Abendruh: Thriller (German Edition)
Schreibtisch. Etwas an euch dreien hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt.«
Claire blickte in die erwartungsvollen Gesichter ihrer Mitschüler. »Ihr kennt doch schon den Grund. Es ist wegen unserer Familien.« Sie wandte sich an Will. »Erzähl ihnen, wie deine Eltern gestorben sind.«
Will starrte auf seine Füße, diese enormen Füße in den riesigen Schuhen. »Sie haben gesagt, es wäre einfach ein Unfall gewesen. Ein Flugzeugabsturz. Aber später habe ich herausgefunden …«
»Dass es kein Unfall war«, vollendete Julian.
Will schüttelte den Kopf. »Es war eine Bombe.«
»Teddy«, sagte Claire. »Erzähl ihnen, was du mir erzählt hast. Über deine Familie.«
»Ich möchte nicht darüber sprechen«, flüsterte Teddy.
Sie sah die anderen Schüler an. »Sie wurden ermordet, genau wie Wills Eltern. Und meine. Das wolltet ihr alle doch hören, oder? Das ist es, was wir gemeinsam haben.«
»Erzähl ihnen auch den Rest, Claire«, forderte Julian sie auf. »Was mit euren Pflegefamilien passiert ist.«
Alle Augen richteten sich wieder auf Claire.
»Ihr wisst , was passiert ist«, sagte sie. »Warum tut ihr das? Weil es euch Spaß macht, auf uns Psychos rumzuhacken?«
»Ich versuche nur zu verstehen, was hier passiert. Mit euch und mit der Schule.« Julian sah die anderen Schakale an. »Wir reden davon, dass wir irgendwann richtige Detektive sein wollen und wie wir dann die Welt verändern werden. Wir verbringen unsere ganze Freizeit damit, alles über Blutgruppen und Schmeißfliegen zu lernen, aber das ist alles reine Theorie. Jetzt findet hier bei uns eine echte Ermittlung statt, direkt vor unserer Nase. Und diese drei stehen dabei im Mittelpunkt.«
»Warum fragst du nicht einfach Dr. Isles?«, wollte Will wissen.
»Sie sagt, sie kann nicht darüber sprechen.« Mit leicht verbittertem Unterton fügte er hinzu: »Jedenfalls nicht mit mir.«
»Und deswegen wollt ihr jetzt auf eigene Faust ermitteln? Ein Haufen Teenager?« Claire lachte.
»Warum denn nicht?« Julian trat auf sie zu, so nahe, dass sie den Kopf heben musste, um ihm in die Augen zu sehen. »Stellst du dir nicht auch diese Fragen? Du und auch ihr, Will und Teddy? Wer will euren Tod? Warum liegt den Tätern so viel daran, dass sie zwei Mal versucht haben, euch zu töten?«
»Es ist wie in diesem Horrorfilm, Final Destination «, rief Bruno mit unpassender Begeisterung in der Stimme. »Mit diesen Kindern, die eigentlich bei einem Flugzeugabsturz hätten sterben sollen, aber im letzten Moment davonkommen. Und dann holt der Tod sie doch.«
»Das hier ist kein Film, Bruno«, sagte Julian. »Wir reden nicht von übernatürlichen Ereignissen. Es sind Menschen aus Fleisch und Blut, die das tun, und sie tun es aus einem bestimmten Grund. Und den müssen wir herausfinden.«
Claire lachte abschätzig. »Du solltest dich mal reden hören! Glaubst du wirklich, dass ihr mehr herausfinden könnt als die Polizei? Ihr seid bloß ein paar Schulkinder mit Mikroskopen und Chemiebaukästen. Also sag mir doch, Julian, wie ihr es schaffen wollt, neben dem Unterricht noch diese ganze verblüffende Ermittlungsarbeit hinzubekommen?«
»Ich werde damit beginnen, dass ich dich befrage. Du bist direkt davon betroffen. Du musst doch irgendeine Vorstellung haben, was euch drei verbindet.«
Sie sah Will und Teddy an. Den endomorphen und den ektomorphen Typ. »Also, verwandt sind wir ganz bestimmt nicht, weil wir uns überhaupt nicht ähnlich sehen.«
»Und wir haben alle an verschiedenen Orten gewohnt«, sagte Will. »Meine Eltern wurden in Maryland ermordet.«
»Und meine in London«, sagte Claire. Wo ich auch fast gestorben wäre.
»Teddy?«, fragte Julian.
»Ich hab euch doch gesagt, ich will nicht darüber reden«, erwiderte er.
»Das könnte wichtig sein«, beharrte Julian. »Willst du denn keine Antworten? Willst du nicht wissen, warum sie gestorben sind?«
»Ich weiß , warum sie gestorben sind! Weil sie auf einem Schiff waren. Auf dieser blöden Jacht von meinem Dad irgendwo auf dem Meer. Wenn wir nicht dort gewesen wären, wenn wir einfach zu Hause geblieben wären …«
»Sag’s ihnen«, forderte Claire ihn sanft auf. »Erzähl ihnen, was auf dem Schiff passiert ist.«
Eine ganze Weile sagte Teddy gar nichts, stand nur mit gesenktem Kopf da und starrte auf die Steine. Als er schließlich sprach, war seine Stimme so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnten.
»Da waren Leute mit Pistolen«, flüsterte er. »Ich habe Schreie gehört. Meine Mutter. Und
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