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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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sich.
    Diese Nachricht passte perfekt zu der Endung, die Edda beim Skypen gesehen hatte. Linus googelte den Namen dieser Firma: gene-sys inc . Filialen in zahlreichen großen Städten auf der ganzen Welt. Messung, Schaffung und Auswertung von menschlichem Potenzial und menschlichen Ressourcen.
    Linus stutzte. Was sollte das bedeuten? Epivolution stand da als Überschrift für einen kritischen Artikel über das Unternehmen. Die Prägung von Chromosomen durch menschliche Erfahrungen. Linus war verwirrt und gleichzeitig beschlich ihn ein ungutes Gefühl. gene-sys beschäftigte sich mit genetischen Informationen und wie sie isoliert, abgerufen, verschlüsselt und digitalisiert werden konnten ... Das war es! Das war die Brücke zu seinen Eltern. Zu den Pflanzen.
    Als Linus in die Wohnung zurückkam, schallte ihm Grammofonmusik entgegen. Edda und Simon hatten Kostüme aus der Truhe mit den Zaubersachen angezogen und tanzten eng umschlungen zu einem langsamen Lied. Obwohl Simon schmächtiger war als Linus, sah er mit dem geschorenen Kopf und dieser merkwürdigen Tätowierung erwachsener aus als er. Plötzlich kam sich Linus wie ein kleiner Junge vor.
    „Ich weiß jetzt, wer uns hierher gelotst hat!“, sagte Linus, als die Platte zu Ende gespielt war.
    „Hauptsache, wir sind wieder zusammen!“, rief Edda angesäuselt und Simon legte eine neue Platte auf. Swing-Musik aus den Dreißigerjahren erfüllte die Kellerräume.
    Linus trat zum Grammofon und nahm die Nadel von der Platte. „Wenn es stimmt, was ich denke, dann haben die mit uns experimentiert ...“
    „Mann Linus, entspann dich doch mal!“
    Edda nahm Linus das I-Phone aus der Hand und versuchte, ihn an sich zu ziehen. Simon legte die Nadel wieder auf den Teller. Edda begann, mit Linus zu tanzen, aber Linus blieb stehen.
    „ gene-sys arbeitet an der Manipulation von Hirnfrequenzen!“, schrie er gegen die Musik an.
    „Geil!“, rief Edda Simon zu und meinte die Musik.
    „Sie arbeiten daran, die Erlebnisse, Erfahrungen, das Wissen der Menschen zu digitalisieren ...!“, rief Linus. Viel zu laut und wütend. Edda nahm einen Mundvoll Champagner aus der Flasche, so viel, dass es ihr fast die Wangen sprengte, legte die Arme um Linus und küsste ihn auf die Lippen. Dabei ließ sie den süßen Alkohol in seinen Mund rinnen. Linus schluckte und küsste Edda gleichzeitig.
    „Zigeunerkuss!“, rief Edda ausgelassen, ließ von Linus ab und nahm abermals einen Mundvoll. Jetzt bekam Simon seinen Zigeunerkuss und sie tanzte mit ihm.
    Linus’ Widerstand floss dahin. Er ließ sich von Edda einen weißen Zylinder aufsetzen. Edda bewegte ihren gelenkigen Körper zu der Musik und Linus genoss es, ihr dabei zuzusehen und sich von ihren Augen und ihren Bewegungen zum Mittanzen animieren zu lassen. Auf einmal war es ihm gar nicht mehr peinlich, sich der Musik hinzugeben und seine Arme und Beine einfach machen zu lassen, als handelten sie ohne sein Zutun. Immer wilder und ausgelassener wurde sein Tanzen. Und es fühlte sich großartig an. Wegtanzen! Alles wegtanzen, was einen bedrückte! Und Edda lachte ihr herrliches Lachen. Sie trug eines der Kleider ihrer Großmutter und schien damit wie einer vergangenen Zeit entstiegen. Simon wirkte cool im Frack des Großen Furioso. Linus trug den weißen Zylinder und tanzte, als wüsste er gar nicht, wie man schweren Gedanken nachhängt.
    Sobald eine der alten Platten abgespielt war, kramte Simon eine neue hervor. Die Stimmung wurde immer unbeschwerter. Als das Grammofon allmählich langsamer wurde und mit ihm die Musik, bewegten sie sich wie in Zeitlupe. Sie lachten. Lagen sich in den Armen, fielen auf den Boden und blieben nebeneinander liegen, bis es still wurde.
    Edda war plötzlich schlecht.
    „Holla, die Waldfee, bei mir dreht sich alles“, sagte sie und setzte sich auf.
    Simon suchte weiter in den Platten und fand eine, auf deren Hülle aus Packpapier »Abaton« stand. Irgendwo hatte er das Wort schon mal gelesen, konnte sich jedoch nicht mehr erinnern, wo. Egal. Er legte die Scheibe auf den Teller, kurbelte das Grammofon an und setzte den Tonabnehmer mit der dicken Nadel auf. Es knisterte und rauschte, doch statt Musik erklang plötzlich eine menschliche Stimme, die blechern, aber sympathisch zu sprechen begann ...
    „Herzlich willkommen! Edda, Linus, Simon ...“
    Die drei schauten sich an.
    „Hier spricht Carl Bernikoff. Herzlich willkommen in meiner Wohnung.“
    Edda kicherte und hob ratlos die Schultern. Sie und Linus traten

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