Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)
Gärtnerei ordnete ein älterer Mann mit einem Gabelstapler Paletten. Ohne zu grüßen, marschierte Clint an ihm vorbei zu Olsens Häuschen. Er hätte nie damit gerechnet, dass er jemals hierhin würde zurückkommen müssen. Aber wenn Linus hier seine Reise nach Berlin begonnen hatte, dann wollte Clint auch hier seine Spur aufnehmen. Ohne großes Aufsehen zu erregen, gelang es ihm, die Tür zu öffnen. Sie war nur ins Schloss gefallen. Alle Sicherheitsvorkehrungen, die Olsen eingebaut hatte, waren ungenutzt oder ausgeschaltet. Clint sah sich in den drei Räumen des Gartenhauses um. Schnell fand er die winzigen Überwachungskameras, die Olsen installiert hatte. Genauso schnell wurde Clint klar, dass der Rechner, auf dem die Bilder gespeichert worden waren, verschwunden war. Er fand das Rechteck, das jemand im Staub nachgezeichnet hatte. Jemand, der den Computer vermisste? Clint überlegte. Wer hätte das sein sollen? Olsen wäre der Einzige gewesen. Doch der lag gut verpackt auf dem Grund des Edersees. Clint war ein Meister darin, unwichtige Fragen nicht in sein Hirn eindringen zu lassen. Er wusste, dass es viele Fragen gab, auf die er keine Antworten finden musste. Er verließ sich lieber auf seinen Instinkt. Und der sagte ihm, dass Linus Olsens Computer mitgenommen haben musste.
„Kommissar Neumann“, stellte Clint sich vor und zeigte kurz seinen Ausweis. Rob schaute nur oberflächlich darauf und nickte. Er stand in der Haustür und trug eine Schürze. Mehlig waren seine Hände.
„Weihnachtsbäckerei“, entschuldigte er sich und bat Clint herein. „Es geht um Linus?“, fragte Rob und fürchtete, dass dieser Kommissar eine schlechte Nachricht hatte. Clint nickte. Aus der Küche hörte man munteres Geschrei. Eine Mehlstaubwolke puffte bis in den Flur und Rob ging voran in sein kleines Büro.
„Ist was passiert?“, fragte er.
„Keine Sorge“, beruhigte Clint. „Ich will nur für die Berliner Kollegen ein paar Dinge abklären.“ Dann fragte er nach möglichen Adressen in Berlin.
„Er sprach von einem Freund“, sagte Rob. Aber er konnte sich an den Namen nicht mehr erinnern. Das hatte er schon alles den Beamten gesagt, als er Linus vermisst gemeldet hatte.
„Ich weiß“, log Clint. „Routinesache, dass wir noch mal nachfragen.“
„Seltsam“, sagte Rob. „Ich telefoniere täglich mit Ihren Kollegen in Berlin. Die wissen alles. Ich hab keine Ahnung, was ich Ihnen noch sagen kann.“
„Vielleicht, wo er sich gerne aufhält.“ Bei Robs „seltsam“ hatten sich Clints Muskeln angespannt. Er war bereit, bei dem kleinsten Verdacht sofort zu reagieren. Aber er hatte sich wieder entspannt.
„Ja ...“ Rob nickte. „Es ging ihm die ganze Zeit um seine leiblichen Eltern. Sie sind bei einem U-Bahn-Unglück verschwunden“, erklärte er.
„Ich weiß“, sagte Clint.
Das fröhliche Gebacke war inzwischen in Gezeter übergegangen. Die Zwillinge brüllten und Rob entschuldigte sich, um den Streit zu schlichten. Clint nutzte den unbeobachteten Moment sofort. Zielstrebig griff er nach dem Tischtelefon von Rob, drückte ein paar Tasten und lächelte. Er konnte eine stumme Anrufweiterleitung aktivieren. Clint gab als Zielnummer die Nummer seines Prepaid-Handys ein. Dann legte er das Telefon wieder auf und wartete. Als Rob zurückkam, erhob sich Clint.
„Tja, ich glaub, wir haben es eigentlich“, sagte er. „Tut mir leid, wenn ich gestört habe. Behörden. Da weiß leider die Rechte oft nicht, was die Linke tut.“
„Linus ist ein guter Junge“, sagte Rob zum Abschied. „Ich bitte Sie inständig, alles zu tun, dass er zurückkommt. Er wird sicher nach seinen Eltern suchen. Aber er muss das lassen, wenn er gesunden will. An Leib und Seele ...“
„Meine Rede“, sagte Clint und verschwand. Erst als er wieder auf der Straße stand, hielt Clint kurz inne. Hatte er da im Hinausgehen nicht diesen Hund gesehen? Olsens Hund? Er sah zurück zum Küchenfenster. Ein Mädchen hatte den Hund auf dem Arm. Clint hatte keine Ahnung, dass es Judith war, doch Timber erkannte er wieder. Er wog blitzschnell ab, ob er zurückgehen sollte. Dann aber entschied er sich, in seinem Wagen zu warten, bis das Mädchen das Pfarrhaus verließ. Clint überlegte, ob es klug gewesen war, diese Aktion alleine durchzuführen. Er hätte jetzt einen Kameraden brauchen können, der diesem Mädchen folgte. Olsen kam Clint in den Sinn. Er war wieder in der Spur, hatte Dr. Fischer bei seinem Anruf vor kurzem gesagt.
Clint hatte nicht
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