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Abbau Ost

Titel: Abbau Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Baale
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Beamten arbeiten …
    Die Abwärtsspirale wird sich auch im dritten Jahrzehnt der Wiedervereinigung fortsetzen. Dabei könnte etwas dagegen unternommen
     werden. Die Gesetze der sechs ostdeutschen Bundesländer ließen sich harmonisieren, in der Folge könnte ein Bundesland in den
     Grenzen der früheren DDR geschaffen werden. Der Verwaltungsaufwand des dann noch verbleibenden ostdeutschen Bundeslandes ließe
     sich auf ein Minimum reduzieren, indem Schulen, Universitäten, Behörden budgetiert werden und sich selbst verwalten. Aber
     das sind nur theoretische Überlegungen, die neuen Bundesregierungen werden sich nicht selbst abschaffen. |170| Auch das ist ein Kennzeichen strukturschwacher Regionen: Die Abgeordnetenmandate in den Landesparlamenten sind schon rein
     finanziell die lukrativsten Jobs, um die sich Menschen in Ostdeutschland bewerben können.

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Die neue politische Klasse
    »Man ist übrigens mit den Kommunisten nach 1990 schlimmer
umgegangen als am Beginn der Bundesrepublik mit den ehemaligen
Nazis. Wenn wir mit den Kommunisten etwas toleranter umgegangen
wären, wäre das Desaster, wie wir es heute in den neuen
Ländern erleben, möglicherweise etwas glimpflicher abgelaufen.«
     
    Altbundeskanzler Helmut Schmidt in einem Interview in ›Der Spiegel‹, Nr. 1/2006
    Die Karrieren der neuen politischen Klasse begannen in jenem Sommer und Herbst des Wendejahres 1989. Einige der neuen Parteisoldaten
     stießen erst etwas später hinzu. Die neuen Akteure besaßen keinerlei politische Erfahrung, sie konnten sich in keiner Partei
     oder Oppositionsbewegung auf ihre neue Funktion vorbereiten, sie kamen aus Kirchenämtern, aus akademischen Berufen, aus der
     Ingenieurtechnik und der Medizin, angezogen von einem plötzlichen Machtvakuum. Wenn sie etwas einte, dann war es die kritische
     Sicht auf die Verhältnisse in der DDR, und da dies für nahezu alle DDR-Bürger zutraf, durfte ihr beruflicher Werdegang keine
     allzu große Systemnähe aufweisen. Wer es zu DDR-Zeiten beruflich zu etwas gebracht hatte, besaß schon fast zwangsläufig den
     Makel allzu großer Systemnähe und kam für ein politisches Amt kaum infrage. Die Folge war eine fast zwanghafte Hysterie, in
     der sich niemand zu seiner sozialen Herkunft bekennen konnte. Die eigene Identität, die alle Ostdeutschen zweifellos besaßen,
     und zwar unabhängig davon, ob sie Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei waren, für das Ministerium für Staatssicherheit
     arbeiteten, ob sie ihre politische Heimat in Kirchenkreisen fanden oder sich grundsätzlich von Politik fernhielten – dieses
     besondere, |171| aus den gesellschaftlichen Verhältnissen erwachsende Zugehörigkeitsgefühl wurde verleugnet und mit Füßen getreten. Verachtung
     und Hass auf das alte System, auf die eigenen Wurzeln ließen die neuen Akteure nicht etwa suspekt erscheinen, sondern prädestinierten
     sie geradezu für ein politisches Amt. Es war die Stunde der Idealisten und Subversiven, das rief junge Menschen auf den Plan,
     die noch ganz am Anfang ihrer Karriere standen, und es kamen ehrgeizige Persönlichkeiten zu den Wahlversammlungen, die es
     in der DDR nicht sonderlich weit gebracht hatten und die Ursache nicht bei sich selbst, sondern im System suchten. Wirklich
     überzeugen konnten die wenigsten. Doch in der Bevölkerung gab es damals ein starkes Bedürfnis nach neuen, unbelasteten Gesichtern.
     Mangelnde politische Erfahrung und eine gewisse Unbeholfenheit mussten nicht unbedingt von Nachteil sein, schließlich stand
     man vor einem Neuanfang, alle mussten lernen. Doch diese spannende Zeit des Aufbruchs und des demokratischen Wandels war schon
     nach zwei, drei Monaten wieder vorbei. Bereits ab Februar 1990, nachdem Bundeskanzler Helmut Kohl in der DDR das konservative
     Parteienbündnis »Allianz für Deutschland« ausrief, bestimmten die D-Mark-Umstellung und der Beitritt das politische Tagesgeschäft.
     Westdeutschland wollte einen bankrotten Laden übernehmen und keine von ehrgeizigen Vorstellungen besessene, nach neuen Wegen
     suchende Gesellschaft, in der sich bereits eigenständige, schwer beherrschbare Entwicklungen etabliert hatten. Für das Beitrittsszenario
     hätte es eines entschlossenen und starken ostdeutschen Interessenausgleichs bedurft. Das aber konnte die neue politische Klasse
     nicht leisten. Sie lehnte zumindest in der entscheidenden Anfangsphase alles aus DDR-Zeiten überkommene grundsätzlich ab,
     und genau deshalb waren diese

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