Abbey Road Murder Song
Wald mit altmodischem Holzofen und Blumenkästen vor den Fenstern. Zuerst dachte Breen, das Haus müsse sich irgendwo im Ausland befinden, doch je mehr er danach suchte, desto mehr kleine Details fielen ihm ins Auge: ein Pint Milch, eine Ausgabe der Times auf dem Esstisch.
Dann stieß Mallory dazu. Das erste Foto zeigte einenjüngeren Mallory, der aus einem alten MG Cabrio in die Kamera grinste. Auf einem anderen stand er mit einem Messer zwischen den Zähnen auf einer Jacht. Dann in der Berghütte als Stammeshäuptling mit Baströckchen und Speer. Die Aufnahme war offensichtlich entstanden, bevor er Hüftspeck angesetzt hatte.
Ein paar Seiten weiter Hochzeitsfotos, Julia Sullivan, ungeniert schwanger, strich sich mit einer Hand über den Bauch und hielt in der anderen einen Blumenstrauß. In einer Militärkapelle. Dann kamen Schnappschüsse von Babys – Morwenna und ihr Bruder Nicholas, die Geburtsdaten waren in weiblicher Handschrift darunter notiert. Die Kinder wurden größer. Eine Geburtstagsparty mit Hüten und Girlanden, offensichtlich wieder in der Hütte aufgenommen. Nicholas mit Tretauto. Morwenna auf einem Pony. Inzwischen waren die Freunde verschwunden. Auf sämtlichen Fotos waren jetzt nur noch Mallory, Julia und die Kinder.
Im Verlauf der Jahre war Morwenna immer mehr zum Jungen geworden. Ihre Haare wurden immer kürzer, und sie trug kaum je ein Kleid oder einen Rock. Auf einem Bild hielt sie feierlich einen großen toten Fisch am Schwanz in die Kamera.
Auf einem der jüngeren Bilder stand sie vor dem Eingang eines Baumhauses, die Arme wie Peter Pan in die Hüften gestemmt, hoch oben über dem Boden. Es war von unten aufgenommen und Morwenna blickte triumphierend auf den Fotografen herunter. Sie trug ein kariertes Wollhemd und Arbeitsstiefel. Fast ganz hinten fand Breen ein beinahe aktuelles Porträt, auf dem sie missmutig in die Kamera blickte, ganz eindeutig in dem Haus aufgenommen, in dem die Familie jetzt lebte. Er zog die letzten beiden Bilder aus den Klebeecken und steckte sie ein.
»Was haben Sie da?«, fragte Block. »Das ist unser Tatort, nicht Ihrer, vergessen Sie das nicht.«
»Ich brauche ein Foto des toten Mädchens. Ich werde es Ihnen zurückschicken, sobald wir eine Kopie davon gemacht haben.«
Der Sergeant brummte.
Breen hob einige der Papiere auf, die die Polizisten auf dem Boden verteilt hatten. Hauptsächlich waren es Briefe. Dann kehrte er zum Sofa zurück und ging sie durch. Einer stammte von einem Versicherungsvertreter, der Sullivan mitteilte, der Hausrat von Fonthill House sei jetzt mit 2000 Pfund beziffert und die Beitragszahlung überfällig. In einer ganzen Reihe weiterer ging es ebenfalls um Fonthill, sie kamen von einem Anwalt in Exeter und waren an Mrs Sullivan adressiert. Als Breen sie durchblätterte, erfuhr er, dass die Sullivans das Haus erst vor zwei Jahren für elftausend Pfund gekauft hatten. Einzelheiten bezüglich einer Hypothek waren nicht aufgeführt, anscheinend hatten sie die Immobilie direkt bezahlt. Er notierte sich die Adresse des Notars.
Nachdem er sich weitere zehn Minuten mit der durcheinandergeratenen Korrespondenz beschäftigt hatte, sagte er: »Ich bin hier fertig. Kommen Sie, wir werfen noch mal einen Blick in das Zimmer des Mädchens, bevor’s die Kollegen auch noch auf den Kopf stellen.«
Sie fanden es ohne Probleme. Bislang waren die Zimmer der Kinder unberührt geblieben. Beide lagen im hinteren Teil des Hauses. Eines war ganz eindeutig das des Jungen. An den Wänden hingen Fotos von Lamborghini- und Lotus-Sportwagen. Ein Fußballkalender von Exeter City. Ein Mikroskop. Ein Dartboard. Ein selbstgebauter Kran aus einem Bastelset. Ein noch nicht fertig gebautes Modellflugzeug. Ein Bild von Sitting Bull.
Morwennas Zimmer lag daneben. Ein Kleiderschrank mit Kinderklamotten und ein Regal voll mit Unsere kleine Farm und Black Beauty , aber kaum etwas, das darauf schließen ließ, dass hier jemand über sein zehntes Lebensjahr hinaus gelebt hatte. Eine lila Stoffpuppe auf dem Bett.
Breen zog die Kommodenschubladen auf. Die oberste war leer. In den unteren befanden sich alte Klamotten, nichts davon war für Breen von Interesse. Auch in ihrem Nachttisch war eine Schublade, aber auch sie war leer. An den Wänden hatten einst aus Teenagerzeitschriften ausgerissene Bilder gehangen, zweifellos hatte sie Fotos von den Beatles über ihr Bett gepinnt. Jetzt sah man nur noch Spuren an den Stellen, wo das Klebeband gehaftet hatte und die Nadeln
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