Abby und Schneewittchen in Gefahr: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
gelesen. Sie heißt Schneewittchen .«
»Nein«, sagt Jonah. »Sie heißt Schneewittchen und die sieben Zwerge .«
»Das sind wir!«, quietscht Enid und streicht sich ihr rosafarbenes Kleid glatt. »Die sieben Zwerge! Wir sind berühmt!«
»Ich glaube, die richtige Geschichte, die von den Gebrüdern Grimm geschrieben wurde, heißt einfach nur Schneewittchen .« An die Zwerge gewandt füge ich hinzu: »Aber ihr kommt da natürlich auch schon drin vor.«
»Habt ihr Ketchup?«, will Jonah wissen.
»Ist das was zu essen?«, fragt Schnee.
»Ja«, sagt Jonah. »Etwas sehr Leckeres zu essen.«
Sie schütteln alle den Kopf.
»Noch nie gehört«, erwidert Schnee.
»Dann bist du also eine Wahrsagerin?«, fragt mich Bob. Zumindest glaube ich, dass es Bob war. Ich kann gar nicht sehen, ob sich unter all seinen Haaren die Lippen bewegen.
»Nee«, sage ich. »Wir sind zwei ganz normale Kinder. Keine Wahrsager.«
»Doch, irgendwie schon«, sagt mein Bruder mit vollem Mund. »Schließlich wissen wir, was passieren wird.« Erstaunlich, dass er das Essen mag und gar nicht versucht, die Fleisch stücke in seinen Socken zu verstecken. Der Eintopf schmeckt irgendwie ekelhaft. Schnee ist nicht gerade die beste Köchin der Welt.
Frances beäugt mich misstrauisch. »Bist du etwa eine Hexe? Noch mehr krumme Sachen können wir hier nämlich nicht gebrauchen, verstanden?«
Ich schüttele den Kopf. »Nein, keine Hexe, keine krummen Sachen, nichts dergleichen.« Na ja, abgesehen davon, dass wir durch einen Spiegel hierhergekommen sind.
»Wo wohnt ihr denn?«, dröhnt Alan.
»In Smithville«, antworte ich. »Leider.«
Alan schüttelt den Kopf. »Ich kenne kein Smithville.«
»Das überrascht mich nicht. Ich schätze mal, es ist ziem lich weit weg von hier«, sage ich. Unendlich weit weg, fürchte ich. »Wo sind wir hier überhaupt?«
»Ihr seid in unserer Hütte«, antwortet Bob.
»Ja, aber wo befindet sich eure Hütte?«, frage ich.
»Im Königreich von Zamel«, erwidert Alan.
»Zamel!«, ruft Jonah begeistert. »Was für ein toller Name!«
Häh? »Zamel? Wo ist Zamel?«
Frances verdreht die Augen. »Hier.«
Und wie kommen wir jetzt von hier nach Smithville?
»Könnt ihr uns etwas darüber erzählen?«, fragt Schnee.
»Über Smithville? Smithville ist eine Stadt in den Vereinigten Staaten von Amerika«, sage ich.
»Nein, ich meine, über die Geschichte«, sagt Schnee. »Könnt ihr uns erzählen, wie sie weitergeht?«
»Ja«, rufen alle Zwerge gleichzeitig. »Erzählt uns die Geschichte! Wir lieben Geschichten!«
Ich sehe meinen Bruder an und zucke mit den Schultern. Wahrscheinlich können wir es ihnen schon erzählen, denn schließlich handelt das Märchen ja von ihnen. Ich weiß nur nicht, ob ich mich noch richtig an alles erinnern kann. In dem Buch aus der Bibliothek ist es das fünfte Märchen. Aber ich habe heute nur die ersten zwei geschafft, und dass ich die Geschichte zum letzten Mal irgendwo gehört habe, ist schon länger her, das war, bevor wir umgezogen sind. »Es war einmal …« Ich breche ab und fange noch einmal an: »Es ist schon ein paar Jahre her, da gab es mal so eine Königin.« Und dann? Hm. Oh, ja! »Sie stach sich mit einer Nadel in den Finger, und ein paar Tropfen Blut fielen auf den …« Ich habe vergessen, worauf sie fielen. Was war es nur? Ah, richtig! »Auf den Schnee. Und die Königin fand, dass sich das rote Blut auf dem weißen Schnee sehr gut machte. Moment. Ihr gefiel die Kombination von Rot und Weiß und noch etwas Schwarzem. Jonah, weißt du noch, woher das Schwarz kam?«
Er schüttelt den Kopf. »An den Teil kann ich mich gar nicht mehr erinnern.«
Jonah hat meine Begeisterung für die Geschichten, die uns unsere Oma früher vorgelesen hat, nie wirklich geteilt. Er hat dann immer ganz abwesend gewirkt, weil er viel lieber spielen gehen als zuhören wollte.
»Wie auch immer. Die Königin hat sich gewünscht, ein Kind zu bekommen mit Haut so weiß wie Schnee, Haaren so schwarz wie, ähm, die Nacht und Lippen so rot wie Blut.«
»So weiß wie Schnee«, wiederholt Bob nickend. »Daher hat sie also ihren Namen.«
»Oh«, flüstert Schnee. Ihr stehen Tränen in den Augen. »Ich wusste gar nicht, dass sich meine Mutter mich ge wünscht hat. Ich wusste gar nicht, dass ich deswegen so aussehe.«
»Sie muss dich wirklich sehr geliebt haben«, stellt Tara fest.
»Das hat sie ganz bestimmt«, bestätige ich, und dabei kriege ich selber ganz feuchte Augen. Denn was als Nächstes
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