Abbey Road Murder Song
drauf und schaufelte anschließend die beiden Eier von der Kochplatte. »Zweimal Eier und Fritten«, rief er.
Das Rockerpärchen löste sich aus seinem Kuss, und der Mann stand auf, um die Teller zu holen. Breen zog sein Notizbuch aus der Tasche und blätterte die eng beschriebenen Seiten durch. Die Einträge waren unsortiert, als hätte er vergessen, wie er früher vorgegangen war, wenn er an einem Tatort eingetroffen und zunächst fein säuberlich die Uhrzeit notiert und die Lage der Leiche festgehalten hatte. Quer über den unteren Rand einer Seite hatte er geschrieben: »Fluss Tiber«. Er borgte sich einen Bleistift von Joe, blätterte eine leere Seite auf und skizzierte den Fundort hinter den Wohnungen aus dem Gedächtnis. Er hatte zwar schon Diagramme in seine dienstlichen Notizen einfließen lassen, aber Zeichnungen noch nie. Kunst war eines der wenigen Schulfächer gewesen, in denen er gut gewesen war. Sein Vater hatte seine Enttäuschung über die mittelmäßigen Noten seines Sohnes nie verbergen können, doch am Tag vor seiner Beerdigung hatte Breen eine kleine Rolle mit alten Zeichnungen entdeckt, die sein Vater, sorgsam mit einem roten Band umwickelt, in einer Kiste verstaut und bei seinem Umzug mit in die Wohnung gebracht hatte.
Er zeichnete die geschwungene Linie ihres Rückens und die perfekte Rundung ihres Hinterns, die Arme seltsam angewinkelt. »Was zeichnest du da?«, erkundigte sich Joe.
Breen klappte rasch das Notizbuch zu und steckte es wieder in die Tasche.
Jetzt war es still. In ungefähr einer Stunde würde die Frühschicht auf dem Weg zur Arbeit hier Station machen. Joe ging zu seiner Plattensammlung und sah sie eine Weile durch, dann zog er ein Album heraus, schob es wieder zurück, entschied sich schließlich für ein anderes. Rechts in der Ecke stand ein Plattenspieler. Joe nahm die schwarze Scheibe aus der Hülle und legte sie auf den Plattenteller, dann hob er die Nadel und senkte sie vorsichtig ab.
Einen Augenblick lang knisterte es, dann ertönten langsame, absteigende Klaviernoten. Ein Cello gesellte sich kurz dazu, dann der Rest eines Streicherquartetts, bis schließlich alle dem Cello Platz machten, das in einen Dialog mit dem Klavier trat.
Die Frau blickte auf: »Was ist das denn?«
»Lass gut sein«, meinte ihr Freund und ließ vorübergehend von seinen Fritten ab.
Joe trat vor den Tresen, setzte sich auf einen Plastikstuhl, zog eine Zigarette aus dem Päckchen, klopfte damit auf die Tischplatte, zündete sie an und rauchte zur Musik. Niemand sagte etwas. Das einzige andere Geräusch war das Geklapper von Besteck auf einem Teller und der Stoßseufzer eines der schlaflosen Alten. Es war einer dieser eigenständigen Momente, in denen die unbefriedigende Komplexität der Welt weit in der Ferne verblasste. Dieser Traurigkeit eine Gestalt zu verleihen, wirkte schützend. Breen setzte sich und lauschte, ließ seinen Kaffee kalt werden. Der Augenblick hielt zwei oder drei Minuten an, dann ertönte wieder die Klingel über der Tür und ein Bobby auf Streife kam herein. Der Klingelton passte nicht zur Musik.
»Morgen, Joe«, sagte der Polizist. »Tasse Tee. Zwei Stück Zucker. Und mach den Krach da leiser, ja?«
fünf
Am Mittwochmorgen kam gleich mit der ersten Post ein Brief vom Anwalt seines Vaters. Er enthielt keine Überraschungen. Den Inhalt seines Testaments kannte Breen bereits. Ein paar Aktien, die nicht viel wert waren, und um die zweitausend Pfund waren nach Abzug der Kosten für die Krankenschwestern geblieben. Genug, um bei der Polizei aufzuhören, und ein Jahr oder sogar länger davon zu leben. Vielleicht würde er mal nach Irland fahren. Er war noch nie dort gewesen. Oder einen Wagen kaufen. Hatte er auch noch nie gehabt. Er steckte den Brief in eine Schublade, ging zu Fuß zur Church Street und fuhr mit dem Bus nach St John’s Wood.
Diesmal war Mr Rider zu Hause.
Ein kleiner, alleinstehender, rundlicher Mann mittleren Alters. Er trug eine braune Strickjacke und eine Krawatte des Marylebone Cricket Club. Er öffnete die Tür mit einer qualmenden Tabakspfeife in der Hand.
»Ja?«, sagte er.
»Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen, Sir?«
Rider beäugte Breen von oben bis unten und zog an seiner Pfeife. Breen zeigte ihm seinen Dienstausweis. Der Mann warf einen Blick darauf. »Worum geht’s?«
»Den Mord an einer jungen Frau.«
»Ah, ja. Natürlich.« Er öffnete die Tür und signalisierte Breen, er möge eintreten.
Riders Wohnung war spartanisch
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