Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Bach
Vom Netzwerk:
sich nicht sicher sein konnte, was der Flug bezweckte und den Gurt trug, war alles paletti. Ich meine, wie blöd konnte man sein zu glauben, dass man sich die Mühe machen würde, sie über Stunden in ein Krankenhaus zu bringen, vielleicht sogar wieder abzuholen? Wenn er aber den Gurt löste, dann war höchste Gefahr angesagt. Und wirklich hatte sich die Sache dann so abgespielt, dass Zek in dem Augenblick, in dem er zum Handeln bereit war, einen Blick draufgehabt hatte, aus dem sie ihr Schicksal gelesen hatte. Und dann wehrte sie sich nach Leibeskräften. Die großen Hände waren nicht zufällig so markant entwickelt. Es war eine sportliche Dame, Zehnkämpferin, angeblich. Sie hatte Muskeln, für die sich nicht geschämt hätte. Er hatte gesagt: „Da ist etwas verklemmt, warte mal‟, und hatte ihren Gurt geöffnet. Sie saß da, aufrecht, und schaute wie ein Hamster, der aus dem Käfig geholt wird. Sobald er dann die Schiebetür entriegelt hatte, drehte sie sich um, wollte sich auf den Piloten stürzen. Vielleicht wäre das ihre einzige Chance gewesen, ihn zu einem Rettungsmanöver zu veranlassen, eine Landung zu erzwingen, vielleicht wegzulaufen. Keine Ahnung. Ihr Rücken war breit, aber sie war nicht wirklich schwer, als Zek sie packte und Richtung Tür und die Leere riss. Er selbst trug keinen Sicherheitsgurt, sondern eine Leine. Und das war gut so. Auch ein Tipp von Oleg. Denn in dem kurzen Handgemenge konnte er nur zum Sieger werden und seinen Auftrag erfüllen, indem er sie mit großer Kraft hinausstieß und dabei fast selber kopfüber hinausfiel. Während sie in die Tiefe gerissen wurde, knallte er von außen gegen die Tür, stabilisierte sich am Griff, die Leine spannte sich und erlaubte es ihm, sich zu drehen und wieder in das Innere des Hubschraubers zu pendeln, und er wusste selbst nicht genau, wie er es gemacht hatte, jedenfalls war er drinnen und fiel auf seinen Sitz, schmiss die Tür zu und atmete tief durch. Sein erstes Mal. Der Pilot machte einen Schwenk und flog über die Stelle, wo man winzig in der Tiefe den Körper der Frau sah. Wenn die Landschaft weniger weit gewesen wäre, hätte man vielleicht daran gedacht, zu landen und Spuren zu verwischen. So ließ man es bleiben, wie es war, im tiefen Vertrauen auf das kommende Werk der Tiere.
     
    Sie hatten seit ihrer Abfahrt zweimal getankt, ohne sich aufzuhalten, und hatten zwölf Stunden ständiger Fahrt hinter sich gebracht. Nr. 56 hatte es bequemer in ihrem BMW, die hielt so etwas länger aus. Sie schien auch ausgeruhter als er, hatte sich sichtlich auf diese Flucht mental und körperlich vorbereitet, war hier im Vorteil. Er erkannte das an ihren schnellen, sicheren Bewegungen beim Tanken und Bezahlen. Er hätte da auf sie zulaufen und sie stellen können, doch es bestand hier die Gefahr, dass man das Geschehen auf Video aufnahm, und das war nicht notwendig. Machte höchstens Probleme in so einer unkontrollierten Situation, und wenn man es doof anstellte, landete der Film kurz darauf im Internet. Eines aber war klar: Egal, wie die Sache ausging, sie würde wohl an einer Tankstelle wie dieser enden. Nicht aber hier. Es fühlte sich nicht richtig an. Er war schon einmal viel zu spät auf den Platz gefahren, als sie längst am Aufbrechen war. Es ging doch mit dem Teufel zu, dass er den schwächeren Wagen hatte. Es war ein ungleicher Wettkampf. Oder es war die Angst, die sie auf Touren hielt und eine Überlegenheit erzeugte? Vielleicht fuhr sie deshalb wie der Teufel, immer schneller. Das war aber okay. Er hatte Zeit, und die Landschaft half ihm. Aus dieser Landschaft würde man nicht leicht entkommen.
    Zek war ein Fischer, der Beharrlichkeit und Geduld mit der Sehnsucht nach Erfolg zu verbinden wusste und auf das Erlahmen der Muskelkraft eines Fisches wartet, auch wenn ihn das von seinem Standort vorübergehend weg treibt über Hunderte von Kilometern hinweg. Es ist das so wie bei einem Fischer, der die Angelschnur auslaufen lässt. Genauso aber wie ein Fischer an der ruckartigen Entspannung der Rute das Versagen spürt, würde ein endgültiges Verschwinden der Rücklichter des BMWs für Zek das Aus bedeuten. Und das durfte keinesfalls passieren. Er durfte Nr. 56 nicht verlieren. Er hatte sie gesehen, sie war eine dieser entschlossenen Menschen, die alles auf eine Karte setzen. Ein würdiger Gegner.
     
    Nun war er knapp auf, und als sich ein erneuter Halt ankündigte, ging sein Herz einen Tick schneller. Es gab da vorne eine weiße Lichterkuppel,

Weitere Kostenlose Bücher