Abdruecker (Splattergeschichten)
Waffe im Zimmer zurückzulassen, um alle Spuren ihrer Beziehung in seinem Herzen zu verwischen. Vielleicht würde das schon ausreichen, den Fall als Eifersuchtsmord in die Polizeiakten eingehen zu lassen. Aber dann tat ihm der Verlust der Waffe leid, er würde sich eine neue beschaffen müssen. Und dann wollte er keinen Zweifel in seinem Kopf daran zurücklassen, dass er seinen Auftrag auch ausgeführt hatte. Die Handschrift war wichtiger als alles andere. Das wusste er, als er den federleichten Frauenkörper in Händen spürte. Der Körper war warm und duftete nach irgendwelchem Parfum. Die Schenkel der Frau waren straff, üppig, eingesperrt in glänzender Seide. Es war ein frischer, atmender Körper in einem weit ausgeschnittenen Abendkleid, das die Brüste beinahe bis zu den Warzen freigab. Man hatte den Eindruck, auf der Haut des Busens Puder zu riechen, als man sie da in die Abgaswolke der Stadtluft hoch schleuderte.
Sie schrie, es war ein abgerissener Laut, während Zek sich umdrehte und ins Zimmer zurückging. Draußen kreischten Reifen, jemand rief. Das war sehr weit in der Tiefe. Er streifte seine Latex-Handschuhe ab. Als er den Raum 787 verließ, entfernte er mit dem Sakkoärmel seine Handspuren auf dem Knopf und ging. In seinen Fingern war noch die Empfindung des Schalldämpfers, der schwer war und noch mit einer Restwärme von den Explosionen, die kaum eine Minute zurücklagen. Am Aufzug war niemand. In der Eingangshalle standen die Menschen an den Fenstern und starrten auf die Rücken der Menschen, die auf der Straße eine Tote begutachteten.
Um zur Raststätte zurückzukehren, musste Zek nach 158 km Fahrt noch 17 km über das Ziel hinausschießen und auf der entgegen gesetzten Fahrbahnseite wieder auf die Autobahn auffahren. Es war mittlerweile ein Uhr nachts geworden, das Raststättengelände war noch schütter besetzt von Wagen an Zapfsäulen und auf Parkstreifen. Menschen mit mürrischen Gesichtern tauchten aus Verkaufsraum und Toiletteneingängen auf. Das Restaurant hatte derzeit nur einen Gast. Linas Gesicht war blass. Sie hatte vor sich auf der schwarz spiegelnden Imitationsmarmorplatte einen grünlichen Cocktail stehen, der halb ausgetrunken war. Im Aschenbecher daneben lagen etwa fünfzehn lippenstiftbefleckte Zigarettenstummel. Sie saß da vor einem Haufen bekritzelten Papiers. Diese Frau war nicht zu müde, ihre Gedanken festzuhalten, dachte Zek. Lina, in ein Buch vertieft - ein schönes Bild. Kreativ, irgendwelche Zeichnungen auf Servietten kritzelnd oder Stühlchen formend aus Büroklammern oder Aluminiumringen: Das war Lina.
Er zog einen Stuhl hervor und setzte sich hin. Lina sah auf die Uhr. „Drei Stunden und siebzehn Minuten“, sagte sie.
Zek bestellte ein Bier.
„ Ich musste arbeiten“, sagte er.
Das Schweigen breitete sich aus, bis das Bier kam. Zek setzte es an und trank es in einem Zug aus. Er wusste, dass Lina dabei auf seinen schnappenden Adamsapfel starren würde. Er setzte das Glas ab und leckte sich über die Lippen.
„ Du weißt, dass meine Arbeit mich stark fordert. Physisch und psychisch. Ich muss fit sein. Ich kann keine Ablenkung vertragen.“
Lina starrte mit spitzem Gesicht vor sich hin.
„ Es ist meine Arbeit, die dich ernährt. Denke einmal darüber nach“, sagte Zek.
Jetzt schwieg er, Lina aber konnte besser schweigen als er. Schließlich fragte er: „Bist du müde?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Warum soll ich müde sein? Ich habe nichts gemacht.“
„ Du hast geschrieben?“
„ Nur Käse.“
„ Das glaube ich nicht.“ Er zog die Blätter heran und versuchte zu lesen, aber er merkte, dass er zu müde dazu war.
„ Wir können hier bleiben, sie haben Zimmer nach hinten hinaus, schalldicht. Wir schlafen uns aus und morgen machen wir etwas Schönes. Möchtest du einkaufen gehen?“
Sie schüttelte den Kopf.
„ Wenn das Wetter schön ist, fahren wir an den Strand und baden.“
„ Ich kann nicht baden.“
Er sah sie prüfend an.
„ Ich habe meine Tage. Ich blute.“
„ Ah, ja“, sagte Zek.
„ Ich liebe dich“, sagte Lina. „Ich liebe dich so sehr, dass es weh tut. Es blutet wie wahnsinnig.“
Ihr Gesicht zitterte. Sie starrte ihn an, als er aber zurückschaute, ertrug sie seinen Blick nicht, machte ihre Zigarette aus, stand abrupt auf und lief hinaus ins Freie. Was nicht leicht war, denn sie trug wieder ihre Endlosschuhe.
Zek saß in Gedanken versunken am Tisch. Er hatte mit einem Mal keine Lust, sich zu rühren. Er
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