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Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Bach
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Entscheidungen um das rechte Augenmaß und um eine Exekution, als würde man eine Flinte hoch reißen wie beim Tontaubenschießen. Manche treffen dann eben und andere vergisst man am Besten. Die sind für dergleichen einfach nicht gebaut und machen besser irgendwas am Schreibtisch oder einen therapeutischen Beruf wie Masseur. Alles ehrenwerte Sachen.
    Mein Problem an diesem Morgen ist mein Jeep. Es ist kein Auftragsauto, das ich extra für diese Gelegenheit angeschafft hätte, nein, es ist mein eigenes altes geliebtes Gefährt, das ich hier unter dem Hintern brummen lasse. Die Arbeitsstunden, die ich in seine Ausstattung investiert habe, kann keiner zählen. Er ist das erste Gefährt mit Nummernschild-Wechselklappen, und zwar vier verschiedene davon, die in Form eines Bandes vorn und hinten rotiert werden können. Das heißt, man kann den Wagen vier Mal nutzen und dann tauscht man das Schild aus, was eine elende Fieselarbeit ist. Na ja, und dann hat man noch die Tatsache, dass es ohne Full Body Impact selten geht. Das heißt dann im Klartext eine verbeulte Motorhaube im besten Fall. Oder eben einen Totalschaden, der im schlimmsten Fall die Weiterfahrt behindert. Und das geht gar nicht. Als Sieger geht der vom Kampfplatz, der noch fahren kann. Und der Motor hat ein Heidengeld gekostet. Im Grunde muss der Fall auch ökonomisch betrachtet werden. Wenn ich den Wagen ruiniere und erst mit großem Aufwand reparieren muss, reißt mir die Sache ein Loch in die Finanzen, und wird womöglich ein Minusgeschäft, selbst bei Schwarzarbeit wie heute. Das ist nicht der Sinn des Ganzen. Man will dabei ja auch noch was verdienen.
     
    Ich lasse mir heute mehrere Möglichkeiten entgehen. Das liegt auch daran, dass die Zielperson ständig 200, 220 fährt, eine Geschwindigkeit, bei der die „Überraschung von hinten“ nur mit beträchtlichem Risiko durchgeführt werden kann. Außerdem ist so ein Cayenne ziemlich schwer, auch das behindert die Sache. Man muss den Aufprallpunkt gut berechnen, maximal ein Fünftel der Heckbreite darf auf die Stoßstange genommen werden. Bei dieser Geschwindigkeit darf ich auch nicht zu nahe dran fahren, denn ein Jeep, der jetzt mithält, würde das Wild so verschrecken, dass ich gar nicht in die Lage käme, es zu überraschen. In der Regel weiß es ja, dass es gejagt werden muss. Irgendwas hat es getan, und irgendwo im Inneren des Wildes gibt es das Bewusstsein, dass die Rache auf den Fuß folgt. Je nachdem, was es verbrochen hat, wie rücksichtslos es war, wie groß eben der Schweinfaktor war, wie man das nennt. Wer ein großes Schwein gewesen ist, braucht auch großes Schwein, um aus einer Sache wieder herauszukommen. Und auch große Schweine ahnen, dass es schlechte Tage gibt, an denen man erwischt wird und es Ende wird im Gelände.
     
    Ich bin 300 m zurückgefallen und merke dann erst sehr spät, dass die Zielperson auf einen Parkplatz gefahren ist, kann nur mit auffallendem Reifenquietschen raus lenken und peile mit einem kurzen Rundumblick die Lage. Wir sind hier auf dem Parkplatz fast allein, umstanden von Wald. Zwei Lastwägen stehen neben uns da, einer der Fahrer verlässt eben das Toilettenhäuschen, der andere hat den Motor abgestellt und schläft womöglich. Die haben vor allem Ruhezeiten im Kopf und Kilometerscheiben. Die Zielperson hält direkt vor dem Toilettenhäuschen. Eine kleine Rauchwolke aus dem Auspuff zeigt an, dass er den Motor laufen lässt, bis er abgeschüttelt hat. Manche machen das, und einigen davon wird der Wagen dann geklaut von Menschen, die nur darauf gewartet haben, dass ein Heini daher gefahren kommt, der seinen Wagen loswerden will, nur weil die Blase gedrückt hat. So ein Heini bin ich heute gern. Denn es ist die Situation, auf die ich gewartet habe. Ich habe maximal zwanzig Sekunden, parke blitzschnell hinter dem abgestellten Lastwagen, verschließe den Jeep beim Herausspringen, laufe vor, reiße die Tür des Cayenne auf, sitze schon drin, lege den Rückwärtsgang ein und sehe aus dem Augenwinkel die Zielperson aus dem Toilettenhäuschen gehen. Zuerst geht er, gedankenverloren. Dann sieht er mich im Wagen, kann es erst nicht glauben, glaubt es dann, versucht halbherzig, mir etwas zu zu rufen oder sich mir in den Weg zu stellen, doch ich bin schon im Vorwärtsgang an ihm vorbeigeschossen, rase die Ausfahrt zur Autobahn hinaus und bin schon auf der Einbiegespur, die mich in die Ferne bringt. Im Rückspiegel sehe ich, dass er mir nachblickt. Er nestelt in der Hose,

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