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ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

Titel: ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jeltsch
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zuvorgekommen.
    „Hamburg Hauptbahnhof, gell?“ Sie lächelte. „Den Fahrschein, bitte.“
    Simon nickte und griff in seine Hosentasche, wo er das Ticket verstaut hatte. Locker und beiläufig sollte es wirken, wie er den Fahrschein übergab. Aber so richtig gelang ihm das nicht. Die Schaffnerin prüfte das Ticket, runzelte die Stirn.
    „Du fährst mit einem Seniorenticket?“
    Noch wirkte sie überrascht.
    „Echt?“ Simon tat unschuldig. „Nee, ne?“ Er griff nach dem Ticket, als wollte er es sich ansehen, da zog die Schaffnerin es aber schnell an sich.
    „Und was ist das eigentlich?“, fragte sie und deutete auf Simons Manipulationen beim Datum.
    „Der Regen“, sagte Simon.
    „Da isses exakt beim Datum so nass geworden, dass man’s nich mehr lesen kann ...“ Die Schaffnerin sah ihn jetzt kalt an. „Das kannste einem erzählen, der mit’m Klammerbeutel gepudert is, Freundchen. Aber nich mir!
    „Ich versteh nicht, was Sie meinen. Klammerbeutel?“
    Simon spürte, wie die Blicke der anderen Fahrgäste auf ihm lasteten, und nahm das Kopfschütteln einer Frau neben ihm wahr.
    „Hören Sie ...“ Simon versuchte es auf die nette Tour. „In Berlin holt mich meine Mutter am Gleis ab. Sie wird das Ticket zahlen.“
    Er setzte seinen treuesten Blick auf. Noch war nicht klar, ob es wirkte, also legte er nach. „Ich bin in einem Internat und die wollten mich nicht weglassen. Dabei geht es meinem Vater so schlecht. Ich weiß nicht, ob er sterben wird. Ich hab das heute Morgen erfahren und ich wollte ihn ... wollte ihn einfach nur noch einmal sehen ...“
    Ganz kurz schien es Simon, als hätte er das Herz der Schaffnerin erweicht.
    „Glauben Sie ihm kein Wort!“, drang eine tiefe Stimme plötzlich an Simons Ohr. „Der nutzt nur unsere ehrlichen Fahrgäste aus.“
    Wie Moses das Meer, so teilte der Kollege der Schaffnerin die Massen von Fahrgästen und stand schon hinter Simon, bevor der verstanden hatte, was vor sich ging. Der Schaffner packte Simon am Schlafittchen und schob ihn vor sich her. Davon in die Richtung, aus der die Schaffnerin gekommen war. Normalerweise hätte Simon sich gewehrt, geschrien oder dem Mann einen Tritt versetzt, der ihn so unverschämt anpackte, aber im Augenblick hatte er keine Kraft mehr. Es war fast, als wäre es ihm recht, abgeführt zu werden. Irgendwohin. Seinetwegen sollten sie ihn festnehmen.
    Ein Fahrgast applaudierte. Zustimmendes Murmeln war zu hören und die Schaffnerin schaute nur verdutzt hinterher. Dann widmete sie sich wieder ihrer Arbeit. Gut fühlte es sich an, die Zustimmung der älteren Reisenden zu erhalten. Sie hatte alles richtig gemacht.

    „So, Freundchen ...“
    Endlich blieb Simon stehen. Der Schaffner schubste ihn nicht mehr voran. Sie waren jetzt allein im Dienstabteil und der Schaffner hatte die Tür geschlossen. Langsam drehte Simon sich um, als der Schaffner ihn packte und umarmte.
    „Freundchen, Freundchen, Freundchen ...“
    Es dauerte einen Augenblick, bis Simon sich aus der überschwänglichen Begrüßung lösen konnte – dann schaute er in das runde Gesicht von Bobo.
    „Moment.“ Bobo holte ein Handy aus der Tasche, schaltete die Diktafontaste ein und diktierte: „Sind Menschen magnetisch, wenn man an sie denkt?“ Er schaltete aus und schüttelte den Kopf. „Hab an dich gedacht.“
    Fassungslos starrte Simon auf den alten Teletubby.
    „Ich hab neulich geträumt, von dir und mir. Na ja ... nich wirklich. Mehr von unsern toten Brüdern. Sie haben sich da oben kennengelernt.“ Bobo schaute zum Himmel, bekreuzigte sich andächtig und kommentierte es. „Man weiß ja nie. – Jedenfalls sind sie sich in meinem Traum begegnet, unsre Brüder, und haben sich angefreundet. Und dann haben sie mich angerufen. Mit so ’nem Dosentelefon ... wie wir’s als Kinder hatten. So’n Faden zwischen.“ Bobo blieb ganz ernst, als er davon erzählte. „Und stell dir vor ... als ich aufwachte, lag ’ne leere Bierdose neben mir.“
    Simon lachte. Er freute sich über das kindliche Gemüt dieses Gauner-Riesen, bei dem er sich plötzlich sicher fühlte.
    „Was haben sie denn gesagt, unsere Brüder?“
    Bobo zuckte bedauernd mit den Achseln.
    „Hab’s nicht verstanden. Consispodatsche ... oder Conpistolatsche ... oder -watsche? Keine Ahnung mehr. Aber klar war, dass es ihnen gut geht. Und dass sie über uns wachen. Tot is nich weg. Das hab ich jetz kapiert. Ich hatte ihnen dann noch versprochen, dass ich nach dir suche.“
    Er sah Simon an und breitete

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