Abdruecker (Splattergeschichten)
gewesen, wenn er es jetzt schloss, konnte es auffallen. Außerdem machten die meisten Hotelgäste, sobald sie ins Zimmer kamen, erst einmal einen Abstecher ins Bad. Die Badewanne war durch einen Duschvorhang verdeckt, dahinter war Platz. Die Schuhe waren sauber, und das extra Kissen aus der Schublade war weich genug, hier eine Weile in der leeren Badewanne liegen zu können mit angezogenen Beinen, die Waffe in behandschuhten Händen. Es schien deshalb verfrüht und völlig überraschend, als nach wenigen Minuten die Eingangstür ging. Bewegung, Rascheln, dann die Stimme einer Frau: „Warte!“
Schon flammte die Beleuchtung auf. Die Kacheln schienen blendend hell, und die Innenseite des Duschvorhangs bewegte sich glänzend. Zek hörte das Klappen des Toilettendeckels und das Brodeln des Urinstrahls einer Frau, die er als Parfum und Schweißwolke roch, viel deutlicher aber noch spürte. Die Schalldämpferöffnung zielte auf den Duschvorhang, als die Spannung zweier menschlicher Körper auf engem Raum spürbar wurde. Sie musste davon etwas bemerken, dieses nahe Atmen war fast unerträglich. Zek merkte, dass sie sich auszog, oder nein, sie streifte nur den Slip hinunter, über die Stiefel und warf ihn in den Abfalleimer. Es gab ein Bidet, das aufgurgelte. Zek merkte, dass sie sich da unten wusch oder anfeuchtete.
„ Du brauchst dich nicht zu kämmen!“ rief eine Männerstimme, „ich fahre dir lieber mit den Fingern durch dein Haar!“
„ Nein, einen Augenblick!“ schrie die Frau zurück, überlaut in diesem winzigen Raum, der wie das Innere eines Klavierkörpers vibrierte. Ahnte sie etwas? Zek hörte ihrem Atem zu, misstrauisch, sehr genau, abgemessen wie Luft, die in einer Flöte strömt, deren Löcher man nicht verschlossen hat, dann war sie draußen.
„ Halloooo ...“ hörte er draußen eine zufriedene Stimme. Ein roter, halblanger Rock lag auf dem Badezimmerboden, dahingestreckt wie eine faltige Blutlache. Nach dem lautlosen Verschieben der Vorhangsringe knirschte nun das Metall der Wanne fast unhörbar, als sich Zek aufrichtete. Eine Frau, die sich das Geschlecht vor dem Verkehr wäscht, duscht danach, das war das Todesurteil, das sie damit an sich selbst verhängte. In jedem Leben gab es diese Knackpunkte, die die Grundvoraussetzung für eine Tragödie bilden: Bei Othello war es Eifersucht, bei dieser Frau Sauberkeit. Tragisch, dachte Zek mit einem ratlosen Kopfschütteln.
„ Was ist los, Baby?“ fragte sie draußen. Man hörte das Rauschen des Straßenverkehrs, und Zek merkte an der Sprechrichtung der Frau, dass das Ziel auf den Balkon getreten war, während sie auf dem Bett sitzen musste. Vielleicht war er nachdenklich geworden, mutmaßte Zek. Danach hörte man halblaute Wechselreden draußen auf dem Balkon. Und dann, wenige Augenblicke später, und so überraschend, dass Zek durch einen Reflex gerade noch die Waffe hochreißen, diesem Phantom auf Stirnhöhe entgegen strecken und abdrücken konnte, war da der Mann, das Opfer, lief, auf dem Weg zur Toilette schon die Hände am Gürtel, in die Schusslinie. Es gab einen kleinen Knall von ähnlicher Lautstärke wie das Auftreffen seiner Kniescheiben auf dem Kachelboden beim Umsinken. Der schwere Oberkörper in der braunen Uniform, auf der mehrere Ehrenzeichen hingen, war auf den Killer gefallen, der Mund ließ ein gähnendes Keuchen oder Ächzen hören. Zek drückte den Körper von sich weg, er kam auf den Boden zu liegen. Zek setzte den Lauf auf die Schläfe des Sterbenden, der durchaus noch zwei röchelnde Atemzüge tat mit verdrehten Augen. Noch einmal knallte der Schuss, und man hörte ein Knacken wie aus dem Inneren einer zerbrechenden Kokosnuss, und ein scharfes, helles, metallisches Klicken, als das Projektil irgendwo austrat. Eine Blutlache schwemmte zum Frauenrock hin, wurde in den Rand des Stoffes eingesaugt. Zek stand auf, blickte in den Spiegel, musste aber keinen Spritzer auf seiner Kleidung feststellen. Er trat aus dem Bad und ging auf die Frau zu, die ihm den Rücken zukehrte. Sie war muskulös, die Figur ansprechend. Sie drehte sich nicht um, als er ihr nahe kam, sie an den Unterschenkeln packte und mit einem Ruck hochhob und über das Geländer schleuderte. In dem Moment schaute er in ihr Gesicht, ein sympathisches Gesicht mit großen Kuhaugen und wulstigen Lippen. Er hätte „Hallo“ sagen können. Sie hätte ihn fragen können, warum. Er hatte sich überlegt, ihr die Waffe in die Hand zu pressen wegen Fingerabdrücken, und die
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