Abbild des Todes
Vater.”
“Zoes Vater starb, als sie ein kleines Mädchen war.”
“Das sollte jeder glauben.” Er schaute kurz zu Zoe hinüber, die erste Anzeichen von Ungeduld zeigte. “Ich weiß, dass du Fragen hast, und ich werde sie alle beantworten, aber nicht hier. Jemand könnte mich beobachten. Heute Morgen habe ich einen Mann gesehen, der mir gefolgt ist.”
“Und Sie haben ihn abgehängt, ich weiß. Der Mann arbeitet für mich.”
Der Fremde sah Rick mit neu erwachtem Interesse und leicht amüsiert an. “Du bist genauso, wie ich mir dich vorgestellt habe – vorausschauend, impulsiv und ungeduldig.”
“Und woher wollen Sie das wissen?”
“Lass uns irgendwo einen Kaffee trinken gehen, und dann erzähle ich dir alles.”
“Sie können es mir auch gleich hier erklären.”
“Nicht, wenn Zoe in der Nähe ist.”
“Rick?” Scheinbar genervt vom Warten begann Zoe, auf die beiden Männer zuzugehen.
“Lass mich gehen”, flüsterte der Mann nervös. “Bevor sie hier ist. Ich gebe dir mein Wort, dass ich nicht abhauen werde. Sag mir einfach, wo wir uns treffen können.”
Rick hatte nur den Bruchteil einer Sekunde Zeit, um sich etwas zu überlegen. Seltsamerweise vertraute er diesem Fremden. “Wissen Sie, wo das
O’Brady’s
ist?”
“Es ist schon eine Weile her, seit ich in New York gewohnt habe.”
“Es ist an der Broome Street, direkt gegenüber vom Kerr Museum. Ungefähr fünf Minuten von hier.”
Als der Mann verschwunden war, legte sich eine Hand auf Ricks Arm. “Du lässt ihn gehen?” Zoe blickte ihn ungläubig an. “Warum hast du nicht die Polizei gerufen?”
“Das erkläre ich dir später.”
“Was willst du erklären? Wer ist er? Was wollte er von mir? Und wie lange hat er mich schon beobachtet?”
“Er hat dich nicht beobachtet.”
“Und wieso hat er dann die ganze Zeit auf meine Fenster gestarrt?”
“Das weiß ich erst, wenn ich mit ihm gesprochen habe.”
“Du kannst nicht mit ihm sprechen. Falls du es nicht bemerkt hast, er ist weg.”
“Wir treffen uns auf einen Kaffee.”
Mit offenem Mund starrte sie ihn an. “Du machst dir einen netten Nachmittag mit meinem Verfolger?”
“Ich sagte doch …”
“Er verfolgt mich nicht, ja, das habe ich gehört. Aber jetzt will ich, dass du mir zuhörst. Wo auch immer du den Kerl triffst, ich komme mit.”
Rick schüttelte den Kopf. “Auf gar keinen Fall!”
“Warum? Ich bin hier das Opfer, schon vergessen? Ich habe ein Recht darauf zu erfahren, warum er mir gefolgt ist.”
“Und das wirst du auch erfahren. Später.”
Zoes sechster Sinn, der Rick schon immer etwas unheimlich gewesen war, kam durch. “Warum verhältst du dich so komisch? Was verheimlichst du?”
“Nichts.”
“Quatsch. Du rufst mich zu Hause an und sagst mir, ich soll einen kleinen Spaziergang machen, damit du einen Mann ausfindig machen kannst, der mich verfolgt. Als du ihn hast, lässt du ihn wieder laufen, ohne ihm irgendwelche Fragen zu stellen. Wem willst du hier was vormachen?”
“Alles, was du im Moment wissen musst, ist, dass der Mann, den du gesehen hast, dir nichts Böses will.” Er nahm ihre Hand. “Nun komm, ich bring dich nach Hause. Sobald ich mit ihm fertig bin, komme ich vorbei und erzähle dir alles.”
“Versprochen?”
“Pfadfinderehrenwort.”
Langsam schwanden die Zweifel aus ihren Augen. Sie kämpfte nicht mit ihm. Im Gegenteil, sie war beinahe handzahm, als sie neben ihm herging. Offensichtlich zählte sein Wort doch noch etwas.
“Ich warte auf dich”, sagte sie, als sie an ihrer Tür angekommen waren.
O’Brady’s
war nicht mehr als ein einfacher Raum mit einem blinkenden Neonbierglas im Fenster. Das große Angebot an preiswertem Essen und Getränken hatte es zu einem beliebten Treffpunkt der NYU-Studenten gemacht, die die Bar jeden Abend bis auf den letzten Platz besetzten. Wie immer standen die jungen Männer in Dreierreihen an der Bar, tranken Bier und hielten nach Mädchen Ausschau.
Der Mann, der sich Ray Dougherty nannte, hatte einen Platz auf der breiten Fensterbank ergattert. Zwei Flaschen Heineken standen neben ihm, keine Gläser. Wusste er, dass Rick nur Heineken trank? Und niemals aus dem Glas, sondern nur aus der Flasche? Oder war das nur ein Zufall?
Das gleiche amüsierte Lächeln, das Rick vorher schon bemerkt hatte, umspielte wieder Rays Mundwinkel, als Rick sich neben ihn quetschte. “Ist das Bier okay?”
“Ja.” Rick trank einen Schluck. “Woher wussten Sie das?”
“Als ich
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