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Abbau Ost

Titel: Abbau Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Baale
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Interesse einer »überaus zügigen« Privatisierung
     über rechtliche Bedenken hinwegzusetzen. Die Haftungsfreistellung wurde am 23. Juli des folgenden Jahres noch einmal bekräftigt.

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Warten auf den Investor
    Kein Volkseigener Betrieb konnte sich nach der plötzlichen Wandlung zum Treuhandunternehmen am Markt behaupten, ohne dass
     er Investitionen vornahm, seine Strukturen von Grund auf erneuerte und marktwirtschaftlichen Erfordernissen anpasste. Für
     den Fall, dass es um einen Treuhandbetrieb zum Zeitpunkt seines Verkaufs gut bestellt war, hatte eine kluge und vorausschauende
     Betriebsleitung schon zu dem Zeitpunkt, da sich die D-Mark-Umstellung ankündigte, mit der Unternehmenssanierung begonnen.
     Doch das waren Ausnahmen. Die allermeisten traf die ganze Wucht der Geldaufwertung. Der frühere Bundesbankpräsident Karl Otto
     Pöhl sagte später vor dem Treuhand-Untersuchungsausschuss in Bonn, die ostdeutsche Wirtschaft sei durch |96| die D-Mark-Umstellung »uno actu«, auf einen Schlag oder per Gesetz, nicht mehr wettbewerbsfähig gewesen. Er verglich die Währungsumstellung
     in der DDR mit der Einführung der D-Mark in Österreich und der Aufwertung des Schilling durch einen Umtauschkurs von eins
     zu eins. Schon weitaus geringere Währungsschwankungen bringen Unternehmen in existenzielle Schwierigkeiten. Geradezu prekär
     aber wurde die Situation, als die Marktwirtschaft ausgerufen wurde, die Betriebe aber bei den Banken kein Geld bekamen. In
     den entscheidenden Monaten nach der D-Mark-Umstellung konnte nichts unternommen werden. Aufträge, Investitionen und Löhne
     mussten finanziert werden. Die Situation war einfach nur noch grotesk. Die sozialistischen Schulden waren den Betrieben in
     Rechnung gestellt worden und sollten bedient werden wie ganz normale marktwirtschaftliche Kredite, doch die Unternehmen hatten
     noch nicht einmal Zugang zum Bankenmarkt. Betroffene Geschäftsführer sollten später kritisieren, dass schon in den ersten
     drei Monaten nach der Währungsaufwertung, da sie von der Bundesregierung und der Treuhandanstalt hingehalten wurden, die Chancen
     für den wirtschaftlichen Anschluss vertan wurden. Als die Geschäftsführungen endlich ihren Finanzierungsbedarf bei der Treuhandanstalt
     anmelden durften, bekamen sie nur einen Teil genehmigt, im Durchschnitt 41 Prozent der erforderlichen Betriebsmittelkredite
     für Lohnzahlungen und Sozialsteuern, Auftragsabwicklung und Investitionen. Zu all den Übeln, von der drastischen Geldaufwertung
     bis zu den Lohnforderungen der Westgewerkschaften, kam auch noch die staatlich verordnete Untätigkeit. In dieser so entscheidenden
     Zeit, wo sich die Betriebe positionieren mussten, schufen die Bundesregierung und ihre Treuhandanstalt einen statischen Zustand,
     wie er in den Regalen von Supermärkten vorherrscht. Die sogenannten Treuhandmanager räumten den Warenbestand in die Regale
     und kümmerten sich um die Preisauszeichnung. Erst die Verkaufsstrategie der Treuhandanstalt verwandelte den wilden Osten in
     einen Streichelzoo. Statt etwas zu unternehmen hingen die Betriebe am Tropf des zuständigen Treuhanddirektorats und warteten
     auf den rettenden Investor.

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|97| Schulnoten für die ostdeutsche Wirtschaft
    Die Treuhandanstalt hatte nun mehrere Tausend Unternehmen im Angebot, die nicht wettbewerbsfähig und hoch verschuldet waren,
     die keine konkurrenzfähigen Produkte herstellten und keine Investitionskredite bekamen und ihrer Belegschaft keinen Lohn zahlen
     konnten. Dieses Vermögen sollte die Behörde zu Geld machen, und das möglichst schnell. Was war so etwas eigentlich wert? Die
     Treuhandverantwortlichen hatten keine Ahnung und mussten sich erst einmal einen Überblick verschaffen. Allein wegen des Mengenproblems
     mussten Kriterien her, wie mit den Betrieben verfahren werden sollte. Die Berliner Zentrale ließ einen Stufenplan erarbeiten,
     damit der Treuhandbesitz nach einem einheitlichen, leicht verständlichen Prozedere bewertet werden konnte. Die Anstalt entschied
     sich für ein Bewertungsschema, das stark an das altbundesdeutsche Schulnotensystem erinnerte. Nach diesem Schema hatten die
     Treuhandmitarbeiter jeden einzelnen Betrieb zu benoten, wobei immer nur eine Zensur vergeben wurde, die unwiderruflich über
     den Werdegang des Unternehmens entschied. Die Kriterien für den Musterschüler, Note 1, lauteten: »Unternehmen arbeitet rentabel.
     Kein weiterer Sanierungsbedarf. Privatisierung zügig

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