilometer lang und bis auf Leitungen, Rohre und das Zugangsgitter, das sich auf jede Schubrichtung einstellen konnte, völlig leer war. Die einzigen Geräusche waren das Knarren, Fauchen und Murmeln der Thomas Prince . Die Sekunden dehnten sich.
    »Stanni?«, fragte Soledad voller Furcht. Dann knisterte es auf dem Kanal.
    »Perdón«, antwortete Stanni. »Hab mir eine verrückte Verdrahtung angesehen, aber das ist nicht der Fuchs, den wir jagen. War ein bisschen abgelenkt, aber hier ist alles klar, ich bin da.«
    Soledad stieß einen leisen Fluch aus.
    »Tut mir leid«, sagte Stanni noch einmal.
    »Schon gut«, schaltete sich Melba ein. »Haben Sie die Unterspannungspuffer überprüft?«
    »Hab ich.«
    »Dann machen wir jetzt auf der nächsten Ebene weiter.«
    Was sie überraschte und was sie nicht vorhergesehen hatte, war die Bereitschaft der Menschen auf der Cerisier , Rens Verschwinden dem Ring zuzuschreiben. Es kam höchst selten vor, dass Menschen auf einem Raumschiff verschwanden. Wie jedes andere Langstreckenschiff war auch die Cerisier ein geschlossenes System. Es gab keine Möglichkeit, aus diesem System einfach auszubrechen. Sie hatte mit den üblichen menschlichen Verdächtigungen gerechnet: Ren hatte jemanden verärgert, etwas gestohlen oder mit dem falschen Partner geschlafen und war beseitigt worden. Vielleicht hatte ihn jemand aus einer Luftschleuse gestoßen, ihn in einen Recyclingschacht geworfen und auf die Grundbausteine seines Körpers reduziert, um ihn anschließend im Wasser aufzulösen oder den Nahrungsmittelvorräten zuzuführen. Natürlich gab es Möglichkeiten, einen Toten zu verstecken oder zu beseitigen, aber es waren wenige, und keine davon blieb lange unbemerkt. Die Reisen zwischen den Planeten hatten den Mord nicht abgeschafft. Wenn viele hoch entwickelte Primaten ohne Unterbrechung monatelang in derselben Kiste hockten, musste man einfach mit einer gewissen Todesrate rechnen.
    Dieses Mal war es jedoch anders. Die Leute fanden es einleuchtend, dass jemand verschwand und vermisst wurde, sobald sie sich dem Ring näherten. Es kam ihnen einfach stimmig vor. Die ganze Reise stand unter einem schlechten Stern, und wenn sich die Menschen diesem unheimlichen, gefährlichen und verwunschenen Objekt näherten, mussten zwangsläufig auch eigenartige Dinge geschehen. Die anderen Mitreisenden reagierten gereizt, und das verschaffte ihr eine gute Deckung. Wenn sie weinen musste, glaubten alle, den Grund zu verstehen. Sie stellten sich vor, es sei die Angst.
    Melba schob das Diagnosegerät in das Etui zurück, stand auf und ging zum Aufzug. Die internen Wartungsaufzüge waren winzig und boten kaum genug Platz für einen einzigen Arbeiter mit seiner Ausrüstung. Wenn man mit ihnen zwischen den Decks hin und her fuhr, hatte man das Gefühl, in einen Sarg zu steigen. Als sie sich der nächst tieferen Ebene näherte, stellte sie sich vor, die Stromversorgung fiele

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