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Abbey Road Murder Song

Abbey Road Murder Song

Titel: Abbey Road Murder Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shaw
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eingerichtet, kein Fernseher im Wohnzimmer, keine Bilder an den Wänden. Die komplette Encyclopaedia Britannica und sechs Bände mit Winston Churchills Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg füllten das Bücherregal über dem Schreibtisch, auf dem eine einzige, silbergerahmte Schwarz-Weiß-Fotografie einer jungen Frau in Militäruniform stand.
    »Sie haben behauptet, die ermordete Frau sei eine Prostituierte gewesen. Ich habe mich gefragt, woher Sie das gewusst haben wollen.«
    »Wie bitte?« Mr Rider blieb wie angewurzelt stehen und blickte Breen nervös blinzelnd an.
    Breen wiederholte, was er gesagt hatte.
    Mr Rider öffnete und schloss den Mund, dann fingerte er in seiner Hosentasche nach der Streichholzschachtel und sagte: »Hab ich nicht.«
    »Was haben Sie nicht, Mr Rider?«
    Der Gestank von Pfeifenrauch stand undurchdringlich im Raum. Es gab keine Blumen oder sonstigen Schmuck – es war das Zimmer eines Mannes. Hier fehlte die weibliche Note genauso wie in den Wohnungen, die Breen aus seiner Kindheit kannte. »Ich hab nicht gewusst, dass sie eine, äh, Prostituierte war.«
    »Aber anscheinend haben Sie erwähnt, dass Sie das Mädchen für eine hielten.«
    »Nein, hab ich nicht.« Pause. »Oder vielleicht doch. Es war nur so eine Idee. Ganz schön albern von mir, das wird mir jetzt bewusst. Bringt einen irgendwie durcheinander, wenn so was passiert.«
    »Wie kamen Sie darauf, dass sie eine Prostituierte gewesen sein könnte?«
    Mr Rider riss das Streichholz an, um seine Pfeife wieder anzuzünden, sog kräftig am Mundstück. »Ich meine, nicht weit von hier ist ein Straßenstrich. Solche Frauen kennt man doch.«
    »Heißt das, Sie kennen sie?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nehmen Sie ihre Dienste in Anspruch, Mr Rider?«
    Der kleine Mann errötete und schüttelte den Kopf. »Nein. Natürlich nicht.«
    »Ich würde nicht schlecht von Ihnen denken, wenn es so wäre. Ich möchte es nur wissen.«
    Der Mann schüttelte erneut den Kopf. »Nein, nein, so was mache ich nicht.«
    »Es gibt also keinen bestimmten Grund, weshalb Sie die tote Frau für eine Prostituierte hielten?«
    Der Mann sagte nichts.
    »Toten wird oft das Schlimmste unterstellt, man glaubt, sie hätten selbst zu ihrer Ermordung beigetragen, seien selbst schuld«, sagte Breen. Ein erdrosseltes Mädchen, ein bei lebendigem Leib verbrannter Mann.
    »Wie bitte?«
    »Darf ich Sie fragen, wo Sie Sonntagabend waren?«
    »Sonntagabend?«
    »Ja.«
    »An dem Abend, an dem das Mädchen getötet wurde?«
    »So ist es.«
    »Da muss ich nachdenken.« Der Mann griff in seine Hosentasche, zog ein kleines Pfeifenmesser heraus und begann, den Kopf auszukratzen.
    »Lassen Sie sich Zeit«, sagte Breen.
    »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich bin ich spazierengegangen. Dann wieder hergekommen. Hab gegessen. Radio gehört. Das Unterhaltungsprogramm. Alles wie immer.«
    »Nichts Konkreteres?«
    »Meine Tage sind nicht besonders konkret«, sagte der Mann mit einem halbherzigen hohen Kichern. »Ich bin Rentner. Verwitwet. Ich lebe alleine. Das mag einem jungen Mann wie Ihnen seltsam vorkommen, aber die Tage ziehen einfach so an einem vorüber.«
    »Denken Sie noch mal genau nach.«
    »Ich versuch’s ja«, sagte der Mann jäh und ließ dabei das Messer fallen. Er quiekte kurz auf und schob sich den linken Daumen in den Mund. Blut rann ihm übers Kinn.
    »Sie haben sich verletzt, Mr Rider.«
    »Ist nicht schlimm«, sagte er ruhig, musste dafür aber den Daumen aus dem Mund nehmen. Blut tropfte von seinem faltigen Kinn auf einen dünnen Teppichläufer.
    »Halten Sie die Hand hoch. Das verlangsamt den Blutfluss«, sagte Breen.
    Breen ging ins Badezimmer. Er fand das Heftpflaster genau dort, wo man es erwarten würde, in einem kleinen Schränkchen, in dem Mr Rider außerdem eine Zahnbürste, einen Rasierer, ein Mittel gegen Sodbrennen und Blähungen und eine leere Flasche Yardley English Lavender aufbewahrte. Ein Frauenparfüm.
    Breen kehrte mit dem Pflaster zurück. »Ich komme ausgezeichnet alleine zurecht«, fuhr Rider ihn an, während ihm Blut auf die weiße Hemdmanschette tropfte.
    Wieder draußen, ging Breen bis ans Ende des Laubengangs, dann blieb er stehen. Er setzte sich für ein paar Minuten auf die kalten Treppenstufen und machte sich Notizen. Als er innehielt und einen Blick darauf warf, sah er, dass er eine lange Liste geschrieben hatte. Pfeife. Blut auf dem Teppich. Frau auf Foto. Was man den Toten unterstellt. Einsam. Zwei Seiten mit Notizen, die lächerlich klingen

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