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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kraemer
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eigentlich als Parodie gedacht war, gelang ihr so gut, dass Simon und Linus bei diesem Anblick tief durchatmen mussten. Edda lehnte an der Badezimmertür, lächelte müde und gähnte, bis ihr Tränen in die Augen stiegen. Die Aussicht auf etwas Ruhe zwischen ein paar Wänden, die so etwas wie ein Zuhause waren, übermannte sie. Wenige Minuten nachdem sie die Waschmaschine angestellt und nacheinander geduscht hatten, kletterten Edda und Simon auf das Hochbett und legten sich unter die Decke. Wie gut es tat, wieder in einer Wohnung zu übernachten. In einem richtigen Bett. Edda schaute zu dem hellen Viereck des Fensters hinaus in den grauen Hof. Doch ihre Gedanken waren bei dem Jungen, der hinter ihr lag.
    Sie spürte seinen Blick in ihrem Nacken und verhielt sich komplett still. Sie lauschte auf sein Atmen. Was er wohl von ihr dachte? Eigentlich hatte sie anfangs gedacht, sie würde Simon gefallen. Doch je mehr Zeit sie miteinander verbrachten, desto mehr zog sich Simon vor ihr zurück. Seltsam, dachte Edda, dass sie sich umso mehr Gedanken um ihn machte.
    Simon lag da und beobachtete, wie sich Eddas Oberkörper beim Atmen hob und senkte. Ihre noch feuchten Haare lagen ganz nah bei ihm. Sie wellten sich und es sah aus, als lockten sie ihn. Vorsichtig streckte er die Hand aus und berührte zart die Spitzen. Er wartete ab. Edda reagierte nicht. Also ließ er seine Hand liegen. Und es beglückte ihn, wie sein Herz zu pochen begann. War das nicht ein gutes Zeichen?
    Linus stand noch unter der Dusche, aus der nur noch wenig warmes Wasser tröpfelte. Kurz entschlossen drehte er das kalte auf und ließ es an seinem Körper abprallen, bis die Kälte die Oberfläche seiner Haut betäubte und die Gedanken und Gefühle sich zurückzogen aus seinem Körper in seinen Kopf, an einen einzigen Platz, wo sie sich schließlich zu einem kleinen Punkt zusammenballten. Er versuchte so lange wie möglich aufrecht stehen zu bleiben, aber je länger das Wasser lief, desto kälter wurde es und schließlich klappte er zusammen wie ein Taschenmesser und sprang aus der Dusche. Er riss ein Handtuch vom Haken, rubbelte sich keuchend und zitternd ab. Dann ging er zurück in die Küche. Er stellte sein Notebook auf den Tisch, um sich einzuwählen. Unter der Dusche waren ihm seine „Flanders“ zu Hause in Köln eingefallen. Dass sich sein Pflegevater, der gute Rob, inzwischen aus Sorge auf die Suche nach ihm machte, konnte Linus gar nicht gebrauchen. Also schickte er eine kurze Mail, dass es ihm gut gehe. Für einen Moment überlegte er, ob er sich auch bei Judith melden sollte. Aber dann kam ihm das eitel vor. Als könnte er davon ausgehen, dass sie sich um ihn sorgte. So ein Quatsch. Wobei ... Linus gefiel der Gedanke, dass da vielleicht jemand war, der sich Sorgen um ihn machte, weil er ihn ganz einfach mochte. So wie er war. Bei Judith konnte er da sicherer sein als bei Edda. Judith hatte schließlich mit ihm schlafen wollen. Das dämliche Sprichwort vom Spatz und der Taube kam Linus in den Sinn. Er hockte vor der Tastatur seines Laptops. Ein Mailfenster war geöffnet und Judiths Adresse war schon eingegeben. Was schreiben? Linus wischte mit den Fingern über die Buchstaben. Irgendwie war es ihm vor sich selber peinlich, was Nettes zu schreiben. » Hi, alles cool hier. Miss u « schrieb er dann, schickte es ab und ärgerte sich, dass er die » send « -Taste gedrückt hatte. » Alles cool hier. Miss u «, so ein Scheiß.
    Er klappte das Notebook zu und kletterte zu den anderen beiden ins Hochbett. Er sah Simons Hand auf Eddas Haaren. Irgendwie konnte er in diesem Moment nicht eifersüchtig sein. Warum
sollte ein Mädchen nicht mit zwei Jungs befreundet sein? Warum nicht auch mehr als nur befreundet? Da keine Decke mehr übrig war, rollte er sich ein und war in wenigen Minuten eingeschlafen.
    | 2112 |
    Auf dem Bildschirm in der Zentrale von GENE-SYS blinkte für einen Augenblick, einen kurzen Augenblick, das Gesicht des frisch geduschten Linus auf. Dann verschwand es wieder.
    Es hatte sich gelohnt, dass es der Leiterin des Camps gelungen war, Linus’ Neugier auszunutzen und ihm einen Spy-Virus auf seinen Computer zu spielen. Das Einschalten hatte ausgereicht, Kontakt zu den Überwachungsrechnern von GENE-SYS herzustellen. Die Frau an dem gläsernen Monitor musste nur noch das angezeigte Signal aufrufen und die Koordinaten des Aufenthaltsortes von Linus wurden sichtbar. Sie verglich sie mit den drei Signalen, die stetig auf dem digitalen

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