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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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wollte.
    Aus Leibeskräften schrie sie.
    Doch sie hörte nicht, wie sie schrie und mit den Füßen und mit den Händen gegen die Holzwände der Kabine trat und schlug, bis alle Kisten auf ihrem Dachboden umgefallen waren, alle Gedanken, jeder Trost und jede schöne Erinnerung sich vermischt hatten mit ihrer Angst; bis jede schöne Erinnerung einen Schatten hatte, der so finster war, dass Edda sterben wollte.
    Nichts mehr unschuldig.
    Nichts mehr rein.
    Die Kisten stürzten. Sie stürzten und stürzten.
    Und mit ihnen Edda.
    Und Eddas Welt.
    Sie krümmte sich auf dem Boden der Kabine, rollte sich wie ein Embryo ein und dann brach etwas in ihr, was sie immer zusammengehalten hatte und ihr letzter Gedanke war, dass alles infrage stand und gleichzeitig verschwand, als würde die Welt untergehen. Und ihr Inhalt würde durch Eddas Kopf fließen wie heißes Quecksilber, auf dem sich die Bilder spiegelten und veränderten und mit allem mischten, was sie von sich und ihrem Leben gewusst hatte; von den Menschen, die sie liebte und gleichzeitig hasste, weil sie ihr Angst machten, weil sie Macht über sie hatten und weil sie keine Wahl gehabt hatte, als sie zu lieben. Und sie hatten sie trotzdem allein gelassen und waren gestorben und Edda hatte ihnen nicht helfen können!
    Immer stärker begann sich aus all dem die einzige Frage zu formen, die Edda um jeden Preis verhindern wollte. Doch es gab nichts mehr, was sie der Frage entgegensetzen konnte.
    Und dann geschah das, wovor Edda sich am meisten gefürchtet hatte.
    Edda verlor ihren Verstand.
    [ 1321 ]
    Linus blieb stehen. Sein Herz klopfte. Sein Atem raste. Wo war Edda? Er nahm sie nicht mehr wahr. Er schaute sich um. Die Straße war dunkel. Nur noch in einer Wohnung brannte Licht. Im Souterrain ...
    [ 1322 ]
    Simon legte die Schalter zurück in ihre Ausgangsstellung.
    [ 1323 ]
    Immer schneller und lauter atmete Edda, stoßweise, wie Frauen bei einer Geburt. Verlor das Bewusstsein und blieb regungslos liegen. Merkte nicht mehr, dass ihr Gesicht weiß war und sich die Gliedmaßen zusammenrollten, wie sie es im Bauch ihrer Mutter getan hatten. Ihre Seele aber war so behütet, geschützt und geliebt, dass ein leichter Schimmer plötzlich den Raum erhellte, sich leiser Klang in ihr Atmen mischte, das immer ruhiger und gleichmäßiger wurde, bis sich ihr verkrampfter Körper entspannte und Edda nicht mehr auf dieser Welt war. Sie atmete jetzt leise und gleichmäßig. Ruhig und gelassen fast. In weitester Ferne tauchte ein Teil von ihr auf, der erleichtert war und der wusste, dass gut war, was geschah.
    Mit einem Mal merkte Edda, dass sie glücklich war.
    Nicht wahnsinnig.
    Nicht tot.
    Sie merkte, dass sie nichts auf der Welt brauchte als dieses Gefühl, dieses Etwas, das sie jetzt tief in ihrem Innern erfüllte. Edda war sie selbst. Verbunden mit allem anderen. Es war die Antwort auf die Frage ...
    Als sich die Tür zur Kabine wieder öffnete, lag Edda zusammengerollt auf dem Boden und schlief.
    Im selben Augenblick ging die Wohnungstür auf.
    Linus stand mit einem Dietrich in der Hand mitten im Raum, ging zu dem Vorhang, zog ihn zurück und erblickte Simon und Edda.
    [ 1324 ]
    Die Warnleuchte flackerte hektisch auf. Nervig wie ein billiger Wecker fiepte ein Ton durch die Einsatzzentrale von gene-sys . Die Frau war sofort an dem riesigen Bildschirm und erkannte, was der Auslöser für den Alarm war.
    „Kritische Masse!“, meldete sie in das Telefon. „Sie sind eingetroffen.“ – „Ja. Wie Sie gesagt haben. Alle drei. Level 17 wird vor Ort gemessen.“ – „Okay. Geb ich weiter.“
    Sie legte den Hörer des Telefons ohne Wählscheibe auf und rief von ihrem Handy eine eingespeicherte Nummer an.
    [ 1325 ]
    Clint war zurück in Berlin, als er den Anruf erhielt.
    Die Frau überspielte ihm die Adresse und den Grundriss der Wohnung auf sein iPad. Sie nannte ihm die Frequenz, mit der er die Aktivierung des Angstzentrums im Gehirn der drei Kids durchführen sollte. Das war sein Auftrag. Doch Clint war längst in eigener Mission unterwegs. Das wussten weder die Kinder, noch wusste es gene-sys . Clint musste sich schützen. Der Grund war Olsen.
    Er hatte diesen Saulus-Paulus-Idioten an einen sicheren Ort gebracht. Clint war bewusst gewesen, dass er Zeit brauchte, um Olsen zu bearbeiten. Es gab immer Mittel und Wege, Menschen zum Reden zu bringen. Und es gab Wege zu verhindern, dass sich Olsen aus der Affäre zog, bevor er gequatscht hatte.
    Als Olsen versucht hatte, seine Zunge zu

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