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Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Bach
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nennt. Auch wo er heute seinen Unfall haben wird, ist nicht festgelegt. Es könnte gleich passieren oder erst viel später. Man muss sich das gut überlegen. Im Prinzip ist so ein tödlicher Unfall mit Fahrerflucht bei völlig intaktem Wagen, bei dem man später beispielsweise keine klammheimlich gelösten Radmuttern nachweisen kann, nicht leicht zu inszenieren, besonders, wenn die Zielperson einen Porsche Cayenne fährt. Die Schnelligkeit ist für einen Unfall von Vorteil, denn nur wer schnell fährt, kann dabei umkommen. Versuchen Sie mal in einer 60km/h Zone Tödliches zu fabrizieren. Geht nicht. Oberflächlich betrachtet gibt es deshalb auf der ganzen Welt kein anderes Land, in dem man so effektive Resultate erzielen kann wie Deutschland, denn es ist das einzige Land, in dem es keine Geschwindigkeitsbeschränkung gibt. Und deshalb ist es nach meiner Meinung auch das einzige Land der Autocrash-Killer. Mag Hollywood es so darstellen, dass man dergleichen auch in den USA auf die Beine stellen kann. Aber das ist im Land der schleichenden Limousinen so falsch wie nur irgendwas. Kann sein, dass man in Kansas dort mit dem Auto einen Kürbis überrollen kann, aber das geht nur bei ganz langsamen Kürbissen, und das war es dann aber auch.
     
    Die Zielperson fährt schon durch den Ort locker 80, und kaum kommen sie auf den Autobahnzubringer, auf dem eine 100er-Beschränkung gilt, zieht er hoch auf 140. Ob er den Jeep gesehen hat, der ihm in gehörigem Abstand folgt? Ich bezweifle es. Hat er doch geguckt, dann wird es ihn beunruhigen, dass der Jeep kein Problem hat, das Tempo mitzuhalten. Kein Mensch vermutet die PS-Zahl, die mein Jeep unter der Haube hat. Er bringt es in der Spitze auf 320 und ist damit schneller als die meisten Wägen, die Zielpersonen so fahren, selbst die heutige. Wenn man in Deutschland arbeitet, braucht man so ein Gerät, sonst kann man gleich einpacken, denn sobald die Zielperson begreift, was man mit ihr vor hat, lotet sie den Motor ihres Wagens aus. Es ist wie bei einem Jäger auf Rotwildjagd. List und ein Gespür für die Beute ist das eine. Zuletzt aber braucht man eine große Knarre, um ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Eine Knarre, die dem springenden Wild den Ranzen zerreißt. Alles andere ist vergeudete Zeit.
     
    Die Zielperson biegt im langen Bogen auf die Autobahn ein, die nach Süden führt. Von hier geht es achtzig Kilometer durch die Wildnis, bis man wieder in eine größere Stadt kommt. Ich weiß, wo die Geschäftskunden liegen, die sie vermutlich besuchen will. Die nächste Möglichkeit ist über 120 Kilometer entfernt. Es muss also innerhalb dieser achtzig Kilometer passieren. Lang ist das nicht, aber man hat doch eine gewisse Muße, sofern man bei der Sache bleibt. Genau beobachtet. Die Basics, gewissermaßen.
    Die Fahrbahn ist feucht und an manchen Stellen etwas glatt. Die Außentemperaturmessung zeigt minus drei Grad an. Das ist nicht viel in einem Land, in dem im Winter an einem Tag mehr Salz auf die Straßen gesprüht wird, als der Rest der Welt im Jahr verbraucht.
    Der Verkehr ist schütter, vielleicht ein Wagen pro 100 Meter in eine Richtung auf derzeit drei Spuren. Diese Verhältnisse lassen zu, was man die „Überraschung von hinten“ nennt. Das hat nichts mit Intimakrobatik zu tun. Der Fahrer des Tatwagens fällt zurück, bis er unsichtbar geworden ist. Dann vergrößert sich beim Fahrer des Opferwagens das Bild im Rückspiegel, und zwar so schnell, dass man er kaum glauben kann. Dann wird man von einem großen, krachenden Schatten eingeholt, vergleichbar dem Aufprall einer Abrissbirne, prallt selbst mit dem hilflos nach vor torkelnden Wagen gegen die Leitplanke, dreht sich, während der Rammbock des hinteren Wagens weiter zielt, die leer gewordene Hülle des Opferwagens passiert und in hoher Geschwindigkeit bis zur nächsten Abfahrt durch bolzt und dann die Autobahn verlässt, um gleich in die Gegenrichtung auf zu fahren.
    Diese Methode erlaubt es nämlich, den Erfolg gleich zu überprüfen. In manchen Fällen stoßen nachfahrende Wägen auf das Wrack und erledigen die Sache, die vorher vielleicht überlebt werden hätte können. Bei relativ dichtem Verkehr ist die „Überraschung von hinten“ mitunter unglaublich befriedigend, denn es wird gar nicht wahrgenommen, dass ein Aufprall voran ging. Allerdings können sich zu enge Verhältnisse auch behindernd auf das Davonpreschen des Fluchtautos auswirken. Es geht wie immer und überall bei dergleichen

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