Abby Cooper 03 - Hilferuf aus dem Jenseits
Häufig nehmen sie die Lebenden gar nicht wahr. Das macht es sehr schwierig, mit ihnen zu sprechen. Dazu kommt noch, dass Theresa in Kalifornien lebt und nicht mal eben herkommen kann, um uns zu helfen. Denn es scheint mir unausweichlich, dass man dem Geist persönlich gegenübertreten muss, um an ihn ranzukommen.«
»Wieso war mir gleich klar, dass das nicht so einfach werden wird?«, fragte Dutch und rutschte auf der Couch hin und her, um eine bequeme Position zu finden.
»Ich werde sie trotzdem mal anrufen. Vielleicht kann sie uns auf andere Weise helfen. Manchmal empfängt sie Namen und andere Einzelheiten.«
»Klingt gut, aber ich habe noch eine Frage, Abby«, sagte Milo.
»Schieß los.«
»Warum müssen wir ermitteln, wer der Geist ist, wenn wir ihn bloß loswerden wollen?«
»Wenn wir wissen, warum die Frau ermordet wurde, und vielleicht sogar herausfinden, wie ihr Name war, könnten wir sie durch eine Konfrontation mit diesen Informationen zum Wechsel ins Jenseits bewegen.«
»Eine Konfrontation?« Dutch zog skeptisch eine Braue hoch.
»Ja. Wie gesagt, es ist schwierig, mit Geistern zu kommunizieren, aber wenn wir ganz laut ihren Namen rufen, hört sie ihn vielleicht und erkennt ihn, und dann braucht man ihr nur noch zu erklären, dass sie die Treppe hinuntergestürzt ist oder ermordet wurde oder was auch immer. Man muss ihr begreiflich machen, dass sie tot ist. Die meisten Geister wechseln dann auf die andere Seite.«
»Hört sich ziemlich einfach an«, meinte Milo zuversichtlich.
»Unglaublich, dass ich dieses Gespräch führe«, meinte Dutch kopfschüttelnd.
»Wer wird mit dem Geist reden, sobald wir den Namen und die Todesumstände kennen?«, fragte Milo.
Wir sahen uns alle drei an, aber keiner meldete sich freiwillig. Schließlich fragte Dutch: »Fällt das nicht in dein Metier, Edgar?«
»Du meinst, weil ich medial veranlagt bin, eigne ich mich zum Geisterjäger?«
»Etwa nicht?«, fragte Milo.
Ich dachte darüber nach. Die Wahrheit war, dass ich Angst hatte, mich dem Haus zu nähern. In meiner Kindheit hatte ich einige unschöne Erfahrungen mit Geistern gemacht und hatte keine Lust auf eine neuerliche Begegnung.
»Wisst ihr was?«, begann ich in der Hoffnung, aus der Sache rauszukommen. »Ich werde Theresa fragen, ob sie hier jemanden kennt, der uns helfen kann. Ich meine, ich habe mir nur ein bisschen angelesen und eigentlich gar keine Praxis.«
Dutch zwinkerte Milo zu. »Da hat jemand Angst.«
»Ach ja?«, erwiderte ich schnippisch. »Mir ist nicht entgangen, wie schnell du aus dem Keller hochgeschossen kamst, sowie die Frau verschwunden war. Da sie dich offenbar sympathisch findet, solltest du die Aufgabe vielleicht übernehmen.«
»Was versteh ich denn davon?«, erwiderte er ein bisschen zu laut und zu schnell.
Milo und ich kicherten. »Dann soll ich also doch lieber einen Experten ausfindig machen?«
»Ja, das wird das Beste sein«, räumte Dutch ein und erntete schallendes Gelächter.
Später am Abend half ich Dutch, es sich auf dem Sofa bequem zu machen. Dann ging ich nach oben und rief Theresa von Dutchs Schlafzimmer aus an.
»Hallo?«, meldete sich eine männliche Stimme.
»Brett!«, rief ich erfreut, weil ich ihren Mann am Apparat hatte.
»Abby? Hallo, wie geht‘s dir?«
»Bestens. Ein frohes Neues Jahr wünsche ich dir.« Plötzlich wurde mir klar, wie sehr ich meine alten Freunde vermisste.
»Dir auch. Du möchtest Theresa sprechen?«
»Ja. Ist sie da?«
»Leider nicht. Sie ist im Studio und dreht Werbespots für ihre Show.« Theresa war mit dem Versprechen einer Fernsehkarriere nach Kalifornien gelockt worden. Gegenwärtig wurde eine regionale Sendung mit ihr produziert, in der sie ihr bewundernswertes Talent zum Einsatz brachte, und bei positiver Resonanz würde man die Show landesweit ausstrahlen, hieß es.
»Würdest du ihr etwas ausrichten?«
»Klar.«
»Sag ihr bitte, sie soll mich anrufen, sobald sie kann. Es gibt etwas Dringendes, das ich mit ihr besprechen muss.«
»Ist alles in Ordnung?«, fragte er besorgt.
»Ja, sicher. Alles prima.« Lügner, Lügner ... »Ich brauche nur ihren fachlichen Rat.«
»Gut. Ich werde es ihr sagen. Sie wird aber nicht vor zehn heute Abend nach Hause kommen. Ist dir das zu spät?«
Ich blickte rechnend auf die Uhr und dachte, wie müde ich war. »Ich fürchte, ja. Dann bitte sie doch, mich morgen irgendwann auf dem Handy anzurufen.«
»Mach ich. Es ist schön, mal wieder von dir zu hören, Abby. Wir vermissen
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