Abby Cooper 01 - Detectivin mit 7. Sinn
Abschiedsbrief zurückließ, den sie ihm damals nach ihrem Umzug geschrieben hatte. Das erklärte auch das zerfetzte Hochzeitskleid. Frank dürfte wütend gewesen sein, weil Alyssa wieder heiraten wollte, und nachdem er sie erschossen hatte, ließ er seine Wut noch einmal an dem Kleid aus.
Als Allison das alles begriffen hatte, musste sie ihn angerufen und ihm seine blutige Tat vorgehalten haben. Ich dachte an die Sitzung mit ihr zurück. Ich sagte ihr damals, es gebe ein Familienmitglied, das Schuld am Verlust ihrer Schwester habe - er sei kein Bruder, nicht einmal ein Blutsverwandter. Für mich stand jetzt fest, dass Frank dieser Verwandte aus Ohio war, den ich bei der Sitzung gespürt hatte. Aufgeregt wegen der neu gewonnenen Erkenntnis, sprang ich aus dem Bett und ging im Zimmer auf und ab.
Blieb die Frage, was ich damit anfangen sollte. Ich sollte Dutch anrufen, wollte aber nicht mit ihm reden. Immer wieder wanderte mein Blick zum Telefon. Ich konnte Detective Anderson anrufen und es durch ihn ausrichten lassen. Ich lief hin und her und überlegte. Durch den Anruf würde Anderson wissen, dass ich in einem hübschen, ruhigen Hotel steckte und nicht in einem lauten Greyhound.
Ich tigerte weiter durchs Zimmer und rang mit meinem Gewissen. Dutch musste die Information bekommen, aber nicht unbedingt von mir. Ich sah auf den Radiowecker und seufzte. Es war fast halb zehn. Ich setzte mich aufs Bett und fuhr mir durch die Haare. Ich war ungeheuer müde. Die Ereignisse der vergangenen Tage forderten ihren Tribut. Resigniert kam ich zu dem Schluss, dass acht Stunden bei der Jagd auf Frank Milford sowieso keinen Unterschied ausmachten. Wenn er es war, der Allison, Alyssa und Mary Lou ermordet hatte, dann hielt er sich zweifellos irgendwo versteckt und tat alles, um nicht aufzufallen. Nein, es war besser, ordentlich zu schlafen und gleich morgen früh Anderson anzurufen, mit unterdrückter Rufnummer. Dann würde Dutch sich noch früh genug auf Milfords Fährte setzen, und ich könnte weiter unauffindbar bleiben und brauchte nicht mit ihm zu reden.
Müde zog ich die Bettdecke über mich und schlief sofort ein.
13
Am nächsten Morgen fuhr ich aus dem Schlaf hoch. Irgendetwas war nicht in Ordnung. Ich saß kerzengerade im Bett und sah mich in dem dämmrigen Zimmer um. Eine schreckliche Minute lang wusste ich nicht mehr, wo ich war. Dann stürzte die Erinnerung auf mich ein, und mit einem panischen Gedanken sah ich zur Uhr. Blinzelnd las ich die Zeit ab. Da stand eine Acht. Ein hektischer Blick zum Fenster - acht Uhr morgens. Fluchend warf ich die Bettdecke zurück. Wie konnte das passieren? Ich hatte den Wecker auf sieben gestellt! Ganz sicher! Der erste Kliententermin war für neun angesetzt. Ich würde es vielleicht gar nicht zur Praxis und zurück schaffen. Ich sauste ins Bad, warf die Kontaktlinsen ein, kämmte mich mit der einen, putzte mir mit der anderen Hand die Zähne, zwängte die Haare in ein Haargummi und stieg in Jeans und T-Shirt, griff nach meiner Handtasche und rannte aus dem Zimmer.
Auf dem Bürgersteig angekommen, stellte ich bestürzt fest, dass es immer noch regnete. »Kannst du mir nicht mal eine Auszeit gönnen?«, meinte ich mit einem Blick zum Himmel, dann zog ich den Kopf ein und rannte los. Ohne einmal anzuhalten, rannte ich zwei Blocks weit bis zum Washington Square Building und war erneut durchnässt, als ich ankam. Atemlos lief ich durch die Glastür in die Eingangshalle und musste mich an der Treppe erst mal am Geländer festhalten, um vornübergebeugt zu verschnaufen. Zwei Frauen, die vorbeikamen, machten einen weiten Bogen um mich und bedachten meine triefende, hechelnde Gestalt mit missbilligenden Blicken. Hätte ich noch Als ich bloß noch keuchte, richtete ich mich auf und sah auf die Uhr. Viertel nach acht. Alle Achtung. Auf der Treppe nahm ich zwei Stufen auf einmal, obwohl meine Beine brannten, und lief den Flur entlang zu meiner Praxis. Ich holte den Schlüssel heraus, schloss auf, huschte hinein und schloss die Tür. Ich hob das große Paket auf, das vor der Tür stand und trug es in mein Büro. Als ich durch die Tür kam, klingelte das Telefon, und ich nahm reflexartig ab.
»Hf-hf-hallo? Hf-hf.«
»Abby? Was ist los? Alles in Ordnung?«, fragte Dutch.
»Du! Hf-hf-bist! Hf-hf-einarschloch! Hf-hf.«
»Weißt du, was für Sorgen ich mir deinetwegen gemacht habe?«, brüllte Dutch.
Ich schüttelte den Kopf und bedachte den Hörer mit einer unanständigen Grimasse, ehe ich ihn
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