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Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Bach
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wusste, dass sie von ihm erwartete, dass er da draußen in der kühlen Nachtluft die Arme um sie schlang. Sie würde sich dabei steif machen. Irgendwann einmal würde er sie umhüllen. Der Punkt, an dem alles in Ordnung war, bestand in der Regel aus einem Zucken im angekoppelten Körper des anderen, ein Stromstoß wie von einem Kurzschluss in einer erschöpften Glühbirne, die durchbrannte und beim Auswechseln blind und warm in der Hand lag.
     
     
     
     
     

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    Es kam eine Hemmung in den Ablauf, ein Keil hakte im Getriebe fest und mit einem Mal standen die Fahrzeuge auf dem langen Asphaltband im Nirgendwo. Es war dunkel geworden, und es gab viele Rücklichter wie die des Zieles, denn man war hier im Land von Audi und BMW und Daimler. Zek zog den Hammer unter dem Beifahrersitz hervor, schob ihn unter seine Jacke, stieg aus, klappte die Wagentür zu und schloss ab. Jeder Stau, der länger als eine halbe Stunde dauert, verleitet Menschen dazu, durch die Autoschlangen zu spazieren, vielleicht, um einmal schneller zu sein als ein Auto. So ein Ungeduldiger würde er sein, mit einem Hammer in der Hand. Es lag in der Natur des Menschen, Grüppchen zu formen, vorne Ausschau zu halten, wie lange die Schlange so steht. Aber es gab auch Vereinzelte wie ihn, die etwas in der Hand trugen. Zek näherte sich dem Ziel inmitten dieser ausgezogenen Menschenmenge, der Wagen des Ziels stand nur fünf weitere Wagen vor dem seinen. Das Ziel saß hinter dem Steuer und sah geradeaus. Das konnte man von seinem Hinterkopf ablesen. Das Ziel hatte die ganze Zeit über so dagesessen. Es schien vollkommen ruhig, während sein Herz klopfte. Das Ziel war allein und die Zapfen der Türverriegelung waren oben. Es war die erste wirkliche Chance für Zek, den Auftrag umzusetzen, und es würde auf längere Sicht die einzige Chance bleiben, das spürte Zek in den Knochen. Es war dunkel, und Menschen wie das Ziel waren nicht dort, wo man sie erwartete. Die einen streiften umher. Die meisten aber versteckten sich. Rannten die Böschung hinab, hockten sich hinter Buschwerk, drangen in den Wald. Voraussetzung für die Erfüllung des Auftrags würde sein, dass das Ziel den Wagen verließe, um zu urinieren, irgendwo verdeckt. Die Dunkelheit deckte alles zu, was unter den Bäumen geschah. Aber der Geruch frischen Lebens würde wahrnehmbar sein. Überlagert von Asphaltgeruch, Staub, Harn, Kot. Frischen Lebens, das zu Ende ging. Davon abgesehen war es die ungünstigste aller Chancen. Vor allem, wenn das Ziel im Wagen hocken bleiben würde. Das Bild des stehen gebliebenen Wagens, des Hupkonzertes und der Abschleppmannschaft, die hinter dem Steuer einen Toten mit eingeschlagenem Schädel finden würde. Und dann dachte Zek an einen Passanten, der die Entdeckung eines Leblosen machte, bevor sich der Stau auflöste, während er selbst schweißgebadet nach der Tat wenige Wagen dahinter saß, bleich vor Erschöpfung und Angst. Mobile Einheiten der Polizei würden sich binnen weniger Minuten auf Motorrädern zwischen all dem Blech durchschlängeln, und man war gefasst.
     
    Er ging am Wagen des Ziels vorbei und nach vor, drehte dann um und kehrte zwei Fahrspuren zur Seite verschoben wieder zurück. Er achtete darauf, dass eine Gruppe weiterer Spaziergänger in der Hauptrichtung seiner Blickbahn die Aufmerksamkeit auf sich zog und nutzte die Gelegenheit, sich dabei das Gesicht des Ziels, das er nur einmal gesehen hatte, noch einmal nahe, aus weniger als zwei Metern Entfernung, anzusehen und sich einzuprägen. Es war merkwürdig: Mit den Jahren stiegen die Zweifel, ob es der Richtige war, den man im Visier hatte. Die Anspannung darüber, seinen Auftrag korrekt zu erfüllen. Es war alles in Ordnung. Zweifellos war er der Mann auf dem Photo des Dealers. Dafür, dass das Ziel um die Vierzig war, sah es gut aus. Es hatte sein Haar noch, wenn auch ergraut. Es schien stolz auf dieses Haar zu sein, es war fein säuberlich gescheitelt und üppig und hatte doch nichts vom Pelz eines Toupets. Das Ziel stand ohne Frage vom physischen Standpunkt aus in der Blüte seiner Jahre. Wenn man es so da sitzen sah in seinem modisch neuen Audi mit diesem Gesichtsausdruck, alles unter Kontrolle zu haben, dann war das Ziel etwas, das man einen Erfolg nennt. Ein menschliches Wesen, das etwas aus sich gemacht hat. Vielleicht war es das, was auch Zek wollte, vielleicht aber etwas ganz anderes. Das Ziel trug Freizeitkleidung mit sportlicher Eleganz und wie es da saß, wirkte es schlank

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