Abbild des Todes
Moon
aufgegeben hat.”
“Die Routine und die nächtlichen Arbeitszeiten haben sie ermüdet. Sie wollte für eine Weile fortgehen, vielleicht eine kleine Reise auf eine exotische Insel im Südpazifik machen. Sie hat mal ein paar Kataloge mitgebracht – Sydney, Neukaledonien, Tahiti.”
“Wollte sie demnächst abreisen?”
“Den Eindruck hatte ich, ja.”
“Kommt das nicht ein bisschen plötzlich? Ich meine, in der einen Minute hat sie noch eine erfolgreiche Karriere als Sängerin und in der nächsten plant sie, ans andere Ende der Welt zu fliegen?”
“Sie hatte schon sehr lange von dieser Reise gesprochen. Ich denke, dass der Tag gekommen war.”
“Und nun ist sie tot.”
“Das weißt du doch gar nicht. Bei manchen Leuten kann man den Puls kaum fühlen. Wenn man kein Arzt ist oder sonst wie dafür ausgebildet …”
“Ich brauche kein Medizinstudium, um zu wissen, dass die Frau, die ich gesehen und berührt habe, tot war. Das einzige Zugeständnis, das ich zu dem Zeitpunkt gemacht hätte, wäre zu überlegen, dass sie unter Umständen eines natürlichen Todes gestorben ist. Aber die Tatsache, dass ihre Leiche verschwunden ist, hat das geändert. Sie wurde ermordet, Rick. Und wer immer das getan hat, hat sie weggeschafft, während ich Hilfe geholt habe.”
Er betrachtete sie einen Augenblick lang. “Was genau willst du jetzt von mir?”
“Erzähl mir alles, was du von Lola Malone weißt. Wo sie wohnte, die Namen und Adressen ihrer Freunde und Verwandten. War sie verheiratet? Hatte sie einen Freund?”
Rick schüttelte bereits den Kopf. “Das kann ich wirklich nicht machen.”
“Warum nicht?”
“Weil das Privatleben meiner Angestellten genau das ist – privat.”
“Willst du denn nicht herausfinden, was mit ihr passiert ist?”
“Nicht, bis ich nicht überzeugt davon bin, dass überhaupt etwas passiert ist.”
Er war noch genauso schwierig, wie sie ihn in Erinnerung hatte. “Kann ich dann wenigstens mit deinen anderen Angestellten sprechen?”
“Nein.”
Sie fühlte, wie ihre Wangen sich röteten. “Was ist falsch daran, mit Lolas Kollegen zu reden?”
“Ich möchte nicht, dass meine Mitarbeiter verunsichert werden und der Ablauf im Club gestört wird. Und ganz sicher will ich nicht das Gerücht umgehen hören, dass meine Sängerin ermordet wurde. Solche Nachrichten können einen Laden in null Komma nichts ruinieren.”
Das war das zweite Mal innerhalb von zwei Tagen, dass sie diesen Kommentar hörte. “Deshalb willst du mir nicht helfen? Weil dein Geschäft darunter leiden könnte?”
“Das habe ich so nicht gesagt …”
“Es ist immer nur der Club, nicht wahr, Rick? Das
Blue Moon
steht an erster Stelle, egal was passiert.”
“Ich merke schon, du bist noch genauso dickköpfig wie früher. Du weigerst dich nach wie vor, den Standpunkt anderer Leute zu akzeptieren. Dein Weg ist der einzig richtige Weg.”
Sie sprang aus ihrem Sessel auf und schüttete dabei aus Versehen etwas von dem Drink auf ihre Tweedhose. “Das ist nicht wahr!”
Rick zog ein weißes Taschentuch aus seiner Hosentasche und reichte es ihr.
Sie riss es ihm aus der Hand und tupfte ungeduldig die Flecken auf ihrer Hose trocken.
“Sieh doch mal”, sagte er sanft. “Warum wartest du nicht noch ein paar Tage? So wie ich Lola kenne, wird sie, wenn sie auf ihre Reise gegangen ist, in ein paar Tagen anfangen, Postkarten zu verschicken, und zwar nicht zu knapp. Und wenn sie wirklich vermisst wird, wird jemand in der Zwischenzeit bestimmt die Polizei informieren.”
“Aber was geschieht, wenn nicht? Was ist, wenn es niemanden kümmert?”
“Es kümmert mich. Ich werde noch ein paar Tage warten und dann mit ihrem Concierge sprechen, er kennt mich.”
“In ein paar Tagen wird die Spur, die ihr Mörder eventuell hinterlassen hat, kalt sein.”
Er lächelte. “Das klingt wie etwas, das Kitty Floyd sagen würde.”
Er nahm sie genauso wenig ernst wie Officer Curtis und sein Kollege Barnes. Aufgebracht warf sie das Taschentuch auf den Tisch. “Ich sehe schon, dass ich hier nur meine Zeit verschwende.” Als er um den Tisch herumkommen wollte, hob sie abwehrend eine Hand. “Bemüh dich nicht, mich hinauszubegleiten. Ich kenne den Weg.”
“Komm, Zoe, ich will nicht, dass du böse auf mich bist, wenn du gehst.”
“Wäre ja nicht das erste Mal.”
Sie war bereits an der Tür und hatte eine Hand auf die Klinke gelegt, als er sie rief. “Hey, Red.”
Sie hätte einfach weitergehen sollen, aber
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