Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)
lächelte. Hat immer wieder was von einer Teufelsaustreibung, dachte er bei sich. Wer weiß, vielleicht war es ja das wissenschaftliche Äquivalent zu diesem katholischen Ritus, was er da vor so vielen Jahren schon entdeckt und immer weiterentwickelt hatte.
Dr. Fischer erhöhte ein letztes Mal die Frequenz. Wenn er recht hatte, würde in Kürze Olsens Gehirn wieder in jenem Zustand sein, den er vor vielen Jahren bei ihm erzeugt hatte. Ein » Manchurian Candidate « , wie man sie in dem Hollywoodstreifen gesehen hatte. Dr. Fischer hatte sich die Filme amüsiert angesehen. Wie wunderbar doch die Fiktion funktionierte, um die Wahrheit für die Menschen ad absurdum zu führen. Nichts hätte mehr helfen können, seine Arbeit und die seiner Kollegen besser zu verstecken, als die Verwurstung durch die Medien. Dr. Fischer erinnerte sich an das Sprichwort vom Teufel. Dessen schlaueste Tat es gewesen war, den Menschen zu vermitteln, dass es ihn nicht gibt.
Olsen sackte im Stuhl zusammen. Dr. Fischer staunte. Er kontrollierte den Puls und die Reaktion der Pupillen. Olsen war ohnmächtig
geworden. So schnell hatte Dr. Fischer das nicht erwartet. Er schaltete den Frequenzapparat aus und kümmerte sich zuerst um Elisabeth. Willenlos nickte sie, als er ihr erklärte, dass sie blass aussehe und er ihr ein Kreislaufmittel geben würde. Das Sedativum, das er ihr dann sprizte, würde sie genügend lange dämmern lassen. Dann kümmerte sich der Wissenschaftler wieder um Olsen. Dr. Fischer musste behutsam vorgehen. Er zog eine Spritze mit Adrenalin auf. Vorsichtig führte er es Olsens Körper zu. Olsen regte sich. Dr. Fischer zog die Spritze aus dem Körper seines Gegenübers und wartete.
| 2118 |
Ruhig stand Greta vor dem Zimmer mit dem kleinen Glasfenster und lauschte auf das Geschrei, das trotz der schalldichten Tür an ihre Ohren drang. Durch das Spiegelglas sah sie, wie Simons Mutter einen Haufen Papiere vom Tisch wischte und durch den Raum schleuderte. Gretas Mitarbeiterin, die Frau, die das Camp geleitet hatte, wich vor Schreck einen Schritt zurück. Simons Mutter setzte ihr nach. Das Übliche, dachte Greta. Immer waren die Eltern der schwierigste Teil eines Experiments. Kaum jemand schien in der Lage, dauerhaft seine Brut- und Nestinstinkte zu überwinden. Auch nicht für eine höhere Sache oder die Zukunft der Menschheit. Wie sehr verachtete sie diese ängstlichen Glucken und Berufsväter, die ihre Kinder zum Lebensinhalt gemacht hatten und sich an sie klammerten, anstatt eine Vision für die Zukunft zu entwickeln. Zukunft, das war es, wofür Kinder standen, und nicht für die verpfuschten Leben ihrer Eltern. Falsche Erziehung war der Hauptgrund für den Zustand der Welt. Wieso glaubten Eltern, nur weil sie über Ei- und Samenzellen verfügten, dass sie auch etwas von ihrem Kind verstanden? Gerade diese hier! Schließlich war Simons Mutter schon ein Sohn gestorben!
Je älter Greta wurde und sich von den Anforderungen entfernte, die die Biologie an sie stellte, desto lästiger wurden ihr diese hormongesteuerten jungen Menschen. Greta atmete tief durch, hob ihre Mundwinkel, setze ein Funkeln in ihre Augen und straffte die Haltung ihres Körpers. Dann öffnete sie die Tür, trat lächelnd ein und sondierte die Körpersprache der Anwesenden. Simons Mutter hatte geweint, doch ihre Trauer war bereits in Wut umgeschlagen.
„Was habt ihr mit Simon gemacht?“ Simons Mutter sprang auf Greta zu und Greta suchte Halt an einem Tisch an der Wand. Der angespannte Körper der Frau schien kurz vor der Explosion zu stehen. Mumbala stand hinter ihr und gestikulierte. Er war sichtlich erregt. Er machte sich vor allem Sorgen um Simons Mutter, dachte Greta.
„Barbara, bitte.“ Greta senkte ihre Stimme etwas und lächelte verständnisvoll. Dabei blickte sie Simons Mutter direkt ins Gesicht. Augenkontakt und eine ruhige, aber bestimmte Ansprache waren in solchen Fällen das einzig Richtige. Greta beherrschte diese Techniken aus dem Effeff. Die meisten Menschen funktionierten wie Maschinen, wenn sie von den großen menschlichen Themen betroffen wurden: Trennung, Angst, Freude, Liebe ... Tod.
„Nixe Barbara“, mischte sich Mumbala ein. „Du haben die Kind! Wo ist?“
Die Pupillen von Simons Mutter waren geweitet. Sie hat von der Schießerei gehört, dachte Greta und konnte die Sorge von Simons Mutter nachvollziehen. Die Sache war aus dem Ruder gelaufen. Greta hatte der Polizei nur einen anonymen Hinweis auf Edda, Linus und Simon gegeben.
Weitere Kostenlose Bücher