Abbau Ost
die kleine Schar der Schulanfänger sechs teils ganz unterschiedliche Schulsysteme mit stark |176| voneinander abweichenden Lehrplänen und unterschiedlichen Leistungsstandards, wobei es in Sachsen offenbar noch am ehesten
gelingt, die Disziplin und ein gewisses Leistungsniveau aufrechtzuerhalten. Und dafür, dass Mecklenburg-Vorpommern die bayerische
Dreigliedrigkeit kopiert hat, haben Abiturienten aus Mecklenburg-Vorpommern große Probleme, dass ihr Abschluss an Universitäten
und Hochschulen in Bayern überhaupt anerkannt wird und sie zum Studium zugelassen werden.
Oswald Wutzke, sein korrekter Titel lautet inzwischen Probst Oswald Wutzke, Minister a. D., ist längst pensioniert. Er organisiert
und begleitet heute Hilfstransporte in den Nordkaukasus, nach Tschetschenien und Inguschetien, zu evangelischen deutschstämmigen
Christen. Bereits Anfang der 90er Jahre wurde er für seine Partei zu einem ernsten Problem. Als Kultusminister sorgte er durch
seine unbedachten Äußerungen bundesweit für Schlagzeilen. Seine öffentlichen Auftritte gerieten immer öfter zu einer Abfolge
von Peinlichkeiten. Am 31. Januar 1992 legte Oswald Wutzke sein Amt als Kultusminister nieder. Die Presse schrieb etwas von
einem »unfreiwilligen Rücktritt«, der durch die eigene Partei forciert worden sei. Die politische Karriere des Senkrechtstarters
hatte gerade zwei Jahre gedauert.
Staatssekretär Thomas de Maizière stieg im Dezember 1994 zum Chef der Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf
und wurde, nachdem die CDU im Jahre 1998 die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern verloren hatte, in den einstweiligen Ruhestand
versetzt. Im Oktober 1999 übernahm Thomas de Maizière die Leitung der Sächsischen Staatskanzlei, wurde am 30. Januar 2001
zum Staatsminister der Finanzen ernannt und übernahm am 2. Mai 2002 das Staatsministerium der Justiz. Bei den Landtagswahlen
2004 in Sachsen erreichte er im Wahlkreis Bautzen ein Direktmandat für die CDU. Er zog als Abgeordneter in den Sächsischen
Landtag und wurde am 11. November 2004 zum Staatsminister des Innern ernannt. Im Jahr darauf, nach den Bundestagswahlen 2005,
wurde Thomas de Maizière von Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Kabinett berufen, als Chef des Bundeskanzleramtes und als Bundesminister
für besondere Aufgaben.
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|177| Kämpfen um jedes Mitglied
Seit Anfang der 90er Jahre laufen den Parteien die Mitglieder davon. Diese Entwicklung wird von Oskar Niedermayer, Parteienforscher
an der Freien Universität Berlin, seit Jahren verfolgt und dokumentiert. Am stärksten hat es die FDP getroffen. Zwischen 1991
und 2004 haben die Freien Demokraten über die Hälfte ihrer zahlenden Anhängerschaft verloren und zählten Ende 2004 noch 64
000 Mitglieder. In der SPD hat sich die Mitgliederzahl in diesem Zeitraum um ein Drittel verringert, das ist ein Verlust von
314 000 Genossen. Bei der CDU hat sich der Mitgliederschwund auf gut ein Fünftel summiert, das ist ein Minus von 172 000 Parteimitgliedern.
Doch während die Parteien in den Grenzen der alten Bundesrepublik von einem vergleichsweise großen Mitgliederstamm zehren
können, trifft die bundesweite Unlust an Parteimitgliedschaften den Osten weit härter als die vergleichsweise immer noch gut
aufgestellten westdeutschen Landesverbände. Das dem Beitrittsgebiet aufgepfropfte, westdeutsche Parteiensystem ist von den
ehemaligen DDR-Bürgern nie richtig angenommen worden, und auch die nachwachsende Generation zeigt nur geringes Interesse an
dem altbundesdeutschen Parteienapparat. Die neuen Bundesländer werden von Parteien regiert, die nur wenig Rückhalt in der
Bevölkerung haben.
Noch zu DDR-Zeiten ging der westdeutsche Parteienstaat im Osten hausieren. Es war ein unwürdiges Schauspiel, das die westdeutschen
Parteien-Darsteller dem ostdeutschen Publikum boten. Die Dramaturgie war nur allzu durchschaubar. Aufrichtigkeit gehörte nicht
zum Repertoire. Dafür bewiesen CDU und FDP großes Improvisationstalent bei gemeinsamen Auftritten mit den DDR-Blockparteien.
Die Konservativen holten die Ost-CDU und die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) in ihre Vorstellung, die FDP bediente
sich am Mitgliederfundus von LDPD (Liberaldemokratische Partei Deutschlands) und NDPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands).
So hatte die gesamtdeutsche CDU 1991 in den fünf neuen Ländern knapp 110 000 Mitglieder. Doch Ende 2004 war der alte Mitgliederbestand
im
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