Abaton
das Handy von Edda, schob den Akku hinein und rief seine eigene Nummer an. Er schaute zu der Fetten. Die hatte aufgehört zu telefonieren, hörte das Klingeln, zögerte und meldete sich.
„Wa’?“
„Polizeiinspektion Yorckstraße“, sagte Linus mit tiefer Stimme. „Wir haben soeben beobachtet, wie Sie ein Handy gestohlen haben. Sehen Sie die Kameras über sich ...“
„Aba ...“ Die Fette glotzte hoch und sah wirklich eine der Kameras, die den Bahnsteig überwachten.
„Det wa’ im Müll ...“
„Es war ein Test von uns. Wenn Sie keinen Ärger haben wollen ...“
„Is’ ja jut ...“ Sie hielt das Handy vor die Kamera. „Det unsaeins ma’ wat abkrischt vom Kuchen ... denkste!“ Mit dem erhobenen Handy schlurfte sie mit ihrem Wägelchen zum Mülleimer zurück und legte das Handy wieder rein. Dann drehte sie sich um und begab sich zum nächsten Mülleimer. Da hatte Linus sein I-Phone schon wieder eingesteckt.
Als die S-Bahnen einfuhren, bemühten sich ihre Verfolger gar nicht mehr um Unauffälligkeit. Keiner hatte das Zielobjekt, die drei Jugendlichen, bisher entdeckt und sie blickten sich hektisch um.
Die alte Frau mit dem dicken Dackel stieg in einen der mittleren Waggons in Richtung Stadtmitte.
[ 1146 ]
„In der S-Bahn. Sie sind in der S-Bahn!“ Clint bekam die Nachricht aus der Zentrale. „S-Bahn Richtung Bahnhof Zoo!“
Clint zweifelte. Sie hatten den Bahnsteig abgesucht.
„Keine Kinder zu sehen!“, bellte er zurück.
Gegenüber auf dem Bahnsteig sah er, wie die verspätete S1 einfuhr. Und wie verschiedene Grüppchen von Jugendlichen einstiegen. Er dachte nach. Dann gab er drei seiner Leute das Zeichen, in die S-Bahn Richtung Stadt einzusteigen.
[ 1147 ]
Linus, Edda und Simon bestiegen die S-Bahn stadtauswärts. Sie beobachteten, wie drei der Verfolger in den Waggon stiegen, in dem schon die Frau mit dem Hund saß. Sie grinsten. Klatschten sich siegessicher ab. Doch sie sahen nicht, dass die anderen Männer durch die Unterführung sprinteten.
Und in letzter Sekunde den Zug erreichten, der Berlin Richtung Süden verließ ...
[ 1148 ]
Am Ende der ersten Nacht im Camp kehrte Linus kurz vor dem Wecken zum Zelt zurück. Unbemerkt von den beiden anderen, schlüpfte er wieder in seinen Schlafsack. Er rollte sich mit dem Gesicht zur Zeltwand und starrte auf den Fleck, den die aufgehende Sonne von draußen auf den Stoff malte. Linus spürte, wie sich ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit in ihm ausbreitete, dem er keinen Raum geben wollte. Er war sich jetzt sicher, dass sie überwacht wurden. Aber wie machten die das? Kontrolle funktioniert am besten über Sender und Empfänger. Er, Edda, Simon mussten Sender sein. Nur wie?
Er holte sein Handy aus der Tasche und googelte den Begriff »Überwachung«. Über sieben Millionen Einträge. Linus klickte sich durch die ersten Links. Wikipedia, ein paar Videos zum Thema, unendlich viele Seiten von diversen Verschwörungstheoretikern. Linus gab auf.
Mittels eines Adapters schloss er einen kleinen USB-Stick an das I-Phone an. Alle Informationen, die Linus gesammelt hatte, befanden sich auf diesem Stick. Damit er sie immer bei sich tragen konnte. Er wollte sich ablenken, suchte nach einem Spiel, landete jedoch unwillkürlich wieder bei seinen Rechercheergebnissen über das Verschwinden seiner Eltern. Diese Sentimentalität gefiel ihm nicht. Bin doch keine Heulsuse, dachte er und blätterte weiter durch die Informationen. Nein, er hatte wirklich nichts vergessen. Davon war er fest überzeugt und das beruhigte ihn etwas. Er schloss die Datei, zog den Stick wieder ab und steckte ihn in die Hosentasche. Doch was er vor Kurzem, am Ende der Nacht, beobachtet hatte, war alles andere als beruhigend. Da half auch keine gute Vorbereitung.
„Hi!“, sagte Edda plötzlich leise, um Simon nicht zu wecken, und merkte, wie Linus erschrak.
„Gut geschlafen?“
„Würd am liebsten weiterpennen ... dann könnt ich mich wenigstens um das Museum drücken. Das wird total öde. Hundertpro“, sagte Edda. „Hast du Netz hier?“, fragte sie.
Linus nickte.
Simon räkelte sich unter seiner Decke und schaute verschlafen hervor. Süß, dachte Edda.
„He! Wer hat die meisten Mückenstiche ...?“, fragte sie fröhlich und begann gleich, bei Simon zu zählen. Doch mehr als zwei konnte sie nicht finden. Dann wandte sie sich Linus zu. Aber der hatte keinen Kopf für diese Spielchen.
„125“, sagte er trocken. „Hab gewonnen.“
„Riecht man“, sagte Edda, um
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