Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)
Louise besorgt. Greta hatte es ihr versprochen.
„Marie wird durch die Erinnerungen, die wir in ihr stimulieren, die Emotionen alle noch einmal durchleben. Das kann durchaus mit Stress verbunden sein“, antwortete Victor. „Genau wie im realen Leben.“
Greta bemerkte, dass das Louise irritierte. Sie wusste, wie sehr Louise an ihrer Zwillingsschwester hing. Greta selbst verabscheute soziale und familiäre Bindungen jeder Art. Was für ein nutzloser Ballast.
„Sie ist in guter Verfassung. Hast du doch gehört“, versuchte sie Louise zu beruhigen. Sie konnte ihre Ungeduld kaum verbergen. In Boston hatte Victor in den letzten Jahren an einem Computerprogramm gearbeitet, das es möglich machte, menschliche Gedanken als Bilder auf einen Monitor zu bringen. Bisher hatte er seine Versuche nur in den Gefängnissen von Weißrussland, Simbabwe und Libyen unternehmen können, nicht immer mit Erfolg. Außerdem waren viele der Menschen, die dort sein Versuchsmaterial gewesen waren, traumatisiert; was sie erlebt hatten, war, ebenso wie die Fantasien und Erinnerungen, die daraus resultierten, zu außergewöhnlich, als dass man die Ergebnisse auf normale Menschen hätte übertragen können.
Victor ist anders als Bixby, dachte Greta. Mit ihm hatte sie sich wegen der Zusammenarbeit mit Diktaturen zerstritten; er hatte Skrupel. Victor dagegen wollte forschen. Um jeden Preis herausfinden, woraus der Mensch gefertigt war. Was das Böse und was das Gute war; was das Göttliche und was das Allzumenschliche.
Der Menschenversuch begann.
| 2205 |
„Lorraine ... wie die Quiche“, sagte der Mann mit der modernen Nerdbrille und der freiwillig rasierten Glatze. Er streckte Edda, Simon und Linus die Hand entgegen. „Ihr kommt also von einer Schülerzeitung ...“
Die drei nickten. Sie hatten sich für den Besuch der Boulevardzeitung einen Plan zurechtgelegt. Sie berichteten von Hörensagen und Gerüchten und taten so, als wollten sie sich erkundigen, wie man in diesem Falle richtig recherchieren könnte.
„Deshalb hat man uns zu Ihnen geschickt“, sagte Edda. Der Reporter fühlte sich geschmeichelt.
„Eugene“, stellte er sich vor. Er fühlte sich jung genug, die drei zu duzen. Edda, Simon und Linus stellten sich als Esther, Tristan und Vincent vor. Die Namen hatten sie auf dem Weg zur Zeitung ausgesucht. Auf Plakaten von Museen und der Oper hatten sie sie gefunden. Vincent van Gogh, Tristan und Isolde. Und da Edda nicht Isolde heißen wollte, nahm sie den Namen einer Pianistin, die in Kürze ein Orgelkonzert geben würde.
Die drei hatten beschlossen, dass Edda reden sollte, falls sie an einen männlichen Reporter geraten würden; Linus hätte reden sollen, wenn es eine Frau gewesen wäre. Also berichtete Edda von dem angeblichen Gerücht, dass sich am Teufelsberg unter der alten amerikanischen Abhöranlage ein Konzern mit Labors und Büros eingerichtet hatte. Und dass dieser Konzern seltsame Dinge betrieb.
„Wir haben gehört, dass dort Menschen gefangen gehalten werden“, sagte Edda und tat so, als nähme sie das nicht ganz ernst. Auch weil Eugene nur milde dazu lächelte.
„Und wie heißt dieser Konzern? CIA?“ Eugene lachte. Und Edda musste sich bemühen mitzulachen.
„ GENE-SYS “, sagte sie.
Eugene hörte auf zu lachen. Er drehte sich zu seinem Computer um und gab den Begriff bei Google ein, wo er nur ein paar Hinweise auf einen Technologie-Konzern fand, der weltweit präsent war. Doch genau die Beliebigkeit dieser Informationen weckte Eugenes Interesse. Der Reporter kannte das von Recherchen über andere Konzerne. Milliardenschwer und doch kaum sichtbar in der Öffentlichkeit. Da ging es meist um Waffen oder den Abbau von seltenen Erden oder Öl und Gas. Eugene Lorraine hatte Blut geleckt. Das konnten die Kinder erkennen. Sie fragten, wie sie weiter damit umgehen sollten. Eugene überlegte kurz, dann versprach er, sich selber ein wenig schlauer zu machen.
„Melde mich“, sagte er noch und machte mit Daumen und kleinem Finger das Zeichen für ein Telefon. „Nummer?“, fragte er.
Linus gab ihm die Nummer seines Handys. Er hatte sich eine Prepaid-Karte für das Handy, das ihm Bobo gegeben hatte, besorgt. Der Reporter versprach, in den nächsten 24 Stunden anzurufen und zu berichten, was er herausbekommen hatte.
Edda, Simon und Linus stopften sich voll. Croissants, Toasts, Marmelade, Eier, Käse und Wurst. » All you can eat « , das war exakt das, was sie gebraucht hatten. Und sie hatten es gefunden. In
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