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Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt

Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt

Titel: Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ausritte legte Melvin meist in die frühen Morgenstunden, manchmal jedoch auch in den Abend, um die größte Hitze zu vermeiden, und es waren für Abby die schönsten Stunden der Woche. Gelegentlich nutzte Melvin ihre Ausritte auch, um für Abwechslung auf ihrem Speiseplan zu sorgen, und schoss eines der vielen Kängurus, die diesen Landstrich bevölkerten.
    Wenn Sarah müde wurde und eine Rast brauchte, ließen sie die Pferde grasen und setzten sich in den Schatten hoher Eukalyptusbäume. Dann unterhielten sie sich über alles mögliche und Abby vergaß manchmal völlig, dass sie trotz ihrer kleinen Sonderstellung ein Sträfling war.
    Bei diesen Gelegenheiten erfuhr sie von Melvin viel über das, was in der Kolonie passierte und was ein einfacher Sträfling kaum zu Ohren bekam, ganz besonders dann nicht, wenn er auf einer der Farmen am Hawkesbury lebte, wo Nachrichten immer erst mit großer Verspätung eintrafen.
    »Gouverneur King hat einen sehr schweren Stand«, berichtete er eines Tages. »Die Herren Offiziere vom New South Wales Corps tun alles, um ihm das Leben zur Hölle zu machen. Was immer King auch unternimmt, um die Rechte der freien Siedler und Emanzipisten zu stärken, das verdammte Rum-Corps weiß es zu vereiteln … allen voran dieser skrupellose John Macarthur.«
    »Wer ist das?«, wollte Abby wissen, die sich brennend für alles interessierte.
    Melvin spuckte einen Grashalm aus, auf dem er gekaut hatte. »Er ist der Schlimmste von allen. John Macarthur kam als Lieutenant mit dem New South Wales Corps in die Kolonie und machte sich schnell einen Namen als Querulant und Widersacher eines jeden Gouverneurs. Er wurde zum Sprecher der machthungrigen Offiziere und schaffte es doch tatsächlich, das ganze Corps gegen Gouverneur King aufzuhetzen, als dieser 1800 Hunter im Amt ablöste. Die Offiziere weigerten sich, dem neuen Stellvertreter des Königs ihre Aufwartung zu machen, und dachten gar nicht daran, ihr Rum-Monopol, mit dem sie die ganze Kolonie strangulieren, aufzugeben.«
    »Aber das verstehe ich nicht«, sagte Abby verwirrt. »Hat ein Gouverneur denn nicht die Macht, einen Mann wie diesen Macarthur zur Verantwortung zu ziehen?«
    Melvin lachte grimmig auf. »Nicht hier in der Kolonie. Als Macarthur dann einmal zu weit ging, ließ King ihn unter Arrest setzen und nach England bringen, wo er sich vor einem Kriegsgericht verantworten sollte. Doch Macarthur gelang es auch diesmal, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Die sehr detaillierte Anklageschrift, die King unter größten Sicherheitsvorkehrungen mit dem Angeklagten nach England geschickt hatte, verschwand auf mysteriöse Weise.«
    »Und ohne Anklage keinen Angeklagten«, folgerte Abby.
    »Richtig. Macarthur trat als strahlender Sieger aus dieser Affäre hervor. Er beeindruckte die heimische Baumwollindustrie mit den Wollproben seiner Schafherden. Na ja, was für ein hinterhältiger Schweinehund Macarthur auch sein mag, dass er ein ausgezeichneter Schafzüchter ist, muss man ihm lassen«, räumte Melvin widerstrebend ein. »Auf jeden Fall verstand er sich bald so gut mit den hohen Herren vom Kolonialamt, dass von Bestrafung gar keine Rede mehr sein konnte. Zwar zog er den Rock des Königs aus, aber es waren mehr wirtschaftliche Gründe, warum er Abschied von der Offizierslaufbahn nahm.
    Denn als er letztes Jahr im Juni wieder nach Australien zurückkehrte, hatte er vom Kolonialamt eine Landschenkungsurkunde über mehrere tausend Morgen bestes Weideland in der Tasche! John Macarthur ist vermutlich nicht nur der mächtigste, sondern auch der reichste Mann der Kolonie.«
    »Und die Offiziere hören noch immer auf ihn?«, fragte Abby.
    »O ja! Macarthur braucht keinen Offiziersrock zu tragen, um die Fäden in der Hand zu halten. Gouverneur King ist gegen diese rücksichtslose Bande machtlos. Es heißt, dass er schon längst um seine Ablösung gebeten habe und nur darauf warte, das Amt einem anderen übergeben zu können.«
    »Aber wird das denn etwas ändern?«
    »Eine gute Frage«, sagte Melvin bekümmert. »Es wird wohl davon abhängen, wer King als Gouverneur ablöst. Die Kolonie braucht endlich einmal einen Mann, der diesen korrupten Saustall mit dem eisernen Besen auskehrt!«
    Wenige Monate später, im August des Jahres 1806, kam dieser Mann auch. William Bligh wurde der Nachfolger von Gouverneur King, und jedes Kind wusste, wer dieser strenge, herrische Mann war: der ehemalige Captain der Bounty, deren Mannschaft 1789 in der Südsee gegen

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