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Abbau Ost

Titel: Abbau Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Baale
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währte nicht lange.
     Der auf Lebenszeit alimentierte, einzig dem Dienstherrn durch Treue und Loyalität verpflichtete Berufsstand wurde immer mächtiger,
     verselbstständigte sich zusehends und stellte die eigenen Versorgungsinteressen über das Allgemeinwohl. Nach den verheerenden
     Erfahrungen des Ersten Weltkrieges und dem Ende der Monarchie stand das Problem auf der Tagesordnung der Weimarer Republik.
     Mit dem Monarchen war auch der Garant für die lebenslange Alimentation und den Sonderstatus des Beamten verschwunden. Der
     Diensteid war obsolet geworden. Im Übrigen gehörte die Abschaffung zweier Statusgruppen im öffentlichen Dienst, Beamter und
     öffentlicher Arbeiter und Angestellter, zu den Urforderungen der deutschen Sozialdemokratie. Doch die Weimarer Regierung knickte
     ein vor der übermächtigen Beamtenlobby und erfand, sozusagen als Ersatzbefriedigung für den Monarchen, den Diensteid auf die
     Weimarer Verfassung. Obendrein billigte die Weimarer Verfassung – undenkbar in Zeiten der Monarchie – den Beamten das Streikrecht
     zu. Trotzdem blieb der Beamtenstand misstrauisch und konnte sich nie recht mit dem Weimarer Parlamentarismus anfreunden. Es
     war vor allem die konservative, der Monarchie nachtrauernde und auf ihre Versorgungsinteressen fixierte Beamtenschaft, die
     über der jungen deutschen Demokratie den Sargdeckel schloss und eifrig die Geburtsstunde des nationalsozialistischen Deutschland
     begrüßte. Als eine seiner ersten Amtshandlungen erließ Adolf Hitler 1933 das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«
     und reaktivierte den feudalabsolutistischen Vereidigungsmechanismus: absolute Loyalität gegen einen lebenslangen Versorgungsanspruch.
     Das funktionierte so reibungslos, als hätte es das demokratische Zwischenspiel in Deutschland niemals gegeben. »Das einzige
     Anliegen der Reih-und-Glied-Faschisten war«, schrieb der österreichische Ökonom Ludwig von Mises 1944 im amerikanischen Exil,
     »eine Staatsanstellung zu erhalten.« Nach einer Säuberungsaktion, |158| wo missliebige Staatsdiener aus ihren Ämtern entfernt wurden, leisteten alle Beamten einen Treueschwur auf den Führer. So
     sicherte sich Hitler auf einen Schlag die Loyalität von Millionen Staatsbediensteten – vom Briefträger, Lokführer, über den
     Ministerialbeamten, Lehrer, bis zum Universitätsprofessor. Was jetzt zur Machtsicherung noch nötig war, erledigte ein perfider
     Überwachungsapparat.
    Nach Kriegsende hatten die Alliierten Großes vor mit den Deutschen. Sie wollten den Obrigkeitsstaat abschaffen und die Deutschen
     zu mündigen Demokraten umerziehen. Erreichen wollten sie das vor allem durch ein gerechtes Schulsystem, das auf Chancengleichheit
     und individuelle Förderung setzte. Am Anfang ihrer Bemühungen stand allerdings die Abschaffung des Beamtenstatus. Wegen ihrer
     Verstrickung mit dem Naziregime mussten in den westlichen Besatzungszonen Zehntausende Beamte ihre Schreibtische räumen. Doch
     der Geist alter Verwaltungstraditionen spukte weiter in den westdeutschen Amtsstuben. Die Briten erließen 1946 eine Direktive,
     in der sie sich sorgten, dass sich der Staatsapparat »zum eigentlichen Herrn über Deutschland« aufschwinge. Den Staatsdienern,
     hieß es, sei einzuschärfen, dass sie »Diener des Volkes und nicht dessen Herren« seien. Doch alle Bemühungen halfen nicht
     weiter. Am 15. März 1949, mit dem Militärregierungsgesetz Nr. 15, unternahmen die Alliierten einen letzten Versuch, das Beamtenproblem
     in den Griff zu bekommen. Das Dekret sollte die Trennung zwischen Beamten und öffentlichen Angestellten aufheben und die lebenslange
     Alimentation abschaffen. Aber noch im selben Jahr schrieb der Parlamentarische Rat den Deutschen die Bestandsgarantie für
     das Berufsbeamtentum ins Grundgesetz. Am 10. April 1951 beschloss der Deutsche Bundestag die erneute Einstellung jener Beamten,
     die wegen ihrer Nazivergangenheit von den Alliierten entlassen worden waren.
    Ruft man sich an dieser Stelle noch einmal ins Gedächtnis, wie westdeutsche Richter und Staatsanwälte und die westdeutsche
     Presse mit früheren SED-Funktionären und Geheimdienstmitarbeitern der Staatssicherheit verfuhren, so wird deutlich, dass sie |159| damit die eigene, unbewältigte Vergangenheit aufarbeiten wollten. Während die alte Bundesrepublik jenen Beamten, die willfährig
     und wissentlich das nationalsozialistische Räderwerk am Laufen hielten oder überhaupt erst möglich machten,

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