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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gute Nacht!«
    Wir gingen und ließen ihn stehen, so starr und aufrecht, wie er stand. Ganz selbstverständlich wurde, als wir das platte Dach erreichten, das Kaminloch sofort geöffnet. Als ich durch dasselbe hinunter in die Stube schaute, öffnete sich soeben die Tür und der Basch Tschausch trat ein. Dieser Mensch schien also den Befehl zu haben, allabendlich auf unser Gehen zu warten und dann Bericht zu erstatten. Er hatte ausgekundschaftet, daß wir gestern in der Mühle gewesen waren und mit Ben Adl gesprochen hatten. Das erzählte er.
    »Also daher die zwei Rosen, die sie oben bei sich im Wasser stehen haben!« sagte der Effendi. »Sie verkehren mit dem Müller. Sie sind vertraut mit ihm. Sie bekommen sogar Rosen geschenkt! Von jetzt an werde ich dafür sorgen, daß immer einer der beiden Leutnants bei ihnen ist, damit sie nicht weiter spionieren können. Waren sie vielleicht schon in einer der Douanen?«
    »Ja; sogar in beiden«, antwortete der Feldwebel.
    »Wann?«
    »Gestern.«
    »Und das erfahre ich erst jetzt? Hütet euch! Wenn ich einmal aufhöre, Gemütsmensch zu sein, so schlage ich euch alle tot und schmeiße euch dann noch extra alle hinaus! Nehmt euch in acht, daß sie ja nicht von den Schmuggelkellern erfahren, die wir damals von den Regierungsgeldern heimlich mit in die Douanen bauten!«
    »Und daß man durch die Brunnen zu ihnen hinuntersteigt!« fügte der Basch Tschausch lachend hinzu. »Das war der pfiffigste Streich, den wir uns jemals ausgesonnen haben! Die Regierungen haben die Keller selbst gebaut und auch selbst bezahlt, in denen wir unsere Schleichwaren verbergen! Sie selbst sorgen also, ohne daß sie es ahnen, für unsere Unterkunft und daß wir nie entdeckt werden können!«
    »Ja, nie entdeckt! Das ist richtig!« stimmte der Dicke bei. »Mag man hier bei mir suchen, so viel man will, es ist nichts zu finden. Und wenn ja das Unmögliche geschähe, daß die Keller entdeckt werden, so findet man dort nicht ein einziges Haar, durch welches bewiesen werden könnte, daß du oder ich zu den Paschern gehören. Wir beide sind auf alle Fälle sicher. Und sollten einmal die vier Aghas erwischt werden, so mache ich mir nichts daraus, ja, es ist mir das sogar lieb, denn sie betrügen mich doch, wenn ich auch noch nicht habe entdecken können wie!«
    Was noch gesprochen wurde, bezog sich auf andere Dinge, die mir gleichgültig waren; ich stopfte also das Loch wieder zu; dann legten wir uns schlafen. Mochte man uns von nun an immerhin strenger bewachen als bisher, wir konnten uns das gefallen lassen; wir brauchten nicht mehr zu forschen; wir wußten mehr als genug!
    Am Montag waren wir gekommen. Nun war Mittwoch. Am andern Morgen gesellte sich, als wir birschen gingen, schon der türkische Leutnant zu uns. Er tat das in möglichst zufällig erscheinender Weise, und wir hüteten uns, ihn merken zu lassen, daß wir es besser wußten. Er blieb den ganzen Tag um uns. Am Freitag trat der persische Selim Agha an seine Stelle. Es war ekelhaft, wie bös es diese Menschen meinten und wie freundlich sie doch taten, sie alle fünf!
    Man weiß, daß der Freitag der Wochenfeiertag der Mohammedaner ist. Abdahn Effendi nannte sich Imam, war aber höchstens nur Vorleser. In seinen Bereich gehörten alle Bewohner der kleinen, ärmlichen Hütten, die einzeln, weit zerstreut, im Umkreise lagen. Ein Bethaus lag inmitten dieses Bezirkes, einsam auf einem kahlen Hügel. Der Dicke lud uns ein, mit ihm zu gehen und dem Gottesdienste beizuwohnen. Wir taten es. Es war aber kein Gottesdienst, sondern ein Gottesschändung. Hieran schloß sich eine öffentliche Gerichtssitzung, die an jedem Freitag hier abgehalten wurde. Er war ja Schultheiß und Richter; Kadi nannte er es. Auch das war nichts als eine Narrenspielerei. Ich hatte den Eindruck, daß alle die versammelten Leute doch nur Schmuggler seien, die unter dem Deckmantel der Religion und der Rechtsprechung ihre verwerflichen Geschäfte besorgten. Als wir dann heimkehrten, erfuhren wir, daß inzwischen der Blitz, von dem wir an der Mühle gehört hatten, ganz pünktlich niedergefahren war. Heute, am vierten Tage, waren an den beiden Douanen zwei Boten eingetroffen, welche die Ankunft eines persischen und türkischen Adjutanten gemeldet und sich dann wieder entfernt hatten. Das einzige, worüber sie sich noch geäußert hatten, war, daß eine Untersuchung wegen Schmuggelei eingeleitet werden solle.
    Daß dieser Blitz getroffen hatte, war den »zwei Seelen« anzusehen, als

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