ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)
wahr?
„Alles gut“, versuchte Linus zu übermitteln. „Alles gut.“ Linus wartete. Er dachte kurz darüber nach, ob es richtig war, sie über seinen Zustand anzulügen. Aber was hätte es bringen sollen, sie zu beunruhigen? Linus versuchte einen neuen Kontakt, doch er spürte längst, dass sich die Präsenz der Freunde verflüchtigt hatte. Dennoch machte ihn die Kontaktaufnahme unendlich froh. Seine Freunde lebten! Sie waren dem Teufelsberg unversehrt entkommen, und er war stolz, dass sie das ihm verdankten. Es war keine Frage, dass sie sich bald wieder begegnen würden. Sie gehörten schließlich zusammen.
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Für einen kurzen Augenblick war es Edda und Simon gelungen, Kontakt mit Linus herzustellen. Zu kurz, um zu erfahren, wie es ihm wirklich ging, aber lang genug, um zu erfahren, dass er lebte.
„Alles gut“, hatte sie als Nachricht empfangen. Sie sah Simon fragend an.
„Alles gut, hat er gesendet“, sagte Simon. „Dir auch?“
„Ja“, sagte Edda. „Mehr leider nicht. Du?“
Simon schüttelte den Kopf, sah sie an. Mehr hatten sie sich nicht zu sagen. Schifter und Gopal, die die Szene beobachtet hatten, machten sich Sorgen. Selbst wenn sie Linus jetzt erreicht hatten, war es doch völlig offen, ob die Tatsache, dass die Freundschaft auf der Kippe stand, die Kritische Masse beeinflussen oder gar zerstören würde.
„Wir müssen es auf jeden Fall versuchen“, sagte Gopal. „Es ist unsere einzige Chance.“ Schifter nickte.
Ohne ein weiteres Wort war Simon von Deck gegangen, aber Edda wollte sich von der Distanz zu ihm nicht runterziehen lassen. Sie sah Gopal bei Schifter stehen und lächelte ihm zu.
„Edda ...“ Gopal kam zu ihr. Es gefiel ihr, wie weich er ihren Namen aussprach.
„Was ist das für ein großer Plan, für den ihr uns braucht?“, fragte sie. Gopal erklärte, dass er, Bixby, Schifter und viele andere Gefährten auf der ganzen Welt einen Schlag gegen die internationale Macht des Geldes vorbereitet hatten. Sie wollten die verlogenen Argumente der Politiker und die verdeckten Strukturen der Banken und Konzerne für alle transparent machen und zeigen, dass es nicht alternativlos war, die Macht dieser Menschen zu akzeptieren. Der Schlag sollte von der Plattform aus geführt werden.
Edda blickte Gopal in die Augen und hatte das Gefühl, ihn schon lange zu kennen. Sprach er nicht mit den gleichen Gesten, der gleichen Ernsthaftigkeit, sogar dem gleichen Augenaufschlag wie ihr Freund Shiva damals in Indien?
„Gemeinsam könnten wir diese Welt tatsächlich verändern. Zum Guten.“
Edda nickte. Sie würde mit Marie sprechen und ihr von dem Plan berichten.
„Wenn ihr diese Begabung habt, dann ist es eure Pflicht, sie für etwas Gutes einzusetzen“, sagte Marie, und Edda wunderte sich über die entschiedene Klarheit ihrer Großmutter – es machte sie glücklich.
Kurz darauf bat Edda Gopal darum, Marie auf ihrem Weg nach Cuxhaven und für die erste Zeit dort beschützen zu lassen. Für ihn war das selbstverständlich. Die Freude über die bevorstehende Aktion mit Gopal und das Wiedererwachen von Marie stand noch in Eddas Augen, als sie Simon beim Abschied von Marie begegnete. Doch sein starrer Blick und seine ernste Miene verunsicherten sie. Woher sollte sie wissen, dass Simon beobachtet hatte, wie sie und Gopal immer vertrauter miteinander umgingen, sich wie zufällig berührten. Eddas Lachen mit Gopal traf Simon tief ins Herz. Nein. Sosehr ihn Schifters Worte über die verrückte Aktion gereizt hatten, jetzt wollte er keinen großen Plan mehr umsetzen. Er wollte nicht mehr Teil irgendeiner Weltverbesserung sein, wenn er dafür mit Edda zusammenarbeiten musste. Es tat einfach zu weh.
„Was ist?“, fragte Edda. Sie war auf ihn zugekommen.
In seiner Eifersucht warf Simon ihr vor, Linus noch einmal im Stich zu lassen, wenn sie nicht mit zurück an Land kam.
„Er ist mir wichtiger als wieder so ein Scheißplan, der eh nicht funktioniert.“
Edda konterte, dass Schifter und auch Gopal überzeugt waren, sie könnten Linus mit ihrer Aktion auf der Plattform eher finden, als wenn sie in ganz Berlin nach ihm suchten.
„Alles gut, hat er uns doch gesendet. Alles gut.“
„Und wenn es nicht so ist? Wenn er uns nur beruhigen wollte? Wenn er unsere Hilfe braucht?“, fragte Simon. Er wollte Edda treffen, wollte ihr vorführen, dass sie nur noch an sich dachte. Und an diesen affigen Gopal.
„Linus war immer dafür, einen großen Schlag gegen die Mächtigen zu führen.
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