Abbau Ost
sechs Jahre nach
Kriegsende die Absolution erteilte und in ihre Ämter zurückkehren ließ, wird dies den Stasimitarbeitern und Parteigenossen,
die niemals eine solche Schuld auf sich geladen hatten, immer noch verwehrt. Vor allem aber muss es jeden aufrichtigen Demokraten
beunruhigen, dass jene Strukturen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den dramatischen Geschichtsbrüchen der deutschen
Nation stehen, noch immer intakt sind.
[ Menü ]
Aschersleben
Die »Wählerinitiative Die Ascherslebener Bürger« (WIDAB) ist ein Zusammenschluss »erfahrener, verantwortungsbewusster und
unabhängiger Frauen und Männer. Ihnen geht es nicht um Parteibuchkarriere, sondern allein um das Recht und das Wohl der Bürger
in dieser Stadt und im Landkreis. Grundprinzipien sind Transparenz und Offenheit.« Fraktionssitzungen werden öffentlich abgehalten,
einmal im Monat wird ein Forum veranstaltet, eine Versammlung für interessierte Ascherslebener, auf der jeder seine Meinung
sagen kann, »auch mal kritisieren und schimpfen«. Praktisch aus dem Stand, nur elf Monate nach der Gründung, erreichte die
Initiative bei den Wahlen 1994 einen Stimmenanteil von 13 Prozent und stellt seitdem den Bürgermeister. Die 25 000 Einwohner
zählende Kleinstadt im Harzvorland, etwa 50 Kilometer südwestlich von Magdeburg, hat mit Andreas Michelmann ein couragiertes
Stadtoberhaupt gefunden. Doch die Gründungsprinzipien seiner Wählerinitiative, Transparenz und Offenheit, bringen den Spitzenkandidaten
zunehmend in Bedrängnis. Noch immer gibt es in der Ascherslebener Stadtverwaltung erst zwei Beamte, auch wenn unvermeidlich
scheint, dass es bald mehr werden. Sollte es tatsächlich so kommen, liegt das ganz sicher nicht im Interesse des Bürgermeisters
und der Wählerinitiative. |160| Diese »verantwortungsbewussten und unabhängigen Frauen und Männer« wollen in Aschersleben eine Zweiklassenverwaltung mit Beamten
und Angestellten und das Verschieben von Pensionskosten auf künftige Generationen vermeiden, und das ohne viel Aufhebens davon
zu machen. Was sich auf das Arbeitsklima innerhalb der Stadtverwaltung und auf die Nachhaltigkeit des städtischen Haushaltes
positiv auswirkt, erregte die Aufmerksamkeit der übergeordneten Verwaltungsbehörde, des Landkreises Aschersleben-Staßfurt.
Die Aufsichtsbehörde mahnte an, dass die Stadt für hoheitliche Aufgaben Beamte beschäftigen müsse. Der Bürgermeister legte
Widerspruch ein, worauf sich das Verwaltungsgericht Magdeburg mit dem Problem auseinandersetzte. Und die Verwaltungsrichter,
ihrerseits selbst Beamte, verurteilten die Kleinstadt mit Hinweis auf Artikel 33 Grundgesetz, zur Beschäftigung von 31 Beamten.
Seit der höchstrichterlichen Entscheidung, die den Bürgermeister zur Beschäftigung von Beamten verpflichtet, spricht Andreas
Michelmann nicht gern über dieses Thema. Auf Dauer lässt sich die Beschäftigung weiterer Beamter wohl nicht vermeiden. Er
sei sehr bemüht, versichert Bürgermeister Michelmann, entsprechende Stellen mit Beamten zu besetzen. »Allerdings«, fügt er
mit einem Augenzwinkern hinzu, »ist es gar nicht so einfach, geeignete Bewerber zu finden.«
[ Menü ]
Aufbauhilfe
Nachdem zu DDR-Zeiten in Ostdeutschland nicht ein Beamter beschäftigt worden war, zählte das Statistische Bundesamt, Stichtag
30. Juni 2004, bereits 176 055 Beamte in den fünf neuen Ländern. In Berlin waren zu diesem Zeitpunkt noch einmal 58 312 Beamte
beschäftigt. Es wird nicht länger zwischen Ost- und Westberlin unterschieden, statistisch gesehen zählt Ostberlin mit zum
Westen, zum alten Bundesland Berlin. Aber auch ohne Ost- von Westberlin trennen zu können, steht fest, dass die Zahl der Beamten
im Beitrittsgebiet rasant angestiegen ist und die Verbeamtungskonjunktur |161| noch immer anhält. Der Trend zur lebenslangen Alimentation von Staatsdienern ist ungebrochen. Zur Mitte des Jahres 2004 registrierte
das Statistische Bundesamt bereits 8 005 Pensionäre und Pensionärinnen in den neuen Bundesländern. Diese Ruhestandsbeamten
hatten bereits ein hohes Dienstalter erreicht, als sie aus dem Westen in die Verwaltungen des Beitrittsgebiets wechselten,
und nun, nach ihrer Pensionierung, oftmals wieder in Westdeutschland leben. Lediglich das Ruhegehalt wird ihnen noch aus Ostdeutschland
überwiesen.
Es war nie ein Thema, in welchem Umfang der Fortgang dieser »Aufbauhelfer« seinerzeit die öffentlichen Kassen in Westdeutschland
Weitere Kostenlose Bücher