Abbild des Todes
E.J. an. “Du kannst die Zeichnung rausnehmen”, sagte sie ihm. “Die mysteriöse Frau ist identifiziert worden.”
“Wer ist es?”
“Sie heißt Lola Malone. Bis vor einer Woche war sie Sängerin im
Blue Moon.”
Es gab eine kurze Pause, bevor E.J. fragte: “Ist das nicht der Nachtclub, der deinem Exmann gehörte?”
“Der Club gehört ihm immer noch. Ich war eben da, um mit Rick zu sprechen, aber das hat mich leider nicht weitergebracht. Er will mir nicht helfen.” Sie hörte die Bitterkeit in ihrer eigenen Stimme.
“Hat er dir einen Grund genannt?”
“Er macht sich Sorgen, dass die schlechte Publicity seinem Club schaden könnte. Und”, gab sie widerstrebend zu, “er glaubt nicht, dass sie tot ist. Er sagt, dass sie auf eine längere Reise Richtung Südpazifik aufbrechen wollte und das sehr wahrscheinlich auch getan hat.”
“Er könnte recht haben.”
Zoe verdrehte genervt die Augen. Männer. Sie nahmen bedenkenlos immer den unkompliziertesten Weg – für sie musste eine Lösung vor allem eines sein: einfach. “Ich dachte, dass wenigstens du auf meiner Seite wärst.” Ihr war bewusst, wie kindisch diese Bemerkung klang, und korrigierte sich schnell. “Ich meine, du hast mir doch geglaubt.”
“Das tue ich auch, aber gleichzeitig kann ich nicht ignorieren, dass, wenn Lola Malone für deinen Exmann gearbeitet hat, er sie sicherlich besser kennt als wir.”
“Ich hasse es, wenn du so pragmatisch wirst.”
Er lachte, aber es hörte sich nicht echt an. “Ich muss jetzt los, Zoe. Halt mich auf dem Laufenden.”
“Sicher.”
Das Taxi hatte vor ihrem Wohnhaus angehalten. Sie bezahlte und rannte dann die Stufen zum zweiten Stock hinauf, wo sie abrupt stoppte. Joe Santos, Polizist beim NYPD, dem New York Police Department, und neben Lizzy ihr bester Freund, saß auf der obersten Treppenstufe. Auch wenn er in der Abteilung für Betrug und Wirtschaftskriminalität arbeitete und im Midtown-District sein Büro hatte, kannte er überall Leute und hatte sicherlich von den Ereignissen der letzten Nacht gehört.
Zoe hatte Joe im September 2001 kennengelernt, kurz nach der Tragödie des 11. September. Zoe hatte Lizzy geholfen, Essen an die Einsatzkräfte am Ground Zero zu verteilen. Joe Santos, damals ganz frisch bei der Polizei, hatte ein paar Tage zuvor nationale Bekanntheit erlangt, als er in einen der Türme rannte, um zwei Frauen aus den Trümmern zu retten, kurz bevor das Gebäude in sich zusammenstürzte.
Als sie sich besser kannten, bemerkte Zoe, dass Joes Gefühle für sie viel tiefer gingen als reine Freundschaft. Das Problem war nur, dass Zoe diese Gefühle nicht erwiderte. Sie liebte ihn von ganzem Herzen – aber eben nicht auf die romantische Weise. Und auch wenn die Wahrheit schmerzlich war, hatte Joe ihre Entscheidung akzeptiert und zugestimmt, dass sie einfach nur Freunde blieben.
Ohne Zweifel war er einer der attraktivsten Männer, die sie je getroffen hatte. Er hatte das gute Aussehen seiner puertoricanischen Eltern geerbt – schwarzes, dichtes Haar, intensive dunkle Augen und ein Lächeln, das direkt seiner Seele zu entspringen schien.
Obwohl er nie verheiratet gewesen war, entsprach er genau dem, was Zoe unter einem echten Familienmenschen verstand. Er hätte für seine Mutter, die inzwischen Witwe war, seine vier Schwestern und sechs Nichten einfach alles getan. Und sie wiederum vergötterten ihn.
“Hey, Schönheit”, sagte er und küsste sie auf die Wange.
Sie schnüffelte an der braunen Tüte, die er dabeihatte. “Rieche ich da etwa das Sancocho deiner Mutter?”
“Und ein großes Stück von ihrem puerto-ricanischen Rumkuchen. Nachdem sie gehört hatte, was du erlebt hast, dachte sie, dass du ein wenig aufgepäppelt werden könntest.”
Da hatte sie recht. Zoe hatte seit den Cornflakes zum Frühstück nichts mehr gegessen. “Deine Mutter ist ein Engel.” Sie betrat das Loft und ging direkt in die Küche. “Genau wie du. Du bist extra meinetwegen den ganzen Weg hierher gefahren.”
“Ja, erinnere dich ruhig immer daran.” Er nahm den Tupperbehälter seiner Mutter aus der Tüte, während Zoe Teller, Löffel und eine Schöpfkelle aus den Schränken holte. Er lehnte ihr Angebot mitzuessen ab, aber füllte ihren Teller randvoll mit der duftenden karibischen Suppe. “Also, in was für Schwierigkeiten hast du dich dieses Mal gebracht?”
Sie nahm einen Löffel von der Suppe. “Du kennst die Geschichte noch nicht?”
“Doch, aber ich möchte
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