Abbey Road Murder Song

klar, aber ich weiß nicht, was wichtig ist und was nicht.«
    »Klingt nach einem Trip.«
    »Was?«
    »LSD. Was die Hippies immer nehmen. Wir haben neulich einen Vortrag darüber gehört. Man nimmt eine Pille und weiß nicht mehr, was real ist und was nicht.«
    »Klingt furchterregend.«
    »Manchen Leuten gefällt’s. Soll bewusstseinserweiternd wirken.«
    Breen nahm seinen leeren Teller. »Hätten wir den beiden nichts vom Tod ihrer Tochter gesagt, wäre der Mann noch am Leben.«
    Tozer verschlang einen dicken Brocken Rindfleisch, und Bratensauce lief ihr übers Kinn. »Hoppla«, lachte sie, nahm ihre Serviette und wischte sich die Sauce vom Gesicht. »Ja, aber deshalb sind wir trotzdem nicht schuld daran.«
    Breen stand auf.
    Der Mann am Buffet trug eine große weiße Kochmütze und hatte sich gerade eine Zigarette angezündet. Er legte sie in einen Aschenbecher auf dem nächstgelegenen Tisch und schnitt eine dicke Scheibe vom Rinderbraten ab. Der Fettrand wirkte wächsern. Breen sah zu, wie das Messer das Fleisch zerteilte.
    »Eigentlich will ich gar kein Fleisch.«
    »Wie bitte?«
    »Kein Fleisch.«
    »Kein Fleisch?«
    »Genau. Ich esse das Gemüse.«
    »Das ist ein Bratenbuffet, Sir.« Lange Pause. Der Mann sah ihn böse an, legte das Tranchiermesser und die Gabel beiseite und nahm stattdessen einen Löffel zur Hand. »Kartoffeln, Sir?«
    »Ja, bitte.«
    »Karotten?«
    »Okay.«
    »Kohl?«
    »Das genügt, danke.«
    »Sonst nichts? Ein bisschen Sauce?«
    »Nein danke.«
    Als er zurückkam, hatte sich die Kellnerin schon einen Stuhl herangezogen und sich zu ihnen an den Tisch gesetzt. »Zigarettenpause«, sagte sie. »Wie ist London denn so?«
    Sie gingen zu Fuß im Dunkeln zur Farm zurück. Tozer kannte einen Weg quer durch den Ort, über kleine hölzerne Fußgängerbrücken am Fluss entlang durch das feuchte Marschland.
    Breen fuhr zusammen, als ein aufgeschreckter Vogel aus dem Schilf geflattert kam. Vor Schreck trat er in eine Pfütze; das Wasser lief ihm in die Halbschuhe. »Verdammt«, sagte er.
    Tozer lachte.
    Er lachte mit. Er war ein kleines bisschen betrunken. Nach dem Wein hatten sie noch mehrere Brandys getrunken. Die Luft war unbeweglich und warm. Der Tag war hart gewesen, aber er war auf seltsame Art glücklich.Schon komisch, denn bei ihrer ersten Begegnung hatte er Tozer gar nicht leiden können. Für eine Frau war sie viel zu eigensinnig. Zu schwierig. All das schien jetzt aber gar keine so große Rolle mehr zu spielen. Vielleicht seitdem er von ihrer Schwester erfahren hatte?
    »Sehen Sie da oben?«
    Sie zeigte durch die Dunkelheit zum Meeresarm. Es war Flut. In der Ferne, meilenweit draußen auf See, wurden Lichter vom Wasser reflektiert.
    »Letztes Jahr sind die Beatles da abgestiegen. In einem Hotel, da haben sie Magical Mystery Tour gedreht. Stellen Sie sich das mal vor. Die Beatles in diesem gottverlassenen Nest. Alexandra hätte über allen Wolken geschwebt.«
    »Haben Sie sie gesehen?«
    Er verspürte den Impuls, ihre Hand zu nehmen, aber sie war bereits weitergegangen, platschte durch den Matsch. Jetzt war er froh, dass er’s nicht getan hatte. Der Alkohol war schuld, wie beim letzten Mal.
    »Ich? Ich war in London. Echt Pech. Ich bin immer zur falschen Zeit am falschen Ort.«
    Die Farm kam jetzt vor ihnen in Sicht, eine einzige Glühbirne erleuchtete den Hof.
    Mr und Mrs Tozer waren schon im Bett, das Haus war dunkel und still. Aber in der Küche war es noch warm. Tozer öffnete alle Schränke. »Ich weiß, dass hier irgendwo noch ein paar Flaschen sind«, sagte sie »Hier. Ich hab Martini gefunden. Mögen Sie den?«
    »Für mich nicht.«
    »Ein Schluck Whisky ist auch noch da. Wollen Sie?«
    »Na gut, ein kleines bisschen.«
    Breen setzte sich an den Küchentisch und zog erneut die drei Fotos des toten Mädchens aus der Brieftasche – das eine vom Leichenfundort und die beiden, die er im Haus eingesteckt hatte.
    Sie setzte sich neben ihn, so dicht, dass er den Alkohol und die Zigaretten in ihrem Atem riechen konnte. »Versprechen Sie mir eins: Lassen Sie bloß Mum und Dad die Bilder da nicht sehen, ja?«
    Er zog seinen linken Schuh und die Socke aus. Sie war triefnass.
    »Hängen Sie die vor den Herd«, sagte Tozer.
    Er nahm einen Schluck Whisky und zog seine Zigaretten aus der Tasche. In den letzten zwei Tagen war er dazu übergegangen, auf dem Päckchen zu markieren, wie viele er geraucht hatte. Für heute waren da vier Striche, die von einem fünften durchkreuzt wurden. Also hatte