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Abbild des Todes

Abbild des Todes

Titel: Abbild des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
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trug einen Trenchcoat mit hochgestelltem Kragen. Von hinten sah er mittelgroß und mittelschwer aus.”
    “Das ist nicht gerade sehr hilfreich.”
    “Ich weiß. Tut mir leid …”
    “Wie hast du ihn verloren?”
    Stretch klang, als würde er sich schämen. “Er hat den Klassiker gebracht. Ist vorne in einen Laden rein und auf der Rückseite wieder raus.”
    “Wo ist Zoe jetzt?”
    “In ihrer Wohnung. Ich habe gerade gesehen, wie sie reingegangen ist.”
    “Und von dem Verfolger keine Spur?”
    “Nein.”
    “Okay, dann vergiss die Überwachung. Geh nach Hause, Stretch. Wir sehen uns heute Abend.”
    Rick legte auf. Einen Augenblick blieb er noch an seinem Schreibtisch sitzen, dann stand er auf, nahm seinen Mantel und ging hinaus.
    Da er wusste, dass er um diese Zeit in SoHo keinen Parkplatz finden würde, rief Rick ein Taxi und bat den Fahrer, ihn an der Nancy Hoffman Gallery am West Broadway abzusetzen. Den Rest des Weges ging er zu Fuß. SoHo war ein Viertel, das Rick schon immer gereizt hatte – doch er hatte sich nie die Zeit genommen, es in Ruhe zu erkunden. Eine unglaubliche Verwandlung war seit den Sechzigerjahren vor sich gegangen, als es nur ein weiterer Stadtteil von Manhattan war, in dem zwar schöne, aber auch sehr heruntergekommene Häuser standen. Jetzt reihten sich hier nicht nur die besten Galerien der Stadt aneinander, sondern es gab auch exquisite Boutiquen und die besten Restaurants von ganz Manhattan.
    Der Nachmittag war wolkenverhangen, und in Zoes Loft brannte Licht. Rick schaute sich um und versuchte den Mann zu entdecken, den Stretch beschrieben hatte. Die Straße war voll von Studenten der nahen NYU und Menschen, die auf der Suche nach Geschenken für Weihnachten die Auslagen der Schaufenster betrachteten. Soweit er es beurteilen konnte, war der Stalker nicht in der Nähe. Nachdem er Stretch entdeckt hatte, war er sehr wahrscheinlich fürs Erste in der Versenkung verschwunden.
    Direkt gegenüber von Zoes Haus lag eine Kunstgalerie, die in ihrem Fenster bizarre Skulpturen ausgestellt hatte. Vor dem Schaufenster stand eine kleine Bank. Rick blieb außer Sichtweite und wartete.
    Nach ein paar Minuten kam ein Mann im Trenchcoat mit hochgestelltem Kragen um die Ecke, zögerte einen Moment, ging dann hinüber zu der Bank und setzte sich.
    Er war Ende fünfzig und saß einfach da. Er vermittelte den Eindruck, als sei er zufrieden damit, die flanierenden Passanten zu betrachten.
    Rick beobachtete ihn und fragte sich, ob das der Mann war, den Stretch gesehen hatte, oder nur ein müder Fußgänger, der seinen Beinen nach einem ausgedehnten Einkaufsbummel eine kleine Rast gönnen wollte.
    Aber ein Einkaufsbummel ohne Einkaufstüten?
    Als der Blick des Mannes plötzlich nach oben zu Zoes Fenstern ging und dort einen Moment lang verweilte, verwarf Rick die Theorie des müden Shoppers. “Okay, Freundchen”, murmelte er und holte sein Handy heraus. “Dann wollen wir mal herausfinden, wer du bist und was du von Zoe willst.”
    Er stellte sich so, dass der Mann ihn nicht sehen konnte, und wählte Zoes Nummer.
    Ihre Stimme klang weich und sanft, wie eine warme Decke, die einen sanft umhüllte. “Hallo?”
    “Hey, Red.”
    Die warme Decke verwandelte sich unvermittelt in ein eiskaltes Laken. “Was willst du?”
    Sie war immer noch böse auf ihn. Das war zu erwarten gewesen. Er war an dem Abend vielleicht ein bisschen zu grob zu ihr gewesen. Im Recht, aber zu grob. Eine Entschuldigung hätte im Augenblick zu viel Zeit gekostet, also kam er direkt zum Punkt. “Du musst etwas für mich tun.”
    “Nachdem du mich vor Kurzem so mies behandelt hast, soll ich dir jetzt einen Gefallen tun?”
    “Ehrlich gesagt, sollst du
dir
einen Gefallen tun.”
    Stille. Er konnte fast hören, wie sich die kleinen Rädchen in ihrem Kopf bewegten. Was würde sie tun? Den Hörer auf die Gabel knallen? Oder der Neugierde nachgeben?
    Die Neugierde gewann. “Worum geht es denn hier überhaupt?”
    “Ich möchte, dass du runterkommst und einen kleinen Spaziergang machst.”
    Wieder ein kurzes Schweigen. “Einen Spaziergang? Und wohin?”
    “Weg von den Leuten, Richtung Fluss.”
    Zoe lachte auf. “Bist du verrückt?”
    Er behielt den Mann auf der Bank im Auge. “Dir wird nichts passieren, ich bin ganz in der Nähe. Wenn du aus dem Fenster schaust, kannst du mich sogar sehen.”
    Er sah, wie sie ans Fenster trat, und winkte ihr kurz zu.
    “Was machst du da?”
    “Du wirst von einem Mann verfolgt.”
    Instinktiv

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