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ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

Titel: ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jeltsch
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in andere Gefilde, immer häufiger sprach er mit Sudden darüber, was ein anderer wirkungsvoller Schritt sein könnte, um die Märkte crashen zu lassen oder ein eindrucksvolles Chaos an den Börsen anzurichten. Immer häufiger verließen sie die Serverräume und besuchten andere Plattformbewohner, die an neuen Aktionen arbeiteten. In wenigen Tagen würde der fünfte Jahrestag der Gemeinschaft hier auf der P3 gefeiert werden. Auf der P1 sollte kurz davor eine Vollversammlung zur Zukunft der Plattform stattfinden.
    „Warum bloß ist hier eigentlich so selten Sonne?“, fragte Simon.
    „Wir haben Wolkenkanonen installiert ...“, antwortete Sudden.
    „Cloudbuster?“
    Sudden nickte. „Damit kann man am Himmel Wolken aufbauen, indem man die Verteilung der Energie stört.“
    Simon wusste davon. Sein Vater hatte ihm davon erzählt.
    „Das Abziehen von Energie aus einer Wolke zerstört die Wolke. Das Abziehen von Energie aus ihrer Umgebung lässt sie anwachsen.“
    „Das hat aber nicht auch Bernikoff erfunden?“, wollte Sudden wissen.
    „Nein, der Typ hieß Wilhelm Reich – und natürlich hat man ihn so bald es ging in ein Irrenhaus gesteckt.“
    „So typisch! Kennst du dich aus mit diesen Sachen?“
    Simon spürte Suddens Interesse und es gefiel ihm.
    „Als Sohn von einem Vater, der mit freier Energie forscht, kein Wunder.“
    „Interessierst du dich auch dafür?“, fragte sie.
    Simon zuckte mit den Schultern. Für einen Moment war er versucht, Sudden von der Bedeutung der Tätowierung auf seinem Kopf zu erzählen, aber dann war die Gelegenheit vorüber und Simon war froh, nichts gesagt zu haben. War ja noch Zeit. Er wollte Sudden erst noch besser kennenlernen.
    „Weiß nicht, wofür ich mich interessiere – früher hab ich am liebsten gezockt und Sport gemacht“, sagte er. „Wieso fragst du?“
    „Nur so.“
    Sie schauten auf das Meer. Sahen am Horizont Schiffe vorbeifahren und eine Gruppe von Seehunden, die seit Tagen um die Plattform herumgeisterten.
    „Ihr hattet echt großes Glück, dass ihr euch gefunden habt und gemeinsam durch ein Abenteuer geschlittert seid, wie es die meisten anderen Menschen nie erleben“, sagte Sudden in die Stille. „Ich hätte auch gern so Freunde gehabt, wie ihr es wart. Es war euch vielleicht nicht immer bewusst, aber unterschwellig entstand zwischen euch dreien etwas, das mehr war als die Summe eurer Teile.“
    „Nee. So war es nicht. War es nie! Eigentlich konnten wir uns gar nicht leiden. Ich glaub, das waren nur die Umstände, die uns zusammengebracht haben ...“
    Spöttisch blickte Sudden ihn an.
    „Schon mal was von den Beatles gehört?“, fragte sie unvermittelt.
    Simon lächelte kurz bei dem Gedanken an einen Kindergeburtstag, an dem er zum ersten Mal selbst Discjockey gewesen war und die Beatles-Platten seines Vaters hatte auflegen dürfen.
    „Sie haben nach ihrer Trennung alle mit tollen Musikern weitergespielt, aber keiner ist auch nur annähernd so gut oder innovativ gewesen wie eben als Beatles. Und woran liegt das wohl?“
    Simon zuckte mit den Achseln. „Chemie?“
    „So kann man es auch nennen“, sagte Sudden. „Es ist eine Tatsache, dass ein bestimmtes Feld entsteht, wenn Menschen zusammenkommen und auf bestimmte Weise miteinander harmonieren ... wir haben es bei euch sogar aufgezeichnet.“
    „Vielleicht hätten wir Musik machen sollen. Edda, Linus und ich ...“
    „Habt ihr. Ohne es zu wissen. Durch eure Verbindung ist eine Frequenz entstanden, die einmalig ist. Die Kritische Masse. Eure Frequenz ergibt einen Klang. Auf gewisse Weise wart ihr so – unschlagbar. Denk mal an die Tunnel von Berlin, Clint, die Russen-Gang, die dich deinen Finger gekostet hat und der ihr entkommen seid. Das alles wäre keinem von euch allein gelungen.“
    Simon streckte sich.
    „Ich habe keine Lust mehr, an meiner Eifersucht zu arbeiten“, sagte er.
    „Ist geheilt ...?“
    „Nehm ich an“, sagte Simon.
    „Stimmt“, sagte Sudden, sah ihn an und gab ihm einen Kuss. Verblüfft über die ehrliche Nähe, die gerade aus der spielerischen Geste entstanden war, schwiegen sie und gingen ohne ein Wort unter Deck.

    „Komm rein“, sagte Sudden einladend und betätigte den Lichtschalter. „Hier haben früher die Soldaten gewohnt. Zehn Meter unter Wasser. Wenn du ein Einzelzimmer willst, musst du es dir herrichten. Strom neu legen. Sonst kannst du mit den anderen weiter im Schlafsaal liegen.“
    Sie warf sich auf eine Koje und für einen Augenblick war es still.

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