Abby Cooper 03 - Hilferuf aus dem Jenseits
Hause meldete sich niemand, also versuchte ich es mit der Handynummer und ließ es eine Weile klingeln.
»Hallo?« Endlich meldete er sich, aber er klang gedämpft und sonderbar.
»Dave?«, vergewisserte ich mich besorgt. »Was ist los?«
»Nix ...«, antwortete er. »Allsklarsoweit.«
»Du bist betrunken.«
»Ganich!«, lallte er.
»Wo bist du?«, fragte ich voller Sorge, er könnte womöglich mit dem Wagen unterwegs sein.
»Ssu Hause«, nuschelte er und rülpste laut. »Hab den Tittenkanal eingeschaltet und trink mir ein’n.«
»Gut. Wollte nur mal hören, wie’s dir geht nach deinem Erlebnis heute.«
»Will nich drüber reden, Abby.«
»Schon gut. Setz dich wieder vor die Glotze. Ich ruf dich morgen Nachmittag an«, sagte ich und legte auf. Dave gab sich offenbar die Kante, um mit dem Unerklärlichen fertig zu werden.
Als ich zurück ins Wohnzimmer kam und mich hinsetzte, klappten Dutch und Milo das Buch zu. »Gut. Was ist der nächste Schritt?«, fragte Milo.
»Meiner Ansicht nach sollten wir versuchen herauszufinden, wer die geheimnisvolle Frau gewesen ist«, sagte ich. »Milo, könntest du vielleicht in eurem Archiv nachsehen, ob es eine entsprechende Fallakte gibt?«
»Wie weit soll ich zurückgehen?«
»Wenn ich an die Erscheinung zurückdenke, scheint mir ihre Frisur auf jeden Fall aus dem vorigen Jahrhundert zu stammen. Geh fünfzig Jahre zurück und sieh zu, was du findest.«
»Fünfzig?« Milo riss die Augen auf. »Weißt du, wie viel Zeit mich das kostet?«
»Na gut, dann Versuchs mit fünfundzwanzig. Ich werde in die Bibliothek gehen und sehen, ob in den Zeitungen etwas stand, das mit dieser Adresse zu tun hatte. Es muss etwas geben.«
»Was tun wir, wenn wir den Namen der Ermordeten haben?«, fragte Dutch, und einen Moment lang war ich tatsächlich ratlos.
»Gute Frage.« Ich überlegte. »Auf Anhieb kann ich das auch nicht sagen, aber ich werde Theresa anrufen. Vielleicht hat die eine Idee.«
»Theresa?«, fragte Milo.
»Meine beste Freundin. Sie lebt in Kalifornien und ist ein fantastisches Medium.«
»Was macht sie so fantastisch?«
»Sie agiert als Schnittstelle zwischen den Lebenden und den Toten«, erklärte ich.
»Im Klartext?«, fragte Dutch.
»Sie spricht mit Verstorbenen.«
»Na, sag das doch gleich. Wie wär’s, wenn du diese Theresa anrufst und sie mit der Ermordeten reden lässt, dann können wir alle uns wieder um unseren eigenen Kram kümmern«, sagte Dutch.
»Leider funktioniert das so nicht.«
»Wie dann?«, fragte Milo.
»Theresa spricht nicht mit Geistern, sondern mit Leuten, die begriffen haben, dass sie tot sind, und sich schon im Jenseits befinden.«
Milo sah Dutch an. »Redet sie immer so?«
»Ständig«, sagte Dutch und verdrehte die Augen.
»Oh Mann! Hast du dann ein spiritistisches Wörterbuch parat?«
»Meistens reime ich mir was zusammen und nicke bloß. Das ist schön einfach.«
»Schön beschränkt ist das.« Allmählich verlor ich die Geduld mit den beiden. »Na gut! Euch zuliebe werde ich das geistige Niveau herunterschrauben. Ein Geist ist die Seele eines Menschen, der nicht begriffen hat, dass er tot ist. Er sitzt zwischen beiden Welten fest, zwischen unserer und dem Jenseits.«
»Du meinst den Himmel?«, fragte Milo.
»Tja ... ja. Ich spreche lieber vom Jenseits, aber eigentlich ist es dasselbe. Wie auch immer, die meisten Verstorbenen gehen sofort ins Jenseits, und ihnen ist völlig bewusst, dass sie tot sind. Für manche aber kam der Tod so unerwartet, dass sie die Tatsache nicht verarbeiten können, zum Beispiel wenn es ein gewaltsamer Tod war. Wenn also der Moment, ins Jenseits zu wechseln, gekommen ist, zögern sie und bleiben darum zwischen den Welten hängen. Nach allem, was ich über Geister weiß was nicht viel ist -, durchleben sie immerzu von Neuem den Augenblick des Sterbens und was dazu geführt hat. Ihnen ist klar, dass sie etwas Schreckliches erlebt haben, sie wollen aber die Konsequenz nicht anerkennen, sodass sie den Vorfall ständig wiederholen. Währenddessen schreitet die Zeit weiter voran und diese armen Seelen merken es nicht, weil sie so sehr mit ihrer Tragödie beschäftigt sind.«
»Aber warum kann Theresa nicht mit ihnen sprechen?«
»Dazu komme ich jetzt«, sagte ich. »Sie kann mit Leuten kommunizieren, die ins Jenseits gewechselt sind und die eine solche Verbindung wollen. Bei Geistern hatte sie bisher wenig Glück, weil die eben nicht wissen, dass sie tot sind und die Zeit ohne sie weiterläuft.
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